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Altenmünster: Ellertshäuser See: Die verzwickte Geschichte des Zweckverbands

Altenmünster

Ellertshäuser See: Die verzwickte Geschichte des Zweckverbands

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    Das Gebiet der Feriensiedlung am Ellertshäuser See war einst im Besitz des Zweckverbands, der zum Bau des Stausees gegründet wurde. Seine Auflösung zog sich Jahrzehnte hin, weil die Wertermittlung für die öffentlichen Verkehrsflächen dort sich schwierig gestaltete. 
    Das Gebiet der Feriensiedlung am Ellertshäuser See war einst im Besitz des Zweckverbands, der zum Bau des Stausees gegründet wurde. Seine Auflösung zog sich Jahrzehnte hin, weil die Wertermittlung für die öffentlichen Verkehrsflächen dort sich schwierig gestaltete.  Foto: Anand Anders

    Es ist kurios: Ein Zweckverband bleibt 60 Jahre bestehen, obwohl sein Zweck nie zum Tragen kommt. Dann wird der Zweckverband aufgelöst, aber die Auflösung kann nicht abgewickelt werden. Jahr für Jahr tagen die Mitglieder des Zweckverbands weiter. Mit allem Pipapo wie Haushalt aufstellen, Kassensturz, Rechnungsprüfung. Wo es so etwas gibt? Beim "Wasser- und Bodenverband für Wasserspeicher und Beregnungsanlagen im ehemaligen Landkreis Hofheim", der seinen Sitz in Stadtlauringen hat.

    Was ist das für ein Zweckverband mit so einem sperrigen Namen? Er wurde Mitte der 1950er-Jahre als Betreiber- und Nutzergemeinschaft für den Ellertshäuser See gegründet. Denn anders als man heute meinen könnte, wurde der mit 33 Hektar Fläche größte See in Unterfranken nicht als Eldorado für Segler, Surfer, Taucher oder Badenixen geschaffen, sondern war als Wasserspeicher gedacht, um die Bewässerung der umliegenden Felder zu ermöglich.

    Das Gebiet liegt auf der unterfränkischen Trockenplatte und bekommt nur wenig Niederschläge ab. Mitgliedsgemeinden waren Stadtlauringen, Oberlauringen, Wettringen, Fuchsstadt, Altenmünster und Ebertshausen (heute Landkreis Schweinfurt) sowie Aidausen und Nassach (heute Landkreis Haßberge), die damals alle zum ehemaligen Landkreis Hofheim gehörten.

    Der See wurde bekanntlich gebaut, aber zur Bewässerung der Felder kam es nie, weil niemand die Kosten dafür schultern konnte oder wollte. 1970 wurde der See deshalb an den Freistaat Bayern verkauft, der ihn seitdem als Hochwasserspeicher vorhält und für die Niedrigwasseraufhöhung nutzt. Eigentlich hätte sich der Zweckverband da schon auflösen können, spätestens aber Ende der 1990er-Jahre, als die touristische Erschließung des Ellertshäuser Sees den eigentlichen Zweck gänzlich obsolet machte. Doch der Zweckverband bestand weiter, 60 Jahre lang. Am 6. Juli 2016 wurde dann seine Auflösung im Amtsblatt veröffentlicht. Beendet war damit die Geschichte des Zweckverbands aber noch lange nicht, weil die Abwicklung der Auflösung gar nicht so einfach ist. 

    Es blieb ein Schuldenberg

    Was macht die Sache so schwierig? Schon die Gründung des Zweckverbands war eine verzwickte Sache, weil acht Gemeinden und ein schon bestehender Zweckverband beteiligt waren. Die Gemeinde Nassach hatte damals schon einen Beregnungsverband. Den holte man sich ins Boot, um überhaupt die Genehmigung für die Gründung des Zweckverbands zu bekommen.

    Zur Erklärung: Ein Zweckverband ist ein öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss mehrere Gemeinden oder Gemeindeverbände, um bestimmte Aufgaben gemeinsam zu erfüllen. Zum Beispiel die Abwasser- oder Abfallentsorgung oder eben eine Bewässerung. Die Gründung muss von der Rechtsaufsicht genehmigt werden. In den 1950er-Jahren war das nicht so einfach. Deshalb bediente man sich dieser Krücke.    

    Nach dem Tod von Kreisobmann Georg Weiler, auf dessen Initiative der Bau des Ellertshäuser Sees zurückgeht, wurde die Bewässerungsidee nicht mehr weiter verfolgt. Was blieb, waren ein See und ein Schuldenberg, was letztlich zur Entscheidung führte, den See an den Freistaat zu veräußern. Der Zweckverband jedoch bestand weiter, weil es ja quer in der Region verteiltes Grundvermögen gab, das die Mitgliedsgemeinden des Zweckverbands eingebracht hatten und das es zu verwalten galt. 

    Eine Baufirma aus Nürnberg errichtete den Damm am Ellertshäuser See.
    Eine Baufirma aus Nürnberg errichtete den Damm am Ellertshäuser See. Foto: Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen

    Mit der Gebietsreform wurden aus den acht Gemeinden dann drei Großgemeinden, was die Sache aber nicht einfacher machte, weil die einzelnen Ortschaften unterschiedlich eingemeindet und obendrein zwei verschiedenen Landkreisen zugeschlagen worden waren. Die Herausforderung für das Verbandsgremium war es, eine Lösung zu finden, wie der Grund und Boden aufgeteilt werden kann, damit der inzwischen zwecklose Zweckverband aufgelöst werden kann. Das lässt schon erahnen, wie kompliziert diese Angelegenheit ist.

    "In den letzten Jahren gab es immer wieder Sitzungen, in denen es nur um die Auflösung des Zweckverbandes ging", beschreibt Stadtlauringens Bürgermeister Friedel Heckenlauer das schwierige Unterfangen. Er ist als Bürgermeister von Stadtlauringen seit 2006 Vorsitzender des Verbands und in dieser Funktion kaum mit etwas anderem beschäftigt gewesen. 

    Schwierige Wertermittlung

    Warum sich die Grundstücksaufteilung so schwierig gestaltete, hing auch mit der Feriensiedlung am Ellertshäuser See zusammen. Die Fläche hatte Altenmünster in den Zweckverband eingebracht. Als der See 1956 gebaut wurde, war dort noch Wald und Wiese. Um Geld für den Bau und geplanten Betrieb des Wasserspeichers zu erwirtschaften, ließ der Verband kurzerhand das Areal zum Baugebiet ausweisen und verkaufte die Baugrundstücke an Interessenten, die dort Wohn- und Ferienhäuser errichteten. Ohne gemeindliche Erschließung, wie das heutzutage in einem neuen Baugebiet der Fall ist. Und so entstand die kuriose Situation, dass bei der späteren Gebietsreform die Feriensiedlung zwar der Gemeinde Stadtlauringen angegliedert wurde, die Straßen aber im Eigentum des noch bestehenden Wasser- und Bodenverbands geblieben sind.

    Klar war, dass nach Auflösung des Zweckverbands diese Straßen auch der Gemeinde Stadtlauringen zufallen werden. Doch wieviel sind sie wert? Gelten sie als erschlossen oder nicht? Der Ausbau durch den Zweckverband in den 1950er-Jahren entspricht nicht dem heutigen Standard. Eine Erneuerung hat es nie gegeben. Wenn die Marktgemeinde Stadtlauringen hier einmal Hand anlegen will, muss also klar sein, ob es sich um eine Ersterschließung oder um eine Straßensanierung handelt. Ersteres ist umlagefähig, die Anlieger müssen also mitbezahlen, Zweiteres geht zu Lasten des Gemeindesäckels.   

    Mit der Einführung der Straßenausbaubeitragssatzung schien sich eine Lösung anzubahnen, weil hier die Anlieger immer mitbezahlen müssen. Doch die "Strabs" wurde in Bayern zum 1. Januar 2018 wieder abgeschafft. Man stand also erneut am Anfang. Die inzwischen beschlossene Auflösung des Wasser- und Bodenverbands konnte nicht abgewickelt werden, weil es über die Siedlungsstraßen keine Klarheit gab. Drei Jahre sollte es noch dauern, bis die Wertermittlung endgültig geklärt war. Jetzt steht fest: "Ein Straßenausbau dort ist wie eine Ersterschließung zu sehen", informiert Bürgermeister Friedel Heckenlauer.

    Nach 65 Jahren kann damit nun endgültig ein Schlussstrich unter den "Wasser- und Bodenverband für Wasserspeicher und Beregnungsanlagen im ehemaligen Landkreis Hofheim" gezogen werden. Jetzt muss die beschlossene Aufteilung des Grundbesitzes nur noch in einem letzten Schritt beurkundet werden.  

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