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Schweinfurt: Florierender Cannabis-Handel schrumpft zwischen Anklage und Urteil auf Null zusammen

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Florierender Cannabis-Handel schrumpft zwischen Anklage und Urteil auf Null zusammen

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    In Schweinfurt stand ein 30-Jähriger wegen Handels mit Marihuana im Kilobereich vor dem Landgericht. Nachgewiesen werden konnte im letztlich jedoch nur der Erwerb von Amphetamin (Symbolbild).
    In Schweinfurt stand ein 30-Jähriger wegen Handels mit Marihuana im Kilobereich vor dem Landgericht. Nachgewiesen werden konnte im letztlich jedoch nur der Erwerb von Amphetamin (Symbolbild). Foto: Fabian Sommer, dpa

    Was der Oberstaatsanwalt aus der Anklageschrift verliest, lässt – sollte es zutreffen – nichts Gutes für den 30-jährigen Angeklagten vermuten. Er soll in Schweinfurt zwischen Mai 2021 und Mitte 2022 in drei Fällen Marihuana jeweils im Kilobereich von verschiedenen Personen erworben und gewinnbringend an unbekannte Abnehmer verkauft haben. 2021 sollen es drei Kilogramm "Gras" gewesen sein, die der Mann von einem mittlerweile rechtskräftig verurteilten Dealer bezogen habe, und im Folgejahr zweimal je zwei Kilogramm Marihuana.

    Darüber hinaus wirft die Anklage dem 30-jährigen Schweinfurter vor, in dieser Zeit 200 Gramm Amphetamin erworben zu haben, von dem mindestens 60 Prozent zum Weiterverkauf bestimmt gewesen seien. Insgesamt soll der Angeklagte damit rund 54.000 Euro erlöst haben. Vor einem Jahr wurde er festgenommen, seither sitzt er in Untersuchungshaft in der JVA Aschaffenburg. Vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt musste er sich nun wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen verantworten.

    Angeklagter: Nur ein Punkt stimmt

    Die beiden Verteidiger des 30-Jährigen versuchten zunächst eine "Verständigung" mit Gericht und Staatsanwalt über einen Strafrahmen im Fall eines umfassenden Geständnisses, doch ihr Mandant spielte nicht mit. Von der Anklage stimme nur ein Punkt, sagte er: Lediglich einmal habe er 100 Gramm Amphetamin für sich selbst gekauft, die drei angeklagten Geschäfte mit insgesamt sieben Kilo Marihuana hätten nicht stattgefunden.

    Also mussten die Zeugen gehört werden. Der in Hand- und Fußfesseln vorgeführte Großdealer, mit dem das erste Drei-Kilo-Geschäft gelaufen sein soll, sagte: "Meine zehn Kilo wurden gefunden. Ich habe ihm vor meiner Verhaftung kein Marihuana verkauft." Ein Bekannter von ihm, der ihn seinerzeit gefahren hatte, sprach von drei Kilogramm "Gras" in einer Tasche, bestimmt für den Angeklagten, ohne diese Menge jedoch selbst gesehen zu haben. Auch die beiden anderen Zwei-Kilo-Deals gehen auf Aussagen zweier Zeugen zurück, die selbst in die Dealereien involviert waren: einer als "Bunkerhalter", über den die Ware nach Anweisung weitergegeben werden sollte, der andere als "Verteiler" und möglicherweise auch Schuldeneintreiber des verhafteten Großdealers.

    Gericht: "Einer muss gelogen haben"

    Das Gericht machte erhebliche Widersprüche zwischen den Aussagen der beiden aus. "Einer von ihnen muss gelogen haben", so der Vorsitzende, "wir wissen aber nicht, wer an welcher Stelle und warum." Es ist aber auch einen Brief des inhaftierten Dealers in den Akten, in dem er Zahlen auflistet, die die Ermittler für Drogenschulden des Angeklagten halten. Der Oberstaatsanwalt sah die komplette Anklage als erwiesen an. Er forderte dreieinhalb Jahre Haft und die Einziehung von knapp 54.000 Euro Wertersatz. Für die Verteidigung war lediglich der Erwerb der eingestandenen 100 Gramm Amphetamin erwiesen und zu verurteilen. Sie plädierte auf elf Monate und Aufhebung des Haftbefehls.

    Genau so urteilte das Gericht. "Objektive Beweismittel haben wird nicht", sagte der Vorsitzende, sondern zwei Zeugen, "deren Aussagen stimmen können – oder auch nicht", so der Kammervorsitzende. Damit bleibe nur der Erwerb von 100 Gramm Amphetamin übrig: elf Monate Haft. Ein Jahr sei verbüßt, also sei auch der Haftbefehl aufzuheben und der Angeklagte für einen Haftmonat zu entschädigen. Der Angeklagte nahm das Urteil an. Der Oberstaatsanwalt kündigte an, er werde dagegen Revision einlegen.

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