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Schweinfurt: Schaefflers Aufstieg begann in Oberschlesien

Schweinfurt

Schaefflers Aufstieg begann in Oberschlesien

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    Georg Schaeffler, der Firmengründer in seinem Büro in Herzogenaurach.
    Georg Schaeffler, der Firmengründer in seinem Büro in Herzogenaurach. Foto: Archiv Schaeffler

    INA, wer? Schaeffler, wer? Das fragte man sich in Schweinfurt, als das Unternehmen aus dem kleinen Städtchen Herzogenaurach, das man nur von Adidas und Puma kannte, nach FAG Kugelfischer griff und mit einem Übernahmeangebot kam, das letztlich erfolgreich sein sollte.

    Schaeffler war ein Familienunternehmen, blühte ein bisschen im Verborgenen und hat es nach dem Krieg mit seiner Spezialität, dem Nadellager, das vor allem von der Automobilindustrie verbaut wurde, auf einen Jahresumsatz von 4,5 Milliarden D-Mark gebracht.

    Die Geschichte des Unternehmens ist eng mit dem Namen Georg Schaeffler verbunden, der 1917 in Lothringen geboren wurde, nach dem Ersten Weltkrieg ins Saarland übersiedelte, wo die Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb führte. Georg Schaeffler ging andere Wege, schloss ein Betriebswirtschaftsstudium ab.

    Kriegswirtschaft macht Umstellung der Fertigung erforderlich

    Sein Bruder Wilhelm erwarb 1940 im oberschlesischen Katscher die Davistan Krimmer-Plüsch und Teppichfabriken AG, an der sich auch Georg Schaeffler beteiligte. Das Unternehmen mit einer Produktionsfläche von 40 000 Quadratmetern hatte der jüdischen Familie Frank gehört, die 1938 Deutschland verließ. Das verschuldete Unternehmen ging schon Jahre zuvor in die Hand von Banken über, die es an Schaeffler verkauften. 1942 wurde der jüdische Name getilgt, das Unternehmen als "Wilhelm Schaeffler AG" geführt. Davon wird noch die Rede sein.

    Hochzeit: Georg Schaeffler heiratet 1963 die deutliche jüngere Maria-Elisabeth Kurrsa.
    Hochzeit: Georg Schaeffler heiratet 1963 die deutliche jüngere Maria-Elisabeth Kurrsa. Foto: Archiv Schaeffler

    Die Kriegswirtschaft machte eine Umstellung der Fertigung erforderlich. 1943 entstanden die ersten Nadellager. Als Anfang 1945 die russische Arme anrückte, ging es zunächst nach Meerane in Sachsen und dann in eine ehemalige Porzellanfabrik nach Schwarzenhammer in Oberfranken, wo einfache, aber wandlungsfähige Leiterwagen zu einem dringend erforderlichen Transportmittel wurden.

    Weil sie ein Grundstück mit Gleisanschluss suchten, kamen die Brüder 1946 nach Herzogenaurach. Dort entstanden in kürzester Zeit 120 Arbeitsplätze. Zunächst wurden Dinge des täglichen Bedarfs (Leitern, Kinderroller, Knöpfe, Gürtelschnallen) gefertigt, schnell kamen Metallprodukte hinzu, mit dem Nadellager im Zentrum. Der Name INA für Industrie-Nadellager wurde etabliert.

    Sein Bruder Wilhelm, der 1981 starb, baute eine der größten Produktionen von Teppichböden und Teppichen auf.

    Schon 1953 gab es kein Auto in der deutschen Automobilindustrie, das nicht mit Lagern von INA ausgerüstet war. Unter der Führung von Georg Schaeffler erwies sich das Unternehmen als sehr erfindungsreich. Neue Produkte kamen hinzu, die Fertigungsprozesse wurden verbessert, wie es in der Firmenchronik heißt.

