Nach der erneuten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof kursiert im Internet eine Liste mit 47 Städtenamen, in denen der Online-Händler buero.de angeblich Filialen aufkaufen und vor allem erhalten möchte. Was ist dran an der Liste und den Spekulationen? Im Interview spricht der Vorstandsvorsitzende von buero.de, Markus Schön, über seine Übernahme-Pläne. Und der Unternehmer aus Detmold erklärt, welchen Eindruck er von der Schweinfurter Innenstadt hat und warum der Standort Würzburg nicht in sein Konzept passt.
Frage: Warum will ein Online-Händler wie Sie groß in den stationären Handel einsteigen?
Markus Schön: Das sind zwei Ebenen. Zum einen sehen wir, dass 544 der 1000 größten europäischen Online-Händler auch stationäre Geschäfte betreiben. Zum anderen sind wir am Thema Galeria schon lange Zeit dran und haben nach eingehenden Analysen bereits 2010 unser Interesse an Filialen der damals noch eigenständigen Karstadt-Kaufhauskette hinterlegt. Das haben wir dann auch im Zuge der Übernahme von Galeria Karstadt Kaufhof durch die Signa Holding von René Benko im Jahr 2018 noch einmal bekräftigt. Unsere Beschäftigung mit dem Thema ist also nicht neu.
Worauf beruht Ihr großes Interesse?
Schön: Ich bin der Meinung, dass starke Marken in der Innenstadt gemacht werden. Deshalb streben wir auch in den stationären Handel und in die Innenstädte, und zwar in die Innenstädte mittelgroßer Städte, weil wir dort am besten gestalten können.
Wie Schweinfurt und Aschaffenburg.
Schön: Genau.
Was sprach gegen den Standort Würzburg?
Schön: Die Liste der 47 Standorte ist eine Positivliste, bei der wir Maßstäbe angelegt haben, bei denen wir überzeugt sind, diese erfolgreich zu machen. Es geht insbesondere darum, Standorte zu haben, an denen man eine Sogwirkung für die jeweilige Innenstadt erreichen kann und einmalige Einkaufserlebnisse für die Kundinnen und Kunden möglich werden. Hier haben wir bei Würzburg nicht das Potenzial unseres Ansatzes gesehen. Wir hoffen aber, dass es auch für alle Standorte, die für uns nicht interessant sind, ein gutes Konzept gibt, mit dem die Standorte fortgeführt werden können.

Inwieweit waren Sie an die Auswahl der Standorte selbst beteiligt?
Schön: Für die Erstellung der Gesamtliste haben eine Reihe an Mitarbeitenden zugearbeitet, aber der letztliche Beschluss, welche Standorte infrage kommen, musste natürlich durch das Management getroffen werden. Für die Entscheidungsfindung wurden sehr viele Analysen angestellt und harte Fakten gesammelt. Als die Liste dann feststand, habe ich jeden einzelnen Standort auch einmal persönlich besucht, um auch ein "Bauchgefühl" für die Situation vor Ort zu bekommen.
Und welches Gefühl hat Ihnen die Schweinfurter Innenstadt vermittelt?
Schön: Da muss ich jetzt vorsichtig sein. Ich würde sagen, sie hat nicht den Eindruck einer dynamisch-aufstrebenden Innenstadt vermittelt. Das bedeutet aber nicht, dass man das nicht ändern kann, und genau das ist unser Anspruch.
"Die Schweinfurter Innenstadt hat nicht den Eindruck einer dynamisch-aufstrebenden Innenstadt vermittelt."
Investor Markus Schön über Schweinfurt
Branchenexperten sagen, der Betrieb von Warenhäusern ist komplex und herausfordernd. Wieso gehen Sie als Neueinsteiger davon aus, damit erfolgreich sein zu können?
Schön: Ich mag den Begriff "Neueinsteiger" nicht. Wir sind ja schon sehr lange und erfolgreich im Online-Handel tätig. Nach dem Beschluss, dass wir auch im stationären Handel wachsen möchten, haben wir in Frankfurter Raum auch bereits drei Bürohandelsstandorte übernommen. Wir haben also durchaus Expertise und das, was wir uns im Hinblick auf die Galeria-Übernahme vorstellen, ist konzeptionell schon sehr weit.

