Allzuviele Fans dürfte Gaby Moreno in Deutschland noch nicht haben, das wird sich allerdings sicher sehr schnell ändern. In Lateinamerika ist sie bereits seit längerer Zeit ein Star, im großen weiten world wide web zum Beispiel wurde der Song Fuiste tú, mit dem sie im Jahr 2012 in Lateinamerika bekannt wurde, bei youtube eine Milliarde mal angeklickt. Und jetzt sang sie sich beim Schweinfurter Nachsommer in der Halle des Fresenius Medical Care in die Herzen des Publikums. Hier war die erste Station ihrer großen Europa-Tour.
Auf ihre Frage, wer im Saal denn Spanisch verstünde, meldeten sich gerade einmal eine Handvoll Gäste. Dies tat aber dem Zauber ihrer Lieder keinen Abbruch. Neben eigenen und gecoverten Songs in englischer Sprache waren es gerade die Lieder in ihrer eigenen Muttersprache, die tiefer gingen als eingangs vermutet. Sie waren auch ein schöner Beweis, dass Musik auf anderen sinnlichen Kanälen Verständigung erzeugt. Und bei Moreno ging das weit über ein bißchen Urlaubsfeeling hinaus.
Die hinreißende Stimme der Singer-Songwriterin aus Guatemala berührte ihr Publikum auch ohne deutsche Texte. Neben älteren Songs wie No estoy tan mal, Maybe today, maybe tomorrow oder Across the borderline, einem Song von Ry Cooder, den auch schon Bob Dylan, Willy de Ville oder Bruce Springsteen sangen, stellte sie auch ihr neues Album Alegoria vor. Aber Moreno, die zahlreiche Auszeichnungen und Nominierungen erhalten hat, wird nicht nur für ihre Stimme, sondern auch für ihr Schreibtalent gerühmt. Die Inhalte ihrer Texte gehen weit über Folklore hinaus. In Til waking light zum Beispiel singt sie aus der Perspektive eines Einwanderers, der den weiten Weg nach Amerika auf sich nimmt. Die Einflüsse ihres Heimatlandes Guatemala bleiben erhalten, auch wenn der neue Raum, den Moreno sich in Amerika eröffnet hat, mit einer Vielzahl von Einflüssen und Anregungen verbunden ist. Die Sängerin und Gitarristin lebt seit 20 Jahren in Los Angeles.
Sie spielte unter anderem mit Calexico, als Vorband bei Tracy Chapman oder Nouvelle Vague, zu Ehren der Nobelpreisträgerin Aung San Suu KyiNorah stand sie unter anderem mit Bono oder Bob Geldof auf der Bühne. Verglichen wird sie zu Beispiel mit Norah Jones oder Katie Melua.
Die musikalischen Wurzeln der 1981 geborenen Moreno sind tief, ihr Großvater beispielsweise textete die aktuelle guatemaltekische Nationalhymne, und sie gehen auch in die Breite, weil sie sich eines großen Spektrums musikalischer Stile zu bedienen weiß: Soul, Folk, Jazz, Blues, Rockmusik, Bossa Nova und über allem ein lateinamerikanischer Zauber, der völlig unkapriziös und ohne Allüren daherkommt. Jenseits aller Klebrigkeit spielte sie gekonnt mit Gefühlen, bravourös begleitet von ihrer "amazing" Band, Sebastian Aymanns am Schlagzeug, Martin Meißner am Klavier und Kimon Kirk an der Bassgitarre.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé, der eingangs das Publikum begrüßt hatte, erzählte die Geschichte der Maus Frederik, die trotz aller Widrigkeiten mit ihren gesammelten Sommer- und Herbstfarben ihre Sippe durch die kalten dunklen Winternächte bringt. Das Moreno-Konzert konnte dem gleichen Motiv dienen: zur wärmenden Erinnerung, wenn kältere Zeiten drohen.