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Schweinfurt: Die TG 48 kämpft auch ohne Wettkampf

Schweinfurt

Die TG 48 kämpft auch ohne Wettkampf

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    Gemischte Gefühle: In den Hallen der TG 48 Schweinfurt ist alles blitzblank – aber sie stehen durch die Corona-Krise weiterhin leer.
    Gemischte Gefühle: In den Hallen der TG 48 Schweinfurt ist alles blitzblank – aber sie stehen durch die Corona-Krise weiterhin leer. Foto: Michael Bauer

    Auf eines legt Anita Dietrich ganz besonders wert: "Wir wollen nicht jammern." Dabei hätte die Schriftführerin und Geschäftsstellen-Mitarbeiterin der TG 48 Schweinfurt allen Grund, das stellvertretend für ihren Verein zu tun: Denn der mit 2625 Mitgliedern größte Klub der Stadt hat eine Reihe eigener Liegenschaften zu finanzieren – und es fehlen ihm wegen der Corona-Krise und dem daraus resultierenden Stillstand "rund 10 000 Euro pro Monat".

    • In unserem Corona-Sampler finden Sie Nachrichten aus allen Sportarten

    Der Pachtvertrag mit dem Wirt der Gaststätte lässt sich nicht in vollem Umfang aufrecht erhalten, die pro Stunde zahlenden Tennis-Gäste fehlen und – am einschneidendsten – die Hallenmieten von den Schulen. Dem gegenüber stehen zunächst unverminderte Personalkosten, die bei einem Großverein wie der Turngemeinde wegen mehrerer fest angestellter Mitarbeiter notgedrungen üppiger ausfallen als bei einem ausschließlich von Ehrenamtlichen getragenen kleinen Verein. So arbeiten in den Anlage im Lindenbrunnenweg zwei Hausmeister, drei Teilzeit-Bürokräfte sowie eine Mini-Jobberin und obendrein zwei hauptamtliche Sportwissenschaftler. Die anderen Trainer in den Abteilungen "machen das als Hobby, rechnen auf Stundenbasis ab" – diese Kosten fallen aktuell weg.

    Verein stockt Kurzarbeitergeld freiwillig auf

    "Irgendwann ist alles sauber", sagt Dietrich und spielt darauf an, dass den Hausmeistern die Kurzarbeit droht. Die Sportwissenschaftler befinden sich bereits in Kurzarbeit, doch die TG 48 stockt die staatlichen Ausgleichszahlungen von 60 Prozent auf 100 auf, so dass beide keine finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. "Es ist nicht einfach, solche Kräfte zu bekommen, und wir wollen sie schließlich noch länger haben." Da wird es für den Verein schwer werden, das Jahr mit einer schwarzen Zahl abzuschließen, zumal auch Zuschuss-Zahlungen der Krankenkassen für den ebenfalls ruhenden und einen guten Teil des TG-Angebots ausmachenden Reha-Sport fehlen.

    Bleiben derzeit als Einnahme nur die Mitgliedsbeiträge von gut 250 000 Euro. Und da zählt Dietrich auf die Treue der "echten TGler". Bisher habe es noch keine Abmeldungen gegeben, da aber vierteljährlich eingezogen werde, schließt die 45-Jährige nicht aus, dass doch ein paar Rücklastschriften kommen könnten, wenn die Mitglieder bei eigenen finanziellen Einbußen den Euro zweimal mehr umdrehen müssen. Allerdings hat der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) bereits signalisiert, dass ein krisenbedingter vorzeitiger Austritt von Mitgliedern nicht ohne weiteres möglich sei: Vor Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist besteht darauf kein Rechtsanspruch, da das Fehlen eines Trainings- und Sportbetriebs kein hinreichender Grund sei.

    "Wir wollen unseren Mitgliedern zeigen, dass es uns noch gibt, dass wir für sie da sind."

    Anita Dietrich, Schriftführerin der TG 48 Schweinfurt

    Und so sei man bei der "Gemee" bemüht, die Sportler auch ohne aktives Sportangebot bei Laune zu halten. Die Verantwortlichen haben einen Instagram-Kanal angelegt (tg_schweinfurt_1848), auf dem im Schnitt alle zwei Tage Fitness-Videos der beiden Sportwissenschaftler Antonia Hannawacker und Michael Wolker gezeigt werden, oder zumindest aufmunternde Grußbotschaften. "Wir wollen unseren Mitgliedern zeigen, dass es uns noch gibt, dass wir für sie da sind", so Dietrich, die hauptberuflich für den Bayerischen Turnverband die Geschäftsstelle des Bezirks Unterfranken leitet und in der TG besagte Mini-Jobberin ist – als Mädchen für Alles. 

