"Ich hätte Nein gesagt, wenn ich gefragt worden wäre." Bergrheinfelds Bürgermeister Ulrich Werner ist aber nicht gefragt worden. Aus der Presse hat er erfahren, dass die Stadt Schweinfurt am westlichen Ortsrand von Oberndorf ein großes Einkaufszentrum mit Vollsortimenter, Discounter und Drogeriemarkt ansiedeln will. 3500 Quadratmeter Verkaufsfläche plus 150 Parkplätze. "Genau 850 Meter von unserem Lidl entfernt." Jetzt hat Werner "Angst, dass unser Lidl verloren geht".
Dass Schweinfurt seit Jahren nach einer Möglichkeit sucht, in Oberndorf einen Nahversorger anzusiedeln, war dem Bergrheinfelder Bürgermeister natürlich bekannt. Dass Oberndorf einen Einkaufsmarkt haben will, auch das kann er verstehen. Aber dass die Stadt "plötzlich dieses Grundstück aus den Hut zaubert", das hat ihn überrascht. "Bestes Ackerland" soll hier verbaut werden. Werner nennt das "Flächenfraß", der Leerstände zur Folge haben werde.
"Dieses Projekt wird Bergrheinfeld überrollen", hatte auch Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft.ödp) in der Stadtratssitzung am Dienstag prognostiziert und an das Ratsgremium appelliert, über die Stadtgrenzen hinauszuschauen und nicht nach dem Motto zu handeln, "nach uns die Sinnflut". Ein interkommunales Flächenmanagement würde Sinn machen, meinte sie, damit nicht "die gesamten Flächen zugepflastert werden".
Schneider hatte zudem kritisch angemerkt, dass niemand von der Stadt vorab mit dem Bergrheinfelder Bürgermeister über die Pläne in Oberndorf geredet habe. Was Oberbürgermeister Sebastian Remelé mit der Bemerkung quittierte "dummes Zeug". Widerspruch von seiner Seite gab es aber dann nicht wirklich zu Schneiders Vorwurf. Die Gemeinde Bergrheinfeld, so Remelé, werde im Zuge des Anhörungsverfahrens zu den neuen Plänen der Stadt auch gehört werden. "Wir haben als Lokalpolitiker erst einmal das Beste für unsere Bevölkerung zu erreichen", betonte Schweinfurts OB.
Vernichtung von Ackerland
"Der Ober sticht den Unter", das weiß der Bergrheinfelder Bürgermeister. Auch, dass ein Oberzentrum beim Unterzentrum nicht nachfragen muss, wenn es einen Einkaufsmarkt ansiedeln will. "Das kann der Stadtrat autonom entscheiden." Trotzdem: "Dass man heutzutage so viel Ackerland vernichtet, das halte ich nicht für richtig."
Werner befürchtet vor allem, dass so ein "Riesending" hinter der Tankstelle "gravierende Auswirkungen" auf die bestehenden Nahversorger in Bergrheinfeld haben wird. "Das ist knallharte Konkurrenz, ein Verdrängungswettbewerb", dem als Erstes der Bergrheinfelder Lidl zum Opfer fallen werde. Auch für den Edeka-Markt im Ort sieht er das Einkaufszentrum als Konkurrenz und kündigt an, "alles dafür zu tun, dass unser Supermarkt weiter bestehen wird". Burkhard Pfister, der Betreiber des Bergrheinfelder Edeka, übernimmt mit Herbert Pfrang, der den kleinen Edeka in der Ortsmitte in Grafenrheinfeld führt, übrigens auch den neuen Supermarkt MainCenter, der gerade in Grafenrheinfeld am Ortsausgang Richtung Bergrheinfeld entsteht. Der Markt wird 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche und 126 Parkplätze haben.
Auch wenn der Bergrheinfelder Bürgermeister von der Stadt Schweinfurt nicht zu dem Vorhaben gefragt wurde, im Zuge der erforderlichen Änderung des Flächennutzungsplans muss die Nachbarkommune angehört werden. Und dann werde Bergrheinfeld all' diese "wichtigen Gründe" gegen das Einkaufszentrum bei Oberndorf vorbringen, kündigt Werner schon mal Einspruch an.
Ein bisschen Verständnis kann der Bergrheinfelder Bürgermeister für die Entscheidung seiner Kolleginnen und Kollegen in Schweinfurt zwar aufbringen, "das Hemd ist einem halt näher als die Hose". Aber die heutige Zeit erfordere es, endlich mal umzudenken. "Dieses Einkaufszentrum braucht keiner, das ist keine Innenentwicklung, das ist nur Verdrängung."