In der Nikolaus-Fey-Straße sind neben 22 Privathaushalten mindestens 14 Unternehmen plus weitere Firmen gemeldet. Diese Zahlen gab Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) in der Stadtratssitzung im Vorjahr bekannt. Er wies darauf hin, dass die Stadt eine Verantwortung gegenüber den Unternehmen trage. Durch eine Umbenennung käme auf manche Firmen ein Schaden von mehreren zehntausend Euro zu, so Wozniak.
CSU-Stadtrat Arnulf Koch hatte seinerzeit auf eine weitere Schwierigkeit hingewiesen: Dass Firmen, die bei Internetgeschäften mit Online-Bezahldiensten zusammenarbeiten, Probleme bekommen könnten. Alle Fraktionssprecher betonten daher die Notwendigkeit, bei einem Beschluss unbedingt auch auf die Belange der Anwohner und Unternehmen zu achten.
Befragte Unternehmen sind gegen neuen Straßennamen
Die Redaktion hat einige Firmen, die in der nach Nikolaus Fey benannten Straße angesiedelt sind, zu ihrer Meinung befragt. Gerd Kirchner von der Kirchner GmbH hält nichts von einer Umbenennung. Nicht nur aus finanziellen und organisatorischen Gründen, die für seinen Holzmaschinenhandel erheblich wären. Eine erste Schätzung hätte rund 500 Änderungen ergeben. Zusätzlich sieht er Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich auf seine Firma zukommen.

Das größte Problem wird sich im Bereich Onlinehandel auftun. Laut Kirchner macht dieser 80 Prozent des Gesamtumsatzes aus, 15 der 30 Arbeitsplätze hängen daran. Weil die Zahlungsabwicklung zum größten Teil über Dienstleister wie etwa PayPal laufe, könnte bei kleinsten Abweichungen wie einem neuen Straßennamen das Geschäftskonto gesperrt werden. "Das geht Ruck-zuck, wenn Änderungen erfolgen und der Datenabgleich nicht stimmt, dann wirst du sofort gesperrt", fürchtet Kirchner.
Kirchner plädiert für eine korrekte geschichtliche Aufarbeitung, fordert aber: "Geschichte kann man nicht umschreiben. Wir sollten leben mit der Geschichte und diese nicht ausradieren." Er schlägt eine Mahntafel mit Erläuterungen zum Namensgeber vor, die am oder nahe am Straßenschild angebracht werden könnte. Er wäre auch bereit, diese zu finanzieren. Statt einer Abstimmung im Stadtrat fordert er einen Bürgerentscheid, da es alle Bürgerinnen und Bürger in Gerolzhofen betreffe.
Wunsch nach einer Mahntafel am Straßennamenschild
Auch Dieter Roede von der Rettner Abfüll- und Verpackungsservice GmbH hält es für zu kurz gedacht, nur den Namen vom Schild zu entfernen. "Wenn er verschwunden ist, denkt kein Mensch mehr darüber nach. Dann ist er einfach weg." Wie Kirchner spricht er sich für eine Informationstafel zu den Verfehlungen Feys in der NS-Zeit, eine sogenannte Kontextualisierung, aus. Das würde ihm zufolge sowohl der geschichtlichen als auch wirtschaftlichen Seite gerecht werden.

Ein neuer Straßenname würde die Firma Rettner einiges kosten, er schätzt "deutlich im fünfstelligen Bereich". Erschwerend käme hinzu, dass fast alle Zertifikate erneuert werden müssten, da diese an die Adresse gebunden seien. Sollte es dazu kommen, erwartet Roede eine finanzielle Beteiligung der Stadt an allen Kosten.
Müllers Radladen würde Stadt wegen Kosten verklagen
Bernhard Müller von Müllers Radladen ist gegen eine Umbenennung der Nikolaus-Fey-Straße. Es entstünden nur Kosten und ein Bürokratie-Wust. Für ihn steht jetzt schon fest, dass er alle Rechtsmittel ausschöpfen werde, um einen dadurch entstandenen Schaden von der Stadt einzuklagen. Im Hinblick auf den Verkauf im Internet – rund 15 Prozent des Umsatzes generiert der Radladen dort – sorgt er sich ebenso wie Kirchner, dass seine Bonität bei Zahlungsdienstleistern gefährdet sein könnte.
Wie alle befragten Unternehmer stellt Müller die Frage in den Raum, mit welchen Namen man bei der geschichtlichen Aufarbeitung anfange und wo man damit aufhöre. Konsequenterweise müsste man dann an weitere Straßennamen und Einrichtungen in Gerolzhofen herangehen.
Eine Kontextualisierung am Straßenschild wäre nicht nur für Müller, sondern auch für Nicole Ludwig von der Steuerberatungsgesellschaft Ludwig und Ludwig erste Wahl. Wenn jeder lesen könnte, was damals passiert sei, wäre es besser, so Ludwig. Ein Tilgen des Namens wäre für sie eher ein Wegducken: "Ich halte etwas eher im Gedächtnis, dass wir so etwas nie wieder bekommen."
Bürgermeister: Gemischtes Stimmungsbild in der Bevölkerung
Die organisatorischen Auswirkungen für ihre Gesellschaft nennt sie immens. Zum Aufwand mit tausenden Briefen käme ein finanzieller Schaden im fünfstelligen Bereich hinzu. "Wenn die Stadt umbenennt, dann soll sie sich auch darum kümmern", fordert Ludwig eine Entlastung.

Bürgermeister Wozniak hat unterdessen ein gemischtes Stimmungsbild zu diesem Thema in Gesprächen mit der Bevölkerung ausgemacht. Bislang habe es lediglich Anfragen von Bürgern und Unternehmen gegeben, die die Auswirkungen hinsichtlich einer Ummeldung beträfen, "nie wegen der NS-Thematik", sagt er in einem Gespräch mit dieser Redaktion.
Dem Vorschlag einer Kontextualisierung steht er skeptisch gegenüber. Vielleicht sähen das die Fraktionen anders. Wenn die Auswirkungen für Unternehmen in wirtschaftlicher Hinsicht erheblich wären, "dann muss man das auch würdigen", meint Wozniak.