Was sieht dieses Konzept aus? Welches Warenangebot planen Sie? Büro- und Schulbedarf?
Schön: Die Kaufhäuser sollen Vollsortimenter bleiben. Das Angebot, das Sie aktuell in den Galeria-Filialen vorfinden, soll es also auch nach unserer Übernahme mit leicht anderen Schwerpunkten so geben.
Ist das so einfach möglich als Anbieter von Schreibwaren plötzlich auch Kleidung in die Produktpalette mit aufzunehmen?
Schön: Kleidung ist ein gutes Beispiel. In Schweinfurt werden etwa 50 Prozent des Umsatzes mit Kleidung und Schuhen generiert. Da gibt es natürlich bestehende Lieferantenbeziehungen, die wir dann übernehmen möchten. Und beim Thema Logistik – also wie transportiere ich eine Ware von A nach B – ist es letztlich egal, ob man Ordner oder Hosen liefern lässt. Da bringen wir selbst viel Know-how mit, aber die langjährigen Mitarbeiter vor Ort natürlich auch.
Das sind bei den 47 Filialen knapp 6000. Werden Sie alle Mitarbeitenden übernehmen?
Schön: Ja. Wir schließen betriebsbedingte Kündigungen aus. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kaufhäuser sind ihr größter Schatz. Sie sind der Faktor, weshalb der Kunde überhaupt dort einkaufen möchte, weil er fachkundige und kompetente Beratung vor Ort wünscht. Darauf bauen wir.
"Wir schließen betriebsbedingte Kündigungen aus."
Markus Schön zur Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einer Übernahme
Die Kaufhäuser, die Sie übernehmen möchten, beschreiben Sie als größtenteils nicht profitabel. Trifft das auch auf die Schweinfurter Filiale zu?
Schön: Dass bei den Kaufhäusern von Galeria Karstadt Kaufhof in der Breite ein Rentabilitätsproblem vorliegt, ist ja offensichtlich, sonst hätte man nicht Insolvenz anmelden müssen. Zu den einzelnen Standorten möchte ich keine Aussage machen, weil dies einem Externen nicht zusteht. Hier geht es um Existenzen und Arbeitsplätze. Wenn man als Investor von vornherein mit dem Finger auf einzelne zeigt und sagt, das läuft nicht gut, ist das keine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit. Ich möchte zwischen den Mitarbeitern der 47 Kaufhäuser vielmehr ein Gemeinschaftsgefühl herstellen: Wir alle zusammen ziehen an einem Strang und können damit erfolgreich werden.
Die Profitabilität wollen Sie mit einem "neuen Einkaufserlebnis" herstellen. Was verstehen Sie darunter?
Schön: Solange wir den Zuschlag für die Kaufhäuser noch nicht haben, möchte ich möglichen Wettbewerbern nicht zu viel verraten. Generell möchten wir aber erreichen, dass die Menschen unsere Standorte gerne besuchen. Das geht nur, wenn das Ambiente in Auftreten und Umsetzung zeitgemäß daherkommt.

Haben Sie ein Beispiel?
Schön: Ein Beispiel wären die Umkleidekabinen, die wir mit digitalen Lösungen kombinieren möchten. Man will wissen, ob das Lieblingshemd, das man gerade nicht anhat, zu der Hose passt, die man im Laden anprobiert? Das könnte man sich am Spiegel in der Umkleide dann digital ergänzen lassen. Oder die Hose ist nicht in der richtigen Größe verfügbar? Dann kann man sie vor Ort bestellen und nach Hause, aber auch zu einer weiteren Beratung in die Filiale liefern lassen.
Damit diese Vision Realität wird, muss Galeria an Sie verkaufen. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Schön: Diese Frage kann ich nicht beantworten. Wir haben unser großes Interesse an einem Kauf signalisiert, aber zu einer erfolgreichen Transaktion braucht es auch die Seite, die verkaufen will. Ein Gespräch mit dem Insolvenzverwalter von Galeria wird es in Kürze geben, danach wissen wir mehr.
Markus Schön und buero.deDer Vorstandsvorsitzende von buero.de ist ausgebildeter Bankkaufmann und studierte berufsbegleitend BWL. Zur Unternehmensgruppe des 48-Jährigen aus dem nordrhein-westfälischen Detmold zählen vier operative Gesellschaften und eine gemeinnützige Stiftung. Markus Schön ist Vorstandsvorsitzender der buero.de Handel AG sowie Geschäftsführer der buero.de Handel Region Mitte GmbH und der Vermögensverwaltung Schön & Co. GmbH.Das Unternehmen buero.de, das heute online Büro- und Schulbedarf vertreibt, hat seine Anfänge in den 1990er Jahren, 2021 wurde das Unternehmen in eine AG überführt. Als Wachstumsziel gab der Vorstandsvorsitzende gegenüber der Fachzeitschrift BusinessPartner PBS an, den Umsatz von buero.de in den kommenden Jahren auf 250 Millionen Euro steigern zu wollen. Sollte die Übernahme der Galeria-Kaufhäuser gelingen, würde dies das Unternehmen laut Schön jedoch "in eine komplett andere Liga bringen".Quelle: Markus Schön | www.northdata.de | www.pbs-business.de