    So sieht es normalerweise in den Hallen der TG 48 Schweinfurt aus: Hochbetrieb - wie hier bei der bayerischen Meisterschaft im Degenfechten vor drei Jahren.
    So sieht es normalerweise in den Hallen der TG 48 Schweinfurt aus: Hochbetrieb - wie hier bei der bayerischen Meisterschaft im Degenfechten vor drei Jahren. Foto: Guido Chuleck

    Da Anita Dietrich auch auf dem TG-Gelände wohnt, bekommt sie mit, wie immer mal Mitglieder, insbesondere ältere, vorbeischauen, ob nicht vielleicht doch eine Halle geöffnet ist. "Dann geht man ans Fenster, fragt nach. Ein paar nette Worte. Mehr ist leider gerade nicht möglich." Auch die Kinder seien traurig, schrieben Mails, in denen sie beklagen, wie sehr ihnen das Training fehle. Beibehalten werde das Verschicken von Geburtstagskarten an die Mitglieder, "nur den obligatorischen Besuch bei den Jubilaren dürfen wir nicht machen."

    Geräte putzen und Duschköpfe erneuern

    Da der organisierte Sport ja erst Mitte März auf Null heruntergefahren worden ist, haben Dietrich, ihre Mitstreiterinnen und die Hausmeister aber noch viel zu tun. Je eine Doppel- und Dreifachturnhalle, zwei Gymnastikräume, eine Judohalle, eine Fechthalle und eine Tennishalle wollen erst einmal gereinigt werden. "Wir holen jedes Gerät einzeln hervor, säubern und desinfizieren es. Es wird verputzt und gestrichen. Oder Duschköpfe werden erneuert." Aufgaben, die im normalen Betrieb aufgelaufen sind, erledigt werden müssen, aber eben auch Geld kosten. Es sei ein Spagat, den ein großer Verein mit so vielen Liegenschaft in dieser Zeit zu vollführen habe. Immerhin muss sich die TG 48 nicht um die Außenanlagen selbst kümmern, die Plätze gehören der Stadt.

    Hat trotz der Corona-Pause im Sport gut zu tun: Anita Dietrich und ihre Kollegen bei der TG 48 Schweinfurt organisieren, putzen, sanieren – und kümmern sich, so gut es geht, um die Mitglieder.
    Hat trotz der Corona-Pause im Sport gut zu tun: Anita Dietrich und ihre Kollegen bei der TG 48 Schweinfurt organisieren, putzen, sanieren – und kümmern sich, so gut es geht, um die Mitglieder. Foto: Michael Bauer

    Selbstredend kümmert sich der Verein um finanzielle Unterstützung. Steht dabei freilich vor bürokratischen Hürden. Dietrich: "Wir haben keinerlei Erfahrung, müssen uns zum Beispiel bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld erst reinlesen." Für ausgefallene Veranstaltungen, bei denen die TG 48 als ausrichtender Verein Einnahmen generieren kann, stellt der BLSV Fördermittel zur Verfügung.

    BLSV erlaubt relevante ehrenamtliche Tätigkeiten

    Der BLSV hat auch eine der wichtigsten Fragen seiner Vereine beantwortet. Ergänzend zur Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Sport und Integration, dass „die Ausübung eines Ehrenamtes an sich keinen triftigen Grund darstellt, die Wohnung zu verlassen", dürfe ausnahmsweise ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt werden, "wenn dies dringend erforderlich ist und nicht verschoben werden kann". Dringend erforderlich seien Aufgaben, die Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit eines Vereins dienen. Konkret: "Arbeiten zum Erhalt der Sportanlagen können durchgeführt werden, wenn die Tätigkeiten unaufschiebbar sind, oder unabwendbare Schäden zu befürchten sind", so der BLSV in einer Mitteilung  an die Vereine.

    Und so wird noch ein wenig geputzt und gestrichen, gerechnet und verwaltet bei der Turngemeinde von 1848. Anita Dietrich, die im Hauptjob im Home-Office arbeiten "muss", freut's: "Die TG ist schließlich meine Heimat."

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