„Wir sind Allrounder, eigentlich machen wir alles“, erklärt Sebastian Stertz seinen Beruf. Er ist frisch gebackener Meister für Fruchtsafttechnik. Nach seiner Ausbildung zur Fachkraft für Fruchtsafttechnik und dem Zivildienst wechselte Stertz zur Firma Mainfrucht, wo er nach acht Jahren seit Ausbildungsbeginn jetzt den Meisterkurs absolviert hat. Über ein Arbeitszeitkonto hat ihn die Firma für den halbjährlichen Meisterkurs freigestellt.
„Alles, was bei Muttern in der Küche abläuft, findet man auch hier bei uns“, erklärt Werksleiter Bernd Thielmann die Prozesse. Da werden Frucht- und Gemüsesaftkonzentrate hergestellt, im Grunde wie zuhause. Die Früchte beziehungsweise das Gemüse werden zuerst zerkleinert (gemaischt), dann wird der Saft herausgepresst. Dieser wird durch Filtervorgänge „geschönt“, das heißt, die Trübstoffe werden ausgefiltert, bevor der Saft dann durch Verdampfen eingedickt wird. Das verdampfte Wasser beinhaltet die wertvollen natürlichen Aromen der Frucht, die durch gezielte Abkühlung (Kondensation) des Wasserdampfes abgetrennt und dem Konzentrat wieder zugeführt werden.
Pürees entstehen durch das Passieren durch Siebe, auch sie werden zum Teil zu Püree-Konzentraten weiterverarbeitet. Und dann gibt es da noch die „Zubereitungen“ – Gemüse oder Früchte, die mit Zucker, Aromen, Bindemitteln oder anderen Zutaten gemischt werden. Alles nur mit natürlichen Stoffen, darauf legt Werksleiter Thielmann Wert.
„Die Kunden wollen oft die kuriosesten Sachen“, erklärt er, und erinnert sich beispielsweise an das Maracuja-Püree mit Kernen, das ein Kunde unbedingt wollte. Manchmal durchbrechen eben Spezialwünsche den alltäglichen Betrieb und immer wieder einmal gelingt auch etwas Außergewöhnliches. So haben Thielmann und seine Leute beispielsweise herausgefunden, was man tun muss, damit Quittenpüree nicht braun wird. Der Trick allerdings wird nicht verraten.
Nun, Sebastian Stertz keltert nicht mehr wie einst sein Opa, der ihn für diesen Beruf begeistert hat. Er arbeitet heute in einem weit größeren Rahmen. Damals wie heute aber muss erst einmal die Qualität des angeliefertes Obstes oder Gemüses überprüft werden. Da es sich dabei um Naturprodukte handelt, muss die Qualität auch während der Verarbeitung ständig kontrolliert werden.
Das Fruchtmus beispielsweise muss genau angeschaut werden. Ist es zu feucht, dann wird am Computer der Maischvorgang neu eingestellt. Manchmal kommt es auf ein Grad an: Durch Erhitzen werden die Produkte haltbar gemacht, andererseits aber sollen so wenig wie möglich Vitamine verloren gehen. Da muss man schon genau hinschauen.
Um die Produkte zu den verschiedenen Prozessen zu transportieren, werden Pumpen und ein, für den Nichteingeweihten, unübersichtliches Rohrleitungssystem verwendet. Und dabei ist wieder einmal Handarbeit gefragt. Auch dass die Behälter für die Lagerung steril und sauber sind, ist Aufgabe von Stertz und seinen Kollegen. Nach der Reinigung werden die Tanks mit Dampf sterilisiert und mit Luft kaltgeblasen. Um zu überprüfen, ob ein Tank steril ist, wird eine Probe des Kondensats aus dem Tank vom Labor mikrobiologisch untersucht. Auch dabei ist wieder der Fruchtsafttechniker gefragt. Er muss die Probe steril aus dem Tank entnehmen. Keine „einfache Sache“, so Thielmann.
Dass man als Fruchttechniker Kenntnisse im Verarbeiten und Lagern von Früchten und Gemüsen braucht, ist naheliegend; aber auch Umweltschutz und die Analyse des verwendeten Wassers gehören zu den Aufgaben. Etwa acht Wochen ihrer Ausbildungszeit verbringen die Techniker im Labor. Dort lernen sie, ihre Endprodukte zu analysieren und zu überprüfen.
Ein weiteres Lern- und Arbeitsfeld sind die Maschinen. Die verfahrenstechnischen Prozesse werden durch den Einsatz neuester Technologien und durch Computersteuerung überwacht, um eine schonende Herstellung zu garantieren. Die Fruchtsafttechniker müssen ihre Verarbeitungslinien, Erhitzungsanlagen und Abfüllmaschinen, um nur einige zu nennen, sehr genau kennen, denn „kleinere Reparaturen machen wir selber“, erklärt Stertz.
In riesigen Kühlhäusern der Firma Mainfranken, mit Platz für 10 000 Paletten, werden Rohwaren wie Erdbeeren für die gesamte Jahresproduktion von mehreren hundert Tonnen und die Fertigwaren, wie farbempfindliche Konzentrate und Pürees, bis zu Verarbeitung oder Versand bei minus 25 Grad gelagert. Die Fertigprodukte werden in Gebinden von 20 Kilogramm im Karton und bis zu 25 Tonnen im Tanklastzug an den Kunden ausgeliefert.
Die Kunden sind in der Getränke- und Spirituosenindustrie zu finden. Eiscreme- und Milchwarenhersteller, Süß- und Backwarenfirmen gehören zu den Abnehmern. Aber auch renommierte Babynahrungshersteller, die Gesundheits- und Diätkostsparte sowie die pharmazeutische und kosmetische Industrie kaufen die Produkte der Mainfrucht.
Im Herbst 2012 wird es wieder einen Ausbildungsplatz zur Fachkraft für Fruchtsafttechnik geben. Voraussetzung: der qualifizierte Hauptschulabschluss oder Mittlere Reife. Und „der Beruf eignet sich auch für Frauen“, betont Werksleiter Thielmann. Er wirbt für „ein interessantes Betätigungsfeld für engagierte Schulabgänger, die eine vielseitige Tätigkeit suchen, die sie ohne Probleme mit einem Meisterlehrgang oder Studium der Verfahrenstechnik beziehungsweise Lebensmitteltechnik ausbauen können“.
Unser Job
Unsere Serie: Wer am Samstag die Stellenangebote in der Zeitung studiert, gerät so manches Mal ins Staunen. Was macht eigentlich ein Applikationsspezialist, was ein Gestalter für visuelles Marketing? Andererseits gibt es altbekannte Berufe, die heute in einem völlig neuen Kleid erscheinen. In einer losen Serie möchten wir Berufe aus dem Raum Schweinfurt vorstellen, die kaum einer kennt, und solche, die sich im Laufe der Zeit stark verändert haben. Haben Sie auch einen außergewöhnlichen Beruf? Dann schreiben Sie uns, via E-Mail: red.schweinfurt-land@mainpost.de