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SCHWEINFURT: Ein Museum zum Anfassen

SCHWEINFURT

Ein Museum zum Anfassen

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    Blick in ein beeindruckendes Reich des Buches: das Museum Otto Schäfer in Schweinfurt.
    Blick in ein beeindruckendes Reich des Buches: das Museum Otto Schäfer in Schweinfurt. Foto: Foto: Anand Anders

    Als Jan Soldin im August vor drei Jahren die Leitung des Museums Otto Schäfer übernahm, dürfte er mit damals 26 Jahren wahrscheinlich einer der, wenn nicht sogar der jüngste Museumsleiter Deutschlands gewesen sein. Heute, mit 29, ist Soldin zwar immer noch ein junger Leiter einer deutschlandweit bedeutenden Sammlung. Er hat sich und sein Museum aber bereits jetzt weiterentwickelt und ihm seinen Stempel aufgedrückt, in beeindruckender Manier.

    Soldin ist Kunstgeschichtler, er arbeitete zuvor als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kurator in der Kunsthalle, kuratierte dort mehrere Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Das Museum Otto Schäfer wurde 1971 eröffnet, es gilt als eine der wichtigsten Adressen für Druckkunst und Büchersammlungen weltweit. Allein die schieren Zahlen des sehr gut von Soldins Vorgänger Georg Drescher aufbereiteten und katalogisierten Bestandes sind beeindruckend: rund 3000 Erstausgaben aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind vorhanden, 900 aus der Frühphase des Druckes, also 15. und 16. Jahrhundert. 1600 Blatt moderne Grafik sowie 324 Blatt mit Drucken von Albrecht Dürer, „der Kern der Sammlung von Otto Schäfer“, wie Jan Soldin betont.

    Seine Abschlussarbeit im Studium handelte bei Soldin tatsächlich von Grafik und Papierarbeit, insofern gab es schon immer eine Affinität zum Thema. Gerade die Papierkunst ist aus seiner Sicht eine „sehr demokratische Kunstform“, sieht man auf ihr doch die großen Linien von Luthers Thesen-Anschlag bis zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ im Dritten Reich. Soldins Ziel für sein Museum, aber auch grundsätzlich für alle seine Ausstellungen ist immer klar: „Es muss menschennah sein, nicht elitär.“

    Das Museum Otto Schäfer hatte unter seinem früheren Leiter Georg Drescher vor allem den Auftrag, für eine kleine Zielgruppe von Forschenden da zu sein. Ein wichtiger Auftrag, der auch heute noch gilt. Aber ebenso die Weiterentwicklung, das Heben des „ungeheuren Schatzes Museum Otto Schäfer“, wie es Jan Soldin beschreibt. „Wir haben hier so viele Geschichten zu erzählen“, ist er überzeugt und beschreibt voller Enthusiasmus geplante neue Projekte, die in den kommenden Monaten und Jahren zu Ausstellungen führen sollen. Am Beispiel der Erstausgabe von Dantes „Göttliche Komödie“ lässt sich gut beschreiben, wie Soldin versucht, das Museum für möglichst viele neue Besucherschichten zu öffnen und erlebbar zu machen. Das Buch selbst ist natürlich beeindruckend aufgrund seines Alters, aber schwer alleine ausstellbar. Doch Soldin lernte einen Künstler kennen, der seit gut 20 Jahren daran arbeitet, genau für dieses Werk Illustrationen zu erstellen. Diese im Kontext der Erstausgabe im Museum Otto Schäfer auszustellen und eine Art „begehbares Buch“ zu schaffen, hat einen besonderen Reiz. Die spezielle Eigendynamik, die sich bei Künstlern entwickelt, wenn sie sich auf das Museum einlassen, hat Soldin auch schon bei der Ausstellung „Fabelwesen“ erlebt und schätzen gelernt.

    Natürlich braucht es „Mut zum Ausprobieren und auch zum Scheitern von Ideen“, weiß Jan Soldin. Doch er ist von seinem Weg überzeugt, denn in einem ist er sich sicher: Nicht erst die Corona-Pandemie hat eine Kluft zwischen der Kunst und der Gesellschaft offenbart, die sich nur schwer schließen lässt. Als Museumsleiter sei er der Kontakt für Forschende genauso wie ein Kunstvermittler zwischen den Schätzen der Sammlung und der Öffentlichkeit. „Wir wollen zeigen, dass wir uns für die Bedürfnisse des Publikums interessieren, dass Kultur nicht wehtut und dass wir uns auch bewusst sind, ein Freizeitanbieter zu sein“, beschreibt Jan Soldin sein Rollenverständnis. Insofern gelingt auch der Spagat zwischen den Ausstellungen und den verschiedenen, auf den ersten Blick ungewöhnlichen Veranstaltungen wie der Quiz-Nacht mit ihm und Christof Wahlefeld, der mit seiner Theaterverwaltung während der Sanierung seines Hauses eine Heimstatt im Museum fand. Dass am 27. und 28. April mit „Cry Baby“ die erste Eigenproduktion des Theaters im MOS gezeigt wird, ist da nur konsequent. Neues Publikum, ein neues Stück in ungewohntem Ambiente, ganz nach dem Motto „menschennah, nicht elitär.“

    Museum Otto Schäfer, Judithstraße 16, Schweinfurt, geöffnet Dienstag bis Sonntag 13 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Infos: www.museumottoschaefer.de. Aktuelle Ausstellungen und Events: 27. und 28. April, jeweils 19.30 Uhr, „Cry Baby“, Eigenproduktion des Theaters Schweinfurt über das Leben von Janis Joplin; 7. Mai, Schweinfurter Quiz-Night mit Jan Soldin und Christof Wahlefeld, Beginn 19.30 Uhr (ausverkauft). Ausstellung „Reise:Kunst“, von Dürer bis Goethe, bis 15. September; „Italien vor Augen: Hann Trier“, bis 12. Mai im Roten Salon parallel zur Hauptausstellung in der Kunsthalle; „Katja Wunderling – Intervention in der Dauerausstellung“, bis 15. September.

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