„Manege frei“ hieß es am Wochenende in Werneck. Zu Gast war der Moskauer Circus, doch der Besucherandrang war spärlich. Am Familienfreitag mit verbilligten Eintrittspreisen war nur ein Viertel der Sitze belegt, auf den teureren Logenplätzen rund um die Manege herrschte sogar gähnende Leere. Noch schlimmer war es am vorangegangenen Premierentag: Da war der Andrang gleich null und der Zirkus hat gar nicht gespielt. Ein Phänomen, das Zirkus-Chef Orlando Frank dann doch recht fassungslos macht, schließlich müssen Artisten und Helfer bezahlt werden.
Das Zirkusleben umgibt eine magische Faszination: das reisende Volk, das gestreifte Zirkuszelt, der Geruch, Glitzer und Glamour mit tollen Attraktionen. Die Homepage des „Moskauer Circus“ wirbt mit einem „Feuerwerk der Sensationen“, mit phänomenalen Artisten und 100 Minuten Power-Programm.
Doch ehrlich gesagt: „Artistik vom Feinsten“ sieht anders aus. Insgesamt zehn Künstler zeigten wohlwollende 80 Minuten ein nicht wirklich atemberaubendes Programm ohne Netz und doppelten Boden. Das war zwar ganz nett anzuschauen für den verbilligten Eintrittspreis, doch bei den laut Internet fälligen 35 Euro für Erwachsene in der Loge sieht das dann schon anders aus.
Am Freitagnachmittag fehlten zumindest irgendwie Energie, Schwung und das berühmte Zirkus-Flair, vielleicht auch, weil der Zirkus seit Anfang des Jahres ohne Tiere reist. Nur ein Kamel ist weiterhin dabei, doch das ist – so der Zirkusdirektor – ein Haustier und fällt nicht unter den für Zirkustierhaltung zuständigen §11 des Tierschutzgesetzes. Die Tierschützer würden den Zirkusbetreibern das Leben schwermachen. Die Entscheidung, auf Pferde, Löwen und andere Tiere zu verzichten, ist – so Frank – „voll in die Hose gegangen“. Und so gibt es zum traditionellen Weihnachtszirkus wieder Tiere, allerdings keine Seehunde oder Nilpferde. Denn da, meint auch der Zirkusdirektor, kann der Zirkus keine artgerechte Haltung gewährleisten.
Nach der Schule in die Manege
Auch einige Kinder tummeln sich beim Zirkus, insgesamt sechs sind es momentan im Grundschulalter, die über die Stammschule der „Schule für Circuskinder NRW“ unterstützt und betreut werden. Je nach Bundesland kommt entweder die rollende Zirkusschule zu den Gastspielorten und Winterquartieren oder, wie jetzt in Werneck, gehen die vorher angemeldeten Kinder in die örtliche Grundschule, nehmen dort am Unterricht teil und schreiben Prüfungen mit. Dazu gibt es Lernpakete und Online-Kurse.
Neben dem Lernen treten die Jüngsten aber auch schon im Zirkus auf. So wie Olga, die morgens noch die Grundschulbank drückte und nachmittags in luftiger Höhe als Luna eine Akrobatiknummer zum Besten gab.
Luftnummern und Bodenakrobatik bestimmen das Programm. Die Artisten sind durchweg jung. Charlene jongliert bis zu zwölf Reifen auf ihrer Hüfte, Sergej lässt seine Muskeln an den römischen Strapaten spielen, und Erani jongliert mit Bällen und Zylindern. Das Duo Galaxy (Charlene und Sascha) bietet Partnerakrobatik, während Alexandra unter der Zirkuskuppeln erst im Luftring turnt und dann nach der Pause als Tänzerin auf dem Seil überrascht.
Katharina schließlich begeistert mit einer Tuchjonglage, und Simonetta sorgt an den Strapaten, Sascha dann als Armakrobat für einige atemraubende Momente. Der ältere „Superstar“ Anton aus Moskau schließlich wirbelt die Diabolos herum und fährt dabei Einrad.
Natürlich darf auch der Clown nicht fehlen. Doch das auf den Plakaten angekündigten Charlie-Chaplin-Double, das mit dem Slogan „Jeder Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag“ wirbt, fehlt. Dafür sorgt Charly im roten Livree mit seiner 50-jährigen Bühnenerfahrung für die typischen Lacher, besonders als er sich aus dem Publikum eine kleine Band zusammenstellt.
Am Wochenende hatte der Moskauer Circus noch weitere Vorstellungen in Werneck angekündigt, vielleicht sprang da bei volleren Reihen der berühmte Funken über, bevor der Zirkus dann nach Bamberg weiterreiste.