Hier ist es zu jeder Jahreszeit schön. Im Frühjahr, wenn alles blüht, im Sommer, wenn man die Kühle des Baumschattens genießen kann. Im Herbst, wenn sich die Blätter verfärben, und selbst im Winter, bei Minusgraden: Ein Spaziergang, eine Sportrunde, eine Gassi-Runde mit Hund oder ein Spielausflug mit Kindern in den Wehranlagen, dem Schweinfurter Stadtpark, macht einfach Spaß.

Der große Springbrunnen war nach Reparaturen noch nicht wieder voll in Betrieb, als dieser Text am 23. Mai geschrieben wurde. Das fehlt noch zum perfekten Sommer-Gefühl.

Die Anlage hat eine interessante Geschichte, spiegelt die Entwicklung der Stadt und die Industriegeschichte wider. Bevor die Wehranlagen zum Erholungsraum wurden, produzierte die Firma Gademann hier Farben.

Auf dem Gelände der früheren Fabrik zwischen dem Joggerinnen- und Jogger-Parkplatz und dem Vereinsheim des FC Altstadt wurden bis 1864 Mineralfarben produziert. Die Folge: Eine auf 200 Tonnen geschätzte Arsen-Altlast, die ab 2009 eingekapselt wurde. Das verwunschene grüne Haus am sogenannten Elefantenbuckel gehörte zur Gademannschen Fabrik.
Die Wehr hat aber auch eine große Bedeutung für das Leben in der Stadt. Denn ein Großteil des Trinkwassers kommt von hier. Wir haben ein paar Fakten und Hintergründe zusammengestellt.
1. Wo der Name herkommt

"Was macht ihr heute?" Mögliche Antwort: "Wir gehen mit dem Hund in die Wehr." Sagt jemand "das Wehr", kommt er wahrscheinlich von außerhalb. Für den Namen gibt es zwei Erklärungen. Eine: Der Name geht auf den Exerzierplatz der Bürgerwehr zurück, die auf dem Gelände von 1831 bis 1864 exerzierte. Die andere Erklärung: Der Name bezieht sich auf die Stauwehre im Main.

2. Warum die Wehr wichtig für die Wasserversorgung ist

Hier entsteht Trinkwasser. Ein Großteil der Brunnen befindet sich in den Wehranlagen. 28 der 50 Brunnen, die Trinkwasser für Schweinfurt, Niederwerrn und Dittelbrunn liefern, liegen idyllisch in den Wehranlagen. Hier ist das größte Wasserschutz- und Wassergewinnungsgebiet der Stadt. Wer hier auf einem von Schweinfurts beliebtesten Jogging- und Spazierwegen entlang geht, hat auf der einen Seite den Main, auf der anderen, Richtung Sennfeld, die Trinkwasserschutzzone. Durchlaufen und Durchfahren dieser Zone ist verboten.

Das versickerte Grundwasser wird mit Brunnen gefördert und im Wasserwerk am Eingang zu den Wehranlagen aufbereitet. Das Werk verwendet sogenanntes Uferfiltrat: Wasser aus dem Main, das von natürlichen Kiesschichten 100 Tage lang gefiltert und dann aus Brunnen in der über 60 Hektar großen Trinkwasserschutzzone ins Werk gepumpt wird. Dort müssen Eisen und Mangan aus dem Wasser raus. Das geschieht so: Zunächst fällt das Rohwasser durch die Kaskade, wo es mit möglichst viel Sauerstoff in Berührung kommt. Dann muss es durch Filterbecken mit einer drei Meter dicken Schicht Quarzkies, wo Eisen und Mangan ausflocken und abgeschieden werden. Danach wird das Wasser in die Hochbehälter gepumpt und kommt dann zu den Haushalten und Betrieben.
3. Die Entstehung als botanischer Garten

Die Wehranlagen zählen zu den alten botanischen Gärten in Deutschland. Nur drei Jahrzehnte nach Gründung des ersten Parks mit damals höchst exotischen Bäumen bei Hockenheim besorgte Fabrikant Carl Sattler Pflanzen aus Nordamerika, wo ein dem Frankenland vergleichbares Klima herrscht. Unterstützt wurde Magistratsrat Sattler von Bürgermeister Carl von Schultes. Von 1870 bis 1883 zeigte er sich laut Gedenkstein freigiebig. Vor jener Zeit und insbesondere vor dem Mainausbau fand sich in diesem Bereich lediglich Auwald und Überschwemmungsgebiet.

