Matteo Lenzi ist Italiener. Ein temperamentvoller Italiener. Mit viel Charme, ganz viel Herzlichkeit und ganz viel Kreativität. Eine Lebenskrise hat den Unternehmer aus Bologna ins beschauliche Stadtlauringen verschlagen und dort zum Erfinder gemacht. Der 46-Jährige hat einen originellen Spielstuhl für Kinder kreiert und mit der örtlichen Schreinerei Memmel zum Geschäftsmodell entwickelt. "Es ist, als ob diese Gegend mir diese Idee gegeben hat, um mein Leben wieder in Gang zu bringen. Danke, Franken! Meine neue Heimat."
Das Außergewöhnliche an dem Stuhl: Er besteht aus 100 bunten Klötzchen. Damit kann man bauen, rechnen, Bilder gestalten oder Brettspiele machen und zwischendurch ganz bequem darauf sitzen. Denn unter den 100 Klötzchen befindet sich ein weiches Kissen, das dem Kind ein außergewöhnliches sensorisches Spiel und einen ebenso fantastischen Sitz ermöglicht.

Weil Kinder den Stuhl so "wunderbar" finden, gab Matteo Lenzi ihm den "wunderbar" melodisch klingenden Namen "Bunteba", abgeleitet von "bunte Ba(nk)". In vielen Kindergärten, Wartezimmern, Schulen, Bibliotheken und Privathaushalten in der Region steht der Bunte-Klötzchen-Stuhl bereits. In Kürze wird er sogar in Schweden vertrieben.
Aus Geburtstagsgeschenk wurde Geschäftsidee
"Bunteba" wurde ursprünglich als Geschenk für Bruno zum achten Geburtstag gebaut. Bruno ist der Sohn von Holger und Manuela Krug, die in Stadtlauringen die Schreinerei Memmel betreiben. Bei der Geburtstagsfeier am 21. Juni 2022 im Krugschen Garten kam der Spielstuhl bei den Kindern so gut an, "dass wir beschlossen, ihn auch für andere Kinder bekannt zu machen", erzählt Matteo Lenzi.

Die Geschichte von Bunteba begann allerdings schon viel früher. Holger Krug und Matteo Lenzi lernten sich während der Corona-Zeit bei einer Familienbetreuungszeit kennen. Der Italiener lebte damals mit seiner deutschen Partnerin in Maroldsweisach. Als sich die Mutter seiner drei Kinder von ihm trennte, fiel er in ein tiefes Loch. "Ich war total am Boden." Und ohne Arbeit. Holger Krug bot ihm deshalb einen Job in seiner Schreinerei in Stadtlauringen an. Und dort stand eine Bank mit einer Sitzfläche aus lauter einzelnen Holzklötzchen, die Holger Krug als Ausstellungsstück gebaut hatte.
In diesem Moment kam Matteo Lenz die zündende Idee: Warum eine Bank nur zum Sitzen nutzen, wenn die vielen Klötzchen doch unendlich viele Möglichkeiten zum Lernen, Spielen und kreativ Sein bieten? "Ich war total begeistert von der Idee", sagt Holger Krug. Als Vater eines Grundschulkindes weiß er, wie hilfreich haptisches Lernen für Kinder sein kann. "Bunteba ist genau das Richtige für Kinder, die beim Lernen etwas in der Hand brauchen."
80 Spielideen zum Nachmachen

Der Spielzeugstuhl hat 100 Klötze, die auf einem weichen Kissen in einem Holzkorpus stecken, an dessen Seiten die Zahlen 1 bis 10 und die Buchstaben A bis J abgebildet sind. Jeder Klotz hat zwei gegenüberliegende farbige Flächen. Auf der einen Seite befinden sich braune, rote, grüne, blaue und gelbe Flächen, auf der anderen Seite weiße und schwarze. Insgesamt sind es 200 farbige Seiten. Was man damit alles machen kann, wird in einem Begleitbuch erklärt. Auf 80 Seiten finden Kinder Bilder und Spielideen zum Nachmachen.
Dass der Stuhl exakt 100 Klötzchen hat, ist kein Zufall, sondern an die 100er-Tafel aus der Montessori-Lernpädagogik angelehnt. Holger Krug hat sich während der Corona-Zeit viel mit dem deutschen Schulsystem beschäftigt, das nicht nur bei Eltern, sondern mehr und mehr auch bei der Lehrerschaft in der Kritik steht. Von Bulimie-Lernen ist da die Rede: Lernstoff pauken, Wissen "auskotzen" und danach vergessen.

In den staatlichen Schulen gebe es immer weniger Zeit für ein pädagogisches Miteinander, geschweige denn für Individualität oder neugierige Umwege, sagt Holger Krug. Weil ihm selbstbestimmtes und soziales Lernen aber wichtig ist, besuchen Sohn Bruno und Tochter Anna jetzt die Landschule Hendungen, die der Philosophie von Maria Montessori sowie Alfred Adler und Rudolf Dreikurs folgt. Den täglichen Fahrtweg von 80 Kilometern nehmen die Eltern gerne in Kauf.
Lebenshilfe Sennfeld ist mit im Boot
Neue Wege geht der Stadtlauringer Schreinermeister auch bei der Fertigung des Spielstuhls: Wurde der erste Prototyp noch komplett in der Schreinerei gebaut, hat Holger Krug inzwischen die Lebenshilfe Sennfeld mit ins Boot geholt. Es ist eine Win-win-Situation, wie er sagt: Krug spart Zeit und Personal, die Lebenshilfe bekommt neue Aufträge, und die Wertschöpfung bleibt in der Region.


Der Spielstuhl wird aus unbehandeltem Buchenholz gefertigt, das laut Krug aus nachhaltiger Forstwirtschaft in der Region gewonnen wird. Die Farben sind auf Naturbasis, und das Kissen unter den Klötzchen steckt in einem waschbaren Baumwollbezug, den ebenfalls die Lebenshilfe anfertigt.
Inzwischen gibt es "Bunteba" in den verschiedensten Variationen: als Spielstuhl ohne und mit Lehne, als Tisch sowie als Zahlen- und Buchstabenset. Und die Entwicklung geht weiter. "Ich habe noch ganz viele Ideen", kündigt Matteo Lenzi die Weiterentwicklung von Bunteba an.
