Das Kleine Stadttheater Gerolzhofen hat eine neue Heimat: Am Sonntagabend wurde das Theaterhaus in der Centgasse in Gerolzhofen in Gegenwart etlicher Ehrengäste eröffnet, bevor dort am kommenden Wochenende der Spielbetrieb starten wird. Es sei ihnen auch darum gegangen, mit dem Theaterhaus als eigener Spielstätte "dem großen Wind der Welt etwas entgegenzusetzen", sagte die Leiterin des Stadttheater, Silvia Kirchhof. Die Eröffnung des Theaters sei auch als Lichtblick zu verstehen in Zeiten, in denen allein bedingt durch die Corona-Pandemie zahlreiche Kultur- und Spielstätten im Land schließen mussten.
Um das Projekt zu verwirklichen, habe es ein harmonisches Team, Mut, aber auch eine "Portion Wahnsinn" gebraucht, meinte Kirchhofs Ehemann Achim Hofmann. Er hat zusammen mit der Regisseurin das frühere Babywaren-Fachgeschäft Steigner in der Gerolzhöfer gekauft und in den zurückliegenden drei Jahren mit viel Eigenleistung und der Hilfe vieler zum Theater, das rund 125 Sitzplätze bietet, umgebaut.
Kleines Stadttheater lange Zeit ohne feste Bleibe
Für ihre Entschlossenheit und Unverzagtheit erntete das Künstlerpaar an diesem Abend von allen Seiten viel Lob und Respekt. "Ihr habt uns ein Zuhause gegeben", dankte ihnen etwa Mario Döpfner als zweiter Vorsitzender des Theatervereins, der das Theaterhaus für das Amateur-Ensemble des Kleinen Stadttheaters als Spielstätte mietet. Zwölf Jahre lang tingelte die Schauspieltruppe durch die Stadt und spielte an verschiedensten Orten, meinte Döpfner. Dennoch seien sie zu "keinen Vagabunden" geworden, sondern vielmehr "sittsame Bürger geblieben". Die Etablierung des Theaterhauses sei ein "Wahnsinnsunterfangen" gewesen, das nun dazu geführt habe, dass die Stadt eine eigene Kleinkunstbühne hat, einen Ort, wo sich Menschen begegnen können.

Der durch seine Auftritte für die Schwarze Elf Schweinfurt unter anderem in der BR-Sendung "Fastnacht in Franken" weithin bekannte Peter Kuhn stand in Gerolzhofen ausdrücklich nicht als Büttenredner und "Fasenachter" auf der Bühne, wie er sagte. Als Festredner sei er ein Verfechter das qualitätsvollen Amateurtheaters. Dieses werde durch das Gerolzhöfer Stadttheater hervorragend geprägt, jetzt sogar (wieder) mit eigener Spielstätte. Dies sei in einer Stadt wie Gerolzhofen nicht selbstverständlich, meinte Kuhn mit einem Seitenhieb in Richtung Rathaus, da man es hier ja nicht einmal geschafft habe, die Stadthalle "wieder theatertauglich zu machen". Silvia Kirchhof sei es gelungen, beharrlich zu bleiben und den Verantwortlichen so lange "auf die Füße zu treten und auf die Nerven zu gehen", bis das Theaterhaus verwirklicht war, stellte Kuhn anerkennend fest.
Amateurtheater verfolgt professionelle Ansprüche
Für ihn steht fest: Auch Amateur-Ensembles verdienten eine feste Spielstätte. Denn anders, als es der stattdessen häufig zu unrecht verwendete Begriff "Laientheater" suggeriere, würde Amateurtheater häufig professionellen Ansprüchen genügen und im Kulturbetrieb eine ebenso wichtige Rolle spielen wie Profi-Ensembles. Im Vergleich zu diesen würden die Amateure seitens der Bürokratie mit Auflagen und rechtlichen Vorgaben ebenso gefordert – doch bei Weitem weniger gefördert, machte Kuhn auf ein von ihm erkanntes Ungleichgewicht in der Kulturförderung aufmerksam.

Für ihn steht außer Frage, dass der jetzige Standort des Theaterhauses absolut richtig ist: Ein Theater gehöre mitten in die Stadt, nicht an deren Rand, sagte er. Auch wenn dies, wie in diesem Fall, Diskussionen bisweilen auslöst. Grundsätzlich begrüße er den Rechtsstaat, sagte Kuhn. Doch er frage er sich, wie weit Einzelne ihr Interessen über die Interessen der Gesellschaft als Ganzes stellen dürfen.
Seitenhieb gegen das Landratsamt Schweinfurt
Er bezog sich damit auf Sorgen von Anwohnern vor einer möglichen Lärmbelästigung durch das Theaterhaus. Was zu der Auflage geführt hat, dass der Theaterbetrieb spätestens um 22 Uhr enden muss. Insgesamt habe das zuständige Landratsamt Schweinfurt mit seinen Auflagen beim Theaterhaus in Gerolzhofen mehr "zertöppert" als Wege geebnet, kritisierte Kuhn die Aufsichtsbehörde mit Landrat Florian Töpper an der Spitze.