Mit den Jahren entstand ein Park mit Radrennbahn, Tennis- und Fußballplätzen. Aus jener Anfangszeit stammen Geweihbäume, Zerreiche, Roteiche, Hickorynuss und ungarische Eiche. In den 1960ern wurde dann im Bereich der ehemaligen Gademann'schen Fabrik der Park erweitert, bevorzugt mit Pflanzen aus China, Japan und Korea. Wer spazieren geht, kann dank der Info-Tafeln auch noch einiges lernen. Über Habitatbäume zum Beispiel oder über den Gesang der Vögel. Der Saumain, das Flachwasser des Altarms des Mains, ist seit 1993 ein Naturschutzgebiet, seit 2005 Vogelschutzgebiet.

4. Der Zoo und seine Geschichte

In den Wehranlagen gab es von 1879 bis 1944 den Schweinfurter Tierpark, der großen Zuspruch fand. Begrüßt wurde man am Eingang von einem Papagei, und es gab Löwen, Tiger und Bären zu bewundern. Weiter sah man Affen, Gänsegeier, Steinadler, Stachelschweine, Zebras, Hirsche, Schafe und Ziegen, heißt es im Schweinfurtführer.
5. Beliebt bei Joggern, Walkern und Spaziergängern

Die Wehr ist der Lauftreff in der Stadt. Es gibt zwei Runden. Die kleine über 2250 Meter, die große über 3900 Meter. Wer es nicht so sportlich angehen lassen will: Durch die Parkanlage im vorderen Bereich lässt sich schön spazieren gehen, mehr Waldgefühl gibt es an der ausgewiesenen Laufstrecke hinten an der Einfahrt zum Ruderclub. Die Wege sind auch gut mit Kinderwagen oder Rollstuhl befahrbar, Hunde müssen an die Leine.
6. Fitnessprogramm im Freien

Seit 2018 gibt es in der Nähe des Ententeichs "Pfinz" einen Calisthenics-Park, sozusagen ein Freiluft-Fitness-Studio. Auf der Schweinfurter "Kraftwiese", unter diesem Namen ist der Park in den sozialen Medien zu finden, ist Training mit Eigengewicht möglich.

Verschiedene Stangen auf verschiedenen Höhen stehen für das Training zur Verfügung. Es sieht so aus, als hätte sich hier eine eingeschworene Gemeinschaft entwickelt. Wer mitmachen will: einfach vorbeikommen und sich trauen.
7. Ein Hauch von Frankreich

Kugeln klackern, Spieler fiebern mit, die Sonne flirrt: Am Boule-Platz könnte man sich wie im Frankreich-Urlaub vorkommen. Bespielt wird der Platz von den Schweinfurter Kugellegern.
8. Beliebt für Picknick, als Spielplatz und zum Ausgehen

Beliebt sind die Wehranlagen zum Grillen oder auch für ein Picknick. Aber auch zum Ausgehen kann man in diesen Teil Schweinfurts gehen. Am Pfinz, dem Ententeich, ist das Café Keks. Der Ententeich ist seit Generationen ein Anziehungspunkt für Kinder. Hinten am Schwimmclub liegt die Pizzeria Sul Meno. Es soll Leute geben, die sich nach einer Laufrunde mit einem Essen belohnen. In den Wehranlagen sind sie da genau richtig.
Quellen: Archiv Schweinfurter Tagblatt, schweinfurtfuehrer.de, Stadt Schweinfurt