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SCHWEINFURT: Ein Küken wird verhaftet

SCHWEINFURT

Ein Küken wird verhaftet

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    Mit überschäumendem Temperament, Authentizität und Spielwitz begeisterten die fünf Musikanten der Berliner Klezmer-Gruppe „Aufwind“ in der ausverkauften Disharmonie.
    Mit überschäumendem Temperament, Authentizität und Spielwitz begeisterten die fünf Musikanten der Berliner Klezmer-Gruppe „Aufwind“ in der ausverkauften Disharmonie. Foto: FOTO Manfred Herker

    Mit der Gruppe „Aufwind“ hat Jürgen Dahlke wohl die beste deutsche Klezmer-Band in die Disharmonie geholt. Das wurde vom Publikum auch schnell honoriert: Ein ausverkaufter Saal, beste Stimmung und ein stürmischer Schlussbeifall bewiesen den Erfolg des Abends. Vor allem aber die hohe musikalische Qualität, die Authentizität und die mitreißende Musizierfreude des Quintetts. Das waren Claudia Koch (Violine), Hardy Reich (Mandoline), Andreas Rohde (Bandoneon) Jan Hermerschmidt (Klarinetten) und Janek Skirecki (Bass).

    25 Jahre gibt es bereits die Berliner Gruppe „Aufwind“, die inzwischen bei ihren Konzerten im Inland, unlängst auch in Südamerika, Portugal, Istanbul und am New Yorker Broadway gefeiert wurde. 1989 lernten die Musiker den Klarinettisten Giora Feidman kennen, im Folgejahr wurden sie als erste ausländische Gruppe zum renommierten Klezmer-Festival nach Safed (Israel) eingeladen.

    Das Programm besteht vorwiegend aus Stücken ihrer neuen CD „Modne Welt“ (verrückte Welt): Einfach strukturierte jiddische Lieder und rein instrumentale Klezmer-Musik, die oft kunstvoll in mehrere Sätze gegliedert ist. Diese Melodien können lachen und weinen, was in bewusster Nachahmung des Chasan, des Vorbeters in der Synagoge, geschieht. Typisch dafür sind die „Schluchzer“ und die Glissandi – das bekannteste ist sicherlich das einleitende Klarinetten-Glissando in Gershwins „Rhapsody in Blue“.

    Nach dem fröhlichen „Tupendik“ (Zappelphilipp) singt Claudia Koch in „Gendselech“ von der jungen Gänsehirtin, die sich auch vom Geld eines betagten Freiers (den karikiert wunderbar die Bassklarinette) nicht beeindrucken lässt. In „Schpil Gitar“ zeigen Hardy Reich, in „Jan schpilt“ Jan Hermerschmidt ihre virtuosen Seiten, vor Spielwitz sprühende Instrumentalstücke, die durch häufige Tempowechsel und Beschleunigungen noch angeheizt werden.

    „Gojr“ berichtet vom Los der umherziehenden Schauspieler und in „Tscholnt“ wird die am Sabbat servierte Bohnensuppe gepriesen, die zuvor 24 Stunden köcheln muss. „Modne Welt“ bezieht sich auch auf einen surrealistisch-anarchistisches Matrosenlied aus Russland, das vom verhafteten und bestraften kleinen Küken fabuliert. Und das in einem sowjetischen Gulag geschriebene „Fejgele“ erzählt von einem Mädchen, das einen kleinen Vogel bittet: „Flieg fort, bring mir meinen Liebsten zurück“.

    Aus dem schnellen ukrainischen „Kolomeike“-Tanz machen die Berliner Musikanten „Koalameike“ – überall lauern Unsinn, instrumentale Gags und Effekte. Auch „Schnucki“ ist solch ein musikalischer Schabernack oder die herzerweichende witzige Ballade vom allzu wählerischen Mädchen „Er hot nischt“. Und immer wieder werden die Stücke plötzlich durch solistische Ausbrüche der Violine, Mandoline oder Klarinette unterbrochen, in denen die Musiker zum Vergnügen des Publikums mit ihrem technischen Können brillieren. Riesenapplaus.

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