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SCHWEINFURT: Flüchtlinge finden kaum noch Wohnungen

SCHWEINFURT

Flüchtlinge finden kaum noch Wohnungen

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    Freuen sich auf die neue Wohnung: Seit zwei Jahren lebt die sechsköpfige Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan in dieser Drei-Zimmer-Wohnung in Grettstadt, jetzt hat die Familie eine größere Wohnung in Schwebheim gefunden. Udo Wachter von der Wohnungsbörse der Diakonie begutachtet die Wohnung vor dem Auszug und wird sie an andere Flüchtlinge vermitteln.
    Freuen sich auf die neue Wohnung: Seit zwei Jahren lebt die sechsköpfige Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan in dieser Drei-Zimmer-Wohnung in Grettstadt, jetzt hat die Familie eine größere Wohnung in Schwebheim gefunden. Udo Wachter von der Wohnungsbörse der Diakonie begutachtet die Wohnung vor dem Auszug und wird sie an andere Flüchtlinge vermitteln. Foto: Foto: Irene Spiegel

    „Die Lage ist so schlimm wie noch nie.“ Seit drei Jahren hilft Udo Wachter Flüchtlingen in Schweinfurt bei der Wohnungssuche. Aktuell sind 275 Interessenten bei der Wohnungsbörse der Diakonie gemeldet. „Aber es gibt kaum etwas, zumindest nicht in Stadtnähe.“

    Tatsächlich werden nicht allzu viele Wohnungen auf den Internetportalen der einschlägigen Immobilienanbieter offeriert. Drei Treffer bei Immobilien Scout, 14 bei meinestadt.de und 22 bei Immowelt. „Aber entweder sind sie teuer oder die Vermieter wollen keine Flüchtlinge haben“, weiß Wachter. Und Sozialpädagogin Karina Kraus, die mit ihrer Kollegin Antje Dekkers die Wohnungsbörse bei der Diakonie betreut, ergänzt, dass viele Vermieter auch keine Hartz-IV-Empfänger haben wollen. Das aber seien die meisten Flüchtlinge.

    70 Wohnungen an Flüchtlinge vermittelt

    Als Udo Wachter im April 2016 gemeinsam mit Monika Hofmann die Wohnungsbörse gründete, war er optimistisch. „Damals wurden im Internet viele Wohnungen angeboten.“ 130 Anfragen habe er für Flüchtlinge an die verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften in Schweinfurt verschickt, erinnert sich Wachter. Doch das Ergebnis war ernüchternd: „Bis heute warten wir auf Antwort.“ Die Wohnungsbaugenossenschaften hätten kein Interesse, an Flüchtlinge zu vermieten. Diese Erfahrung hat der 76-jährige Geldersheimer immer wieder gemacht. Er ließ sich aber nicht entmutigen und suchte erfolgreich auf dem privaten Wohnungsmarkt. 70 Wohnungen konnten dank seines Engagements bis heute vermittelt und so rund 300 anerkannte Flüchtlinge untergebracht werden. Darauf ist Udo Wachter stolz.

    Dass er die Leitung der Wohnungsbörse im Januar in hauptamtliche Hände abgegeben hat, ist vor allem dem hohen Zeitaufwand geschuldet. „30 bis 35 Stunden habe ich in der Woche investiert“, sagt Udo Wachter. Irgendwann war ihm das zu viel. Schweinfurt sei sowieso die einzige Kommune im Regierungsbezirk gewesen, die Ehrenamtlichen die Wohnungsvermittlung überlassen habe. „Das haben wir dann moniert.“ Mit Erfolg. Die Wohnungsbörse wird nun bei der Diakonie von den beiden Sozialpädagoginnen Antje Dekkers und Karina Kraus betreut, die Ehrenamtlichen arbeiten unterstützend mit. Sie begutachten Wohnungen und prüfen, für welche Klienten auf der Liste diese geeignet sind.

    275 Wohnungsanfragen liegen vor

    Gerade hat Udo Wachter eine Mitteilung erhalten, dass in Grettstadt eine Drei-Zimmer-Wohnung frei wird. Die sechsköpfige Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan, die dort seit zwei Jahren lebt, zieht Ende des Jahres in eine größere Wohnung nach Schwebheim um. Vor Ort inspiziert Udo Wachter alle Räume: keine Mängel, alles top in Schuss. Die Diakonie wird sie nun anderen wohnungssuchenden Flüchtlingen anbieten.„Die meisten allerdings möchten in der Stadt oder stadtnah wohnen“, weiß Udo Wachter, Denn ohne Auto sei es schwer, vom Land zu den Sprach- und Integrationskursen in die Stadt zu kommen. „In Alitzheim könnten wir ein ganzes Haus vermieten, aber da will niemand hin“, verweist Wachter auf die schlechten Busanbindungen.

    Gesucht wird Wohnraum jeder Größenordnung, für Singles genauso wie für mehrköpfige Familien. Doch der Markt ist abgegrast. „In Schweinfurt ist so gut wie nichts mehr zu bekommen“, sagt Udo Wachter. Dass die leerstehenden ehemaligen US-Wohnungen in Askren Manor nicht vorübergehend für Flüchtlinge genutzt werden können, bedauert er. „Das würde die Lage deutlich entspannen.“

    Ehrenamtliche helfen bei den Formalitäten

    Der fehlende Wohnraum führt inzwischen schon Flüchtlinge in die Obdachlosigkeit. Sozialpädagogin Karina Kraus weiß von einem jungen Mann, der wegen eines Wasserschadens aus seiner angemieteten Wohnung ausziehen musste und ein halbes Jahr vergeblich nach einer neuen Wohnung suchte. Inzwischen sei er bei Freunden untergekommen. Mit Sorge blickt die Diakonie deshalb ins nächste Jahr, wenn im Zuge der Verlegung des Ankerzentrums in die Conn Barracks die Gemeinschaftsunterkunft dort aufgelöst wird. Rund 700 Menschen leben hier, viele bereits mit einer Anerkennung, hätten also schon längst ausziehen müssen. Weil aber kaum Wohnungen zu finden sind, dürfen sie bleiben.

    „Die Obdachlosigkeit wird zu einem Problem“, befürchtet Sozialpädagogin Karina Kraus. Dabei wären Vermieter mit Flüchtlingen finanziell gesehen auf der sicheren Seite. Denn solange Sozialleistungen bezogen werden, bezahlt das Jobcenter die Miete und streckt auch die Kaution vor. „40 ganz dringende Fälle“ stehen auf der Diakonieliste. Manche haben zwar schon eine Wohnung, brauchen aber eine größere, weil beispielsweise die Familie nachgezogen ist.

    Oft sind es die Ehrenamtlichen, aktuell drei Pensionäre, die durch Mund-zu-Mund-Propaganda von einer freien Wohnung erfahren, diese der Diakonie melden und dann Besichtigungstermine vereinbaren. Sie helfen den Flüchtlingen auch bei den Formalitäten rund um die Wohnungsanmietung, informieren sie über die Hausordnung, die Müllabfuhr und das Energiesparen. „Das Wichtigste aber ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung“, rät Udo Wachter allen seinen Klienten.

    Hinweis: Das Thema Wohnen ist für Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund eine Herausforderung. Die Diakonie Schweinfurt hat deshalb den Arbeitskreis Wohnen gegründet. Ehrenamtliche und Interessierte treffen sich dort zum Erfahrungsaustausch. Interessenten, die mitarbeiten möchten, können sich bei der Diakonie unter Tel. (0 97 21) 20 87-403 melden.

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