Vor mehr als zehn Jahren hatten einige Museumspädagoginnen die Idee, ein Mitmachbuch für Kinder zu gestalten, die das Museum Georg Schäfer besuchen. Erst jetzt konnte das Projekt verwirklicht werden. Reichlich spät zwar, aber die Veröffentlichung des Büchleins fand trotzdem zu einem passenden Zeitpunkt statt: kurz nach der Eröffnung der Sonderausstellung „Geliebte Tyrannin“. Auch wenn das Büchlein durch die Ständige Sammlung des Hauses führen wird, gibt es doch eine Gemeinsamkeit mit der Sonderschau: die Mode.
Denn in einigen der Bilder, die die Museumspädagoginnen für ihr „Mal- und Mitmachbuch“ ausgewählt haben, geht es explizit um Kleidung. Die vierjährige Emma beispielsweise, Tochter des Malers Julius Hübner, trägt ein reizendes blaues Kleidchen mit einer Schürze aus feinstem weißen Stoff. Die Kinder können Emmas Sonntagskleid nachmalen und ihr auch ein neues entwerfen. Und Carl Spitzweg hat sich für sein Selbstporträt von 1840/42 in einen „Vatermörder“ gezwängt, einen jener engen Kragen, die einem schon beim Hinsehen die Luft nehmen.
Wie schön wäre es, dachten sich die Museumspädagoginnen, wenn die Kinder bei ihrem Besuch im Museum in solche altmodischen Kleider schlüpfen würden. Dann könnten sie sich viel leichter in das Leben im 19. Jahrhundert versetzen. Auch diese Idee konnte nun realisiert werden. Schülerinnen der zwölften Klasse der Maria-Theresia-Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung schneiderten aus Leinen, Samt, Musselin und Satin Kleider, Hosen, Hemden und Westen, die nicht nur so aussehen, sondern sich auch so anfühlen wie Kleidung im 19. Jahrhundert und die die jungen Besucher anprobieren dürfen.
Beides wurde nun vorgestellt: das Mitmachbuch und die neue Garderobe. Für die meisten der jungen Schneiderinnen war es wohl der erste Besuch im Museum Georg Schäfer. Dass ihre Arbeit dabei im Mittelpunkt stand und von Kuratorin Karin Rhein und allen Museumspädagoginnen hoch gelobt wurde, freute die jungen Frauen sichtlich.
Das schönste Stück ist das blaue Kleidchen mit Schürze, das dem der kleinen Emma nachempfunden ist. Jungs und Mädchen dürfen wie Spitzweg in ein Hemd mit engem Kragen schlüpfen. Von dem berühmten Maler weiß man, dass er sich auf seinem Porträt ein bisschen schöner gemalt hat, als er in Wirklichkeit war. Vor allem seine große Nase gefiel ihm nicht. Die Kinder dürfen ihn im Buch auch „verschönern“. Auf der gegenüberliegenden Seite können sie zwei Selbstporträts von sich malen, einmal ohne in den Spiegel zu schauen, einmal mit Spiegel.
Sechs Museumspädagoginnen haben am Buch mitgearbeitet, allen voran Birgit Höhl und Christine Friedrich-Weiß, die vor mehr als zehn Jahren die Idee hatten und nun ein paar ihrer Lieblingsbilder vorstellen. Christine Friedrich-Weiß hat bei ihren Führungen für Kinder immer Schaf „Schorschi“ dabei, eine Handpuppe. Das Schäfchen hat es nun auch ins Buch geschafft und begleitet die Kinder. Zu jedem Bild gibt Schäfchen einen Kommentar, oft trägt es die passende Kleidung. Gezeichnet hat das Schäfchen Rebecca Münch, auch sie ist Mitglied der Museumspädagogik. Zusammen mit Designer Nico Weppert hat sie auch das Lay-Out gestaltet.
Auf jeder Seite können die Kinder eine andere Aufgabe lösen, das Strandbild von Lovis Corinth weitermalen, der „Botenfrau“ von Ludwig Knaus einen helleren Hintergrund geben oder sich ein fantastisches Wesen wie Franz von Stuck ausdenken. Das Mal- und Mitmachbuch ist für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren geeignet, kostet 4.50 Euro und liegt im Kunstbuchcafé im Museum aus. Kinder können sich schon zuhause damit beschäftigen und haben dann vielleicht Lust auf einen Museumsbesuch oder umgekehrt.