Auf dem Hambacher Lindenhof ist in normalen Zeiten ein reges Treiben die Regel. 80 Eigen- und Pensionspferde sind auf dem Reiterhof untergebracht. Das Gelände ist weitläufig, verfügt über eine Reithalle und mehrere Außenanlagen. Dann kam Corona. Dann kamen die Ausgangsbeschränkungen. Und auf dem Lindenhof wurde es etwas "gespenstisch", findet Hofbesitzer Gerold Ort im Rückblick auf die ersten Tage der neuen Realität, die selbstredend auch für den gesamten Reiterhof zu einer großen Herausforderung wurde.
Die Verunsicherung bei den Pferdebesitzern war zum Beginn der Epidemie und den damit einhergehenden geltenden Maßnahmen immens. Schließlich sind die Tiere auf die Pflege durch ihre Halter angewiesen. Kann ich noch zu meinem Pferd? Was ist auf der Anlage dann erlaubt und was nicht? Es wäre fast logisch gewesen, die Pferdehalter mit all den Verboten zu konfrontieren.
Das Lindenhof-Team wählte einen anderen Weg. "Wir haben versucht, den Leuten Gebote anstatt Verbote und Vorschriften zu vermitteln", erzählt Ort, der sich seit dem Beginn der Corona-Krise im ständigen engen Austausch mit den Behörden und der FN, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, befindet.
Jede Menge Eigenverantwortung
Dazu gehörten natürlich auch die jetzt überall gängigen Hinweise auf die allgemeinen Hygienemaßnahmen und die Einhaltung des Mindestabstands. Erlaubt war die letzten Wochen ausschließlich die Versorgung der Pferde, durchgeführt von einer Person pro Tier. Die Durchführung und Einhaltung überließ man am Hambacher Reiterhof den Reitern in Eigenverantwortung.
Die von den Behörden empfohlene Höchstverweildauer eines Reiters von 90 Minuten wird vom Lindenhof von seinen Reitern nicht explizit eingefordert. Auch auf eine strikte Anwesenheitsliste, wann wer im Stall sein darf, wird verzichtet. Ein Vertrauensvorschuss, der laut Ort bislang belohnt wurde. Er ist sehr zufrieden mit der disziplinierten Umsetzung. "Wir haben das vorbildlich hinbekommen", findet er.
Ein Besuch vor Ort bestätigt das. Viele Menschen sind auf dem Lindenhof nicht zu sichten, und wenn, dann alleine mit Pferd, mit jeweils gebührendem Abstand zum nächsten Mensch-Pferd-Paar. Dank der großzügigen Reitflächen ist die Einhaltung der vorgeschriebenen Obergrenze von vier Pferden auf einer Bewegungsfläche von 20 mal 40 Metern auf dem Lindenhof auch problemlos einzuhalten.
Besonders ausgebremst von Corona wurden vor allem die vielen Sportreiter auf dem Lindenhof. Lediglich ein "kontrolliertes Bewegen der Pferde", das notwendig ist, um die Gesundheit der Tiere aufrechtzuerhalten, war die letzten Wochen durch die Behörden erlaubt.

Ab 11. Mai profitieren die Sportler und ihre Pferde nun von den kürzlich beschlossenen Lockerungen. Reitsport ist dann im Trainingsbetrieb wieder möglich. Reitturniere hingegen sind auf absehbare Zeit weiter unwahrscheinlich. "Unser Pfingstturnier haben wir natürlich längst abgesagt", sagt Ort: "Unser internationales Vielseitigkeitsturnier im August hängt noch in der Luft. Wir haben da schon alle Varianten durchdacht, unter anderem ein Turnier ohne Zuschauer."
Viel spricht allerdings nicht für eine Durchführung. Auch wenn diverse Spitzenreiter, die händeringend auf der Suche nach Vorbereitungsturnieren für die Olympischen Spiele nächstes Jahr in Tokio sind, regelmäßig am Lindenhof durchklingeln. "Aber was soll das bringen?", fragt sich Ort: "Ich möchte auch nicht die Gesundheit meiner Familie und meiner freiwilligen Helfer gefährden, nur um ein Turnier irgendwie durchzuziehen. Schließlich ist die Gesundheit das allerhöchste Gut, das wir haben."
Finanziell unabhängig
Finanziell ist der Lindenhof ohnehin nicht abhängig von den Turnieren. Der Hof ist auch durch die Corona-Krise nicht in seiner Existenz gefährdet. "Manchmal muss einfach die Vernunft siegen", so Ort. Mit diesem Motto scheinen alle Beteiligten am Lindenhof seit Wochen gut zu fahren.