    In der Nachkriegszeit hochbegehrt: die Leiterwagen, mit denen Schaeffler in Herzogenaurach begann.
    In der Nachkriegszeit hochbegehrt: die Leiterwagen, mit denen Schaeffler in Herzogenaurach begann. Foto: Archiv Schaeffler

    1963 heiratete Georg Schaeffler (Jahrgang 1917) Maria-Elisabeth Kurssa, eine 22-jährige Medizinstudentin, die in Prag geboren wurde und in Wien lebte. Als Georg Schaeffler 1996 in wirtschaftlich schwieriger Zeit starb, führte sie das Unternehmen mit seinen damals 20 000 Mitarbeitern, unterstützt von externen Managern, weiter. Wie es in einem Bericht zum 100. Geburtstag Georg Schaefflers heißt, hat Maria-Elisabeth Schaeffler ihrem Mann das Versprechen gegeben, sein Lebenswerk zusammen mit ihrem Sohn Georg Friedrich Wilhelm (sein Bruder Christian Johannes war 1975 tödlich verunglückt) fortzuführen. Das sei sein Wunsch gewesen.

    "Es war keine leichte Aufgabe. Manch einer hat uns damals geraten, das Unternehmen zu verkaufen, aber das kam für mich und meinen Sohn nie in Frage. Ich war entschlossen, das Lebenswerk von Georg Schaeffler fortzuführen."

    Die Leiterwagen, mit denen Schaeffler sein Geschäft begann, waren ein Transportmittel für alle Fälle.
    Die Leiterwagen, mit denen Schaeffler sein Geschäft begann, waren ein Transportmittel für alle Fälle. Foto: Archiv Schaeffler

    Offiziell haben die Schaeffler-Brüder zu ihrer Verstrickung in die NS-Zeit nie Stellung genommen. 2009, als das Unternehmen in der Krise steckte, beauftragte Maria-Elisabeth Schaeffler den renommierten Historiker Gregor Schöllgen mit einer Untersuchung. Dieser kam zur Auffassung, dass Schaeffler in die Politik des Dritten Reiches stärker verstrickt war, als bislang angenommen. Das Unternehmen habe sich im Zweiten Weltkrieg stark in der Rüstungsproduktion (unter anderem Panzerkampfwagen, Sturmgeschütze, Flugzeugbomben) engagiert und dabei auch Zwangsarbeiter beschäftigt. Es gelte jedoch als gesichert, dass sich Wilhelm Schaeffler stets korrekt gegenüber den Kriegsgefangenen aus Polen, Frankreich und Russland verhalten habe. Dies hätten, so Schöllgen, mehrere Gefangene nach dem Krieg zu Protokoll gegeben.

    Für den Vorwurf, Schaeffler habe im Rahmen der Textilproduktion Menschenhaar verarbeitet, das aus dem Vernichtungslager Auschwitz stammte, gebe es keinen Beleg.

    Vier Jahre ins Gefängnis

    1946 wurde Wilhelm Schaeffler, der 1941 in die NSDAP eingetreten war, an Polen ausgeliefert und angeklagt, weil er im Auftrag der deutschen Regierung an der "Liquidierung des dem polnischen Staat und den polnischen Bürgern gehörenden Besitzes beteiligt gewesen zu sei". Dieser Vorwurf wurde während des Verfahrens auf jüdisches Eigentum erweitert. Schaeffler musste für vier Jahre ins Gefängnis. Das Urteil fiel milde aus, "da er keine feindlichen Tätigkeiten gegenüber den polnischen oder jüdischen Arbeitern, ausgeübt habe".

    Georg Schaeffler, der in der NSDAP über den Status eines Anwärters nicht hinauskam, musste für kurze Zeit in US-Gefangenschaft.

    Von FAG zu SchaefflerVor 20 Jahren hat das in Herzogenaurach ansässige Unternehmen INA der Familie Schaeffler den Aktionären von FAG Kugelfischer ein Übernahmeangebot unterbreitet. Zu dieser Zeit hatte die Familie Schäfer, die das Unternehmen 1885 gegründet hatte, und über Jahrzehnte erfolgreich führte, ihren Einfluss weitgehend verloren. Mit der Übernahme von acht ostdeutschen Wälzlagerherstellern waren erhebliche Verluste verbunden. Die sechsteilige Serie zeigt, wie aus Kugelfischer Schaeffler wurde.kör

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