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HAUSEN: Ein Biergarten, der keiner sein darf

HAUSEN

Ein Biergarten, der keiner sein darf

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    Alte Tradition: Ein vor weit über 100 Jahren auf dem Gelände des heutigen Biergartens entstandenes Foto beweist, dass hier schon lange vor der Zeit des heutigen Betreibers Ulrich Martin gefeiert und „gezecht“ wurde. Links die alte Kegelbahn, rechts der noch stehende Lagerschuppen.
    Alte Tradition: Ein vor weit über 100 Jahren auf dem Gelände des heutigen Biergartens entstandenes Foto beweist, dass hier schon lange vor der Zeit des heutigen Betreibers Ulrich Martin gefeiert und „gezecht“ wurde. Links die alte Kegelbahn, rechts der noch stehende Lagerschuppen. Foto: Repro: Volker Martin

    Wann ist ein Biergarten ein Biergarten? Die Antwort auf diese Frage ist für die Betreiber solcher Einrichtungen nicht ganz unbedeutend. Denn sie sichert ihnen – bei Einhaltung vorgegebener Immissionsrichtwerte – eine tägliche Ausschankzeit von 7 bis 23 Uhr. So steht's geschrieben – in der „Bayerischen Biergartenverordnung“ vom 1. Mai 1999.

    Dort steht auch, welche Kriterien ein Ausschankbetrieb in der Nachbarschaft von Wohnbebauung erfüllen muss, um unter diese Verordnung zu fallen. Zwingend vorgeschrieben ist die „traditionelle Betriebsform“, also die Möglichkeit für die Besucher, dort auch die mitgebrachte, eigene Brotzeit unentgeltlich verzehren zu können. Und: Der Schankbetrieb muss einen „Gartencharakter“ aufweisen.

    Auch hierzu gibt es konkrete Ausführungen: „Der Gartencharakter wird entweder durch eine auf dem Betriebsgelände selbst in erheblichem Umfang vorhandene Bepflanzung oder durch eine in der Umgebung in erheblichem Umfang vorhandene Bepflanzung bestimmt. Entscheidend ist das Gesamtbild der Anlage.“

    So weit, so klar. „Einen Biergarten – den habe ich auch.“ Das dachte sich zumindest der Hausener Brauer Ulrich Martin, als er im vergangenen Jahr mit relativ großem Aufwand den Hang hinter seiner Brauerei für die Außengastronomie herrichtete. Die hat dort Tradition, wie das Brauen selbst. Alte Fotos um 1900 zeigen fröhliche Zecher an klassischen, schlanken Biertischen unterhalb der früheren Kegelbahn. „Das war halt so wie überall in Franken“, sagt Martin, „drunter waren die Lagerkeller, oben wurde frisch aus dem Fässle gezapft.“ Und so wie damals ists auch heut'. Wer sich seine Brotzeit mitbringt – also einen Rettich auspackt oder Wurst und Brot –, ist gerne gesehener Gast, solange er das hiesige Bier (oder etwas Alkoholfreies) trinkt und „sich nicht gleich eine Pizza aus Schweinfurt kommen lässt“ (Ulrich Martin).

    Für den Brauer war die Sache mit dem Biergarten damit „geritzt“, nicht so für einen kurz nach der Eröffnung zugezogenen Nachbarn; und auch nicht für das Landratsamt. Das versagte Martin nämlich eine beantragte Schankgenehmigung an Freitagen, Samstagen und Abenden vor Feiertagen bis 23 Uhr und bestand auf der ursprünglich erteilten Schankerlaubnis für den Brauereihof bis 22 Uhr. Der offizielle Grund: Der Außengastronomie fehle der „Gartencharakter“, sie falle damit nicht unter die besonderen Regelungen der Biergartenverordnung.

    Ulrich Martins Frau Anja ist Sennfelder Gemüsegärtnerin. Und große Blumenfreundin. Sie hat das Areal, das im Südosten an große, Schatten spendende Nussbäume grenzt, schon im vergangenen Sommer in eine kleine „Landesgartenschau“ verwandelt. Die maximal 150 Gäste sitzen den ganzen Sommer über inmitten eines Blütenmeers. Blumen, Staudenpflanzen allerorten, gemütliche Ecken unter traditionellen Marktschirmen, auch ein paar junge Kastanienbäume wurden gepflanzt. Der Garten kommt an, an den Wochenenden herrscht hier Hochbetrieb.

    Die jungen Bäume aber machen auch laut Verordnung aus dem Schankbetrieb noch keinen Biergarten. Hier heißt es: „Das Idealbild des Biergartens ermöglicht, unter großen Bäumen im Schatten zu sitzen. Insoweit bestehende Defizite können durch kleinere Anpflanzungen innerhalb der Anlage nur beschränkt kompensiert werden.“ Gäbe es einen Ermessensspielraum? „Aus unserer Sicht nicht“, sagt Landrat Harald Leitherer. „Würden wir hier eine Sonderregelung treffen, ginge das mit Sicherheit vor das Verwaltungsgericht. Und dort würde es kassiert.“ Problematisch sei die Lärmbelastung der benachbarten Anwohner, insbesondere, weil bereits eine Klage vorliege sowie eine Unterschriftenliste von Biergartengegnern. Freilich: Auch die Befürworter haben Unterschriften gesammelt, mehr sogar. Aber hier geht es nicht um einen Bürgerentscheid, sondern um das Recht des Einzelnen auf Ruhe.

    Im Landkreis – so Leitherer – sei das Problem des Ulrich Martin auch kein Einzelfall. Es gebe eine Reihe schöner Außenschankbetriebe in den Gemeinden, die ebenfalls um 22 Uhr schließen müssten, „weil die Nachbarn das so wollen“. Kurzum: Eine „Lex Hausen“ wird es nicht geben – „obwohl ich auch gerne im Biergarten sitze und die unternehmerische Leistung von Ulrich Martin sehr schätze“ (Leitherer).

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