Das Kleine Stadttheater hat in Kuhns Augen "das Potenzial zu Großem". Hier würden zwar schon allein aus Platzgründen wohl nicht die großen Inszenierungen der Theaterwelt im Vordergrund stehen. Doch es werde dadurch das Augenmerk ganz automatisch auf die "kleinen Perlen" des Kulturbetriebs gerichtet, ebenso auf Liederabende und Lesungen. Im Vordergrund stehe dabei immer das Ziel, Gemeinschaft zu schaffen – zwischen den Schauspielerinnen und Schauspielern, dem Team, das diese unterstützt, sowie dem Publikum.
Große Kultur funktioniert auch auf dem Land
Das Theaterhaus könnte "so wie es ausgebaut ist", durchaus in einer Kulturmetropole stehen, sagte Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak. Das Gebäude stehe zwar vielleicht nicht in der spektakulärsten Ecke der Stadt, doch strahle es einen "unfassbaren Charme" aus. Als Spielstätte werde es beweisen, dass große Kultur auch in kleinen Städten und im ländlichen Raum stattfinden kann, war sich das Stadtoberhaupt sicher. "Die Pandemie hat uns allen gezeigt, wie Kultur uns gefehlt hat", sagte Wozniak. Diese sei auch ein Kitt der Gesellschaft und "ein prägender Teil von dem, was uns ausmacht".
Diesem Gedanken schloss sich stellvertretende Landrätin Bettina Bärmann an. Kunst und Kultur, sagte sie, verdienten "einen Platz in unserer Mitte". Das Theaterhaus in Gerolzhofen mit dessen Ensemble werte die Kulturlandschaft im Landkreis Schweinfurt deutlich auf. Sie lobte ausdrücklich auch den hier verfolgten Ansatz, "Kunst für alle" zu verwirklichen, generationenübergreifend und auch im Sinne der Inklusion benachteiligter Menschen. "Das Kleine Stadttheater ist ein erstklassiger Botschafter der Region", sagte die stellvertretende Landrätin.
Pfarrer stellt Theaterhaus unter Gottes Segen
Pfarrer Reiner Apel stellte das Theaterhaus unter den Segen Gottes. Er wünschte diesem, dass es ihm gelingen möge, immer wieder die heiteren Seiten des Lebens in Szene zu setzen. Denn Tragödien, so der evangelische Geistliche, spielten sich draußen, im realen Leben, "von alleine ab".

Künstlerisch gestaltet wurde die Eröffnungsfeier von Silvia Kirchhof und Achim Hofmann die als Duo "Café Sehnsucht" mehrere Lieder spielten sowie von Sänger Scotty Riggins. Monika Freiberger vom Ensemble des Stadttheaters zitierte Gedichte.
Programm des Kleinen StadttheatersAm 1. Oktober startet das Programm mit dem Konzert "Kirchhof sing Kreisler" zum 100. Geburtstag von Georg Kreisler, dem Altmeister des schwarzen Humors.Vom 1. bis 6. November, jeweils ab 19.30 Uhr, wird zur Eröffnung des Theaterhauses das Stücke "Die wahre Geschichte der Florence Forster Jenkins" gezeigt, mit Silvia Kirchhof und Achim Hofmann und dem Ensemble vom Kleinen Stadttheater Gerolzhofen.Am 8. Oktober ab 15 Uhr gastiert "Pohyb's und Konsorten" im Gerolzhöfer Theaterhaus mit dem Stücke "Der kleine Erdvogel", einer laut Ankündigung "poetischen und zugleich witzigen Geschichte über Sehnsucht, eigene Ziele und die Kraft der Phantasie".Am 8. November um 19.30 Uhr präsentiert die Band Häisd´n´däisd vom Mee ihr Programm "Eigentlich ghört draufghaut".Am 27. November um 16.30 Uhr wird eingeladen zur Lesung im Caféhaus mit Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen unter dem Titel "Begegnungen – Erinnerungen eines Fotojournalisten". Das Duo "Café Sehnsucht" begleitet das Programm musikalisch.Im Advent spielen Amelie Auer und Silvia Kirchhof im Theaterhaus für Kindergärten und Schulen auf Anfrage das Märchen-Stück "Frau Holle".Theaterkarten sind im Theaterhaus in der Centgasse, Tel. (09382) 3100228, im Modehaus Iff am Marktplatz und in der dortigen Tourist-Information im Alten Rathaus erhältlich.mim