Vor knapp 300 Jahren sind in Zeiten bitterer Not Gerolzhöfer Familien in einem großen Treck in Richtung Osten aufgebrochen, um im Raum des heutigen Elek (Ungarn) und des heutigen Sanktmartin (Rumänien) dort das öde Land neu zu besiedeln. Seit 1988 besteht bereits ein Freundschaftsvertrag zwischen der Gemeinde Elek und Gerolzhofen. Im Jahr 2008 wurde dann offiziell eine Städtepartnerschaft geschlossen. Und so reisen regelmäßig Gerolzhöfer zum alle zwei Jahre stattfinden Weltfreundschaftstreffen in die ungarische Partnerstadt. Vor wenigen Tagen war wieder eine kleine Delegation in Elek, mit Bürgermeister Thorsten Wozniak und dem 2. Bürgermeister Erich Servatius an der Spitze.
Auf dem umfangreichen Programm standen unter anderem Besprechungen und der Austausch mit Eleks Bürgermeister György Szelezsán und der Eleker Verwaltung, Treffen mit Vertretern des Vereins der Deutschen in Elek, Besuche des Schwäbischen Binkelballs und der Ausstellungseröffnung "Irgendwo in Russland" sowie die Teilnahme an Kulturveranstaltungen und kulturellen Aufführungen der rumänischen und slowakischen Minderheiten. Vom Besuch berichtet Bürgermeister Wozniak in einer Pressemitteilung.
Bürgermeister führt durch Elek
Die Besucher aus Unterfranken unternahmen gemeinsam mit Bürgermeister Szeleszán und László Wittmann (Deutsche Selbstverwaltung in Elek) eine Stadtführung durch Elek. Dabei wurden aktuelle Baustellen besichtigt, darunter der Neubau der Kinderkrippe und der geplante Neubau eines Kindergartens, neu errichtete Spielplätze und das Gelände, auf dem ein kleiner neuer Wald entstehen soll.
Natürlich erfolgte auch heuer wieder der festliche Einzug zum Festplatz (Laudenbacher Platz) mit Pferdekutschen. Ebenso wurden an verschiedenen Denkmälern Kränze niedergelegt, unter anderem am Gedenkkreuz neben der Kirche "Mariä Heimsuchung", an der Landesgedenkstätte zur Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn, an der renovierten Gedenkstätte am Eleker Friedhof und am "Deutschen Haus".

Festgottesdienst in der Kirche
Besondere Erlebnisse waren außerdem der Festgottesdