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Schweinfurt: Enkeltrick: Rentner um 105.000 Euro gebracht

Schweinfurt

Enkeltrick: Rentner um 105.000 Euro gebracht

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    Um mehr als 100 000 Euro soll eine Enkeltrick-Bande ein Rentner-Ehepaar gebracht haben. Als mutmaßliche Geldabholer in diesem Fall und bei sieben weiteren Betrugsversuchen stehen zwei Männer aus Mannheim in Schweinfurt vor Gericht.
    Um mehr als 100 000 Euro soll eine Enkeltrick-Bande ein Rentner-Ehepaar gebracht haben. Als mutmaßliche Geldabholer in diesem Fall und bei sieben weiteren Betrugsversuchen stehen zwei Männer aus Mannheim in Schweinfurt vor Gericht. Foto: Matthias Becker

    Die Enkelin ruft an, sei braucht möglichst viel Geld, am besten 200 000 Euro, weil sie ein Haus kaufen will. Dem Sohn Bernhard kämen "ganz dringend" 40 000 Euro gelegen für den Erwerb einer Wohnung. Der Neffe will 18 000 Euro, um ein Geschenk für seine Mutter zu kaufen, und die gute Freundin Ruth ist gerade beim Notar und hätte ebenfalls gern einen größeren Betrag, 48 000 Euro, für einen Wohnungskauf.

    Vier verschiedene Fälle, alle am 19. April 2018, bei denen Gauner in der Region Ingolstadt versucht haben, mit dem sogenannten EnkeltrickMenschen am Telefon ein enges Verwandschaftsverhältnis vorzutäuschen, sie auszuhorchen und dazu zu bringen, einem unbekannten Abholer – der rein zufällig in der Nähe ist – möglichst viel Geld zu übergeben. Dreimal scheitert der Betrugsversuch, weil er durchschaut wird oder beim Telefonat Verwandte dazukommen, die den Schmu kennen und beenden. Die betrügerischen Anrufer brechen  das Telefonat generell selbst ab, wenn das Opfer nicht mehr allein ist und so leichter manipuliert werden kann, wissen Polizeiermittler.

    Alle Ersparnisse zuhause

    In einem Fall aber machen die Gauner fette Beute: ein Rentner-Ehepaar, 79 und 80 Jahre alt, übergibt dem unbekannten Abholer 105 000 Euro, die kompletten Ersparnisse, für einen angeblichen Hauskauf der Enkelin. Das Geld müssen sie nicht einmal bei der Bank holen. Es liegt zuhause. Die "Enkelin" bringt die beiden Rentner sogar dazu, so lange am Telefon zu bleiben, bis der Abholer vor der Tür steht und ihr bestätigt, dass er das Geld jetzt hat. Als die beiden merken, dass sie um ihr ganzes Erspartes betrogen worden waren, ist es zu spät.        

    Fünf der acht vor dem Schöffengericht Schweinfurt angeklagten Betrugsversuche fanden bei Ingolstadt statt, zwei nahe Coburg, der achte und letzte am 14. November 2018 in Bad Kissingen. Da versuchen es die Gauner bei einer 65-jährigen Rentnerin: "Erkennst du mich nicht?", fragt sie eine Frauenstimme am Telefon. "Ach, bist du die Ursel?", antwortet die Angerufene. Der Name ist erfunden. Die "Ursel" ist angeblich in einer Notlage und braucht 15 000 Euro. Die Rentnerin hat die Masche sofort durchschaut, spielt mit und verständigt auf einer anderen Leitung die Polizei. 

    Für "Ursel" Konto überziehen?

    Nachdem sie gesagt hat, sie habe das Geld bei der Bank nun geholt, soll sie am besten noch mehr abheben, wenn's geht 40 000 Euro – und dafür auch ihr Konto überziehen. Maximal 20 000 Euro könne sie ihr, der "Ursel", leihen, sagt die 65-Jährige. Am Nachmittag rückt der Geldabholer an – und die Kripo ist nicht weit. Als der 19-Jährige auf dem Weg zum Auto den Geldumschlag öffnet und nur wertloses Papier vorfindet, checkt er, dass die Polizei im Spiel ist. Er zerstört das Handy und wirft es weg. Vor dem Auto, ein schwarzer Mercedes mit Mannheimer Kennzeichen, wird er zusammen mit seinem Vater (50), der im Wagen auf ihn wartet, verhaftet.        

    Nun sitzen sie in Schweinfurt vor dem Jugendschöffengericht. Der 50-Jährige sagt gar nichts, der Verteidiger des 19-Jährigen räumt nur ein, was nicht zu leugnen ist: dass sein Mandant am Betrug in Bad Kissingen beteiligt war und in dieser Sache Kontakt zu einer Person hatte, "zu der er aus Angst vor Repressalien keine Angaben macht".

    Das mobile Navi als Hauptzeuge

    Das mobile Navi im Mercedes hat aufgezeichnet, dass es bei den acht angeklagten Betrugsversuchen stets in unmittelbarer Nähe der jeweiligen Adressen war. Und: An der Wohnadresse des 19-Jährigen wurde es dann deaktiviert. Das Gericht hört zwölf Geschädigte und Polizeizeugen. Dann bringt die Verteidigung ins Spiel, dass das Navigationsgerät ein mobiles sei und zu den fraglichen Zeiten auch von jemand anderem in einem anderen Fahrzeug genutzt worden sein könnte. Zum Beispiel von einem Cousin des 19-Jährigen, der es am 19. April 2018 genutzt haben könnte. 

    Ob das sein könnte, muss ermittelt werden. Weil dies und ein gerichtlicher Folgetermin für alle Beteiligten nicht innerhalb von drei Wochen möglich ist, setzt der Vorsitzende das Verfahren aus. Neuer Termin: 16. Oktober. Der Prozess beginnt dann von vorne, mit kompletter Beweisaufnahme, also mindestens dem Dutzend Zeugen, die gerade gehört wurden. Bis dahin bleiben die Angeklagten in Untersuchungshaft: der Vater in Würzburg, der Sohn in Schweinfurt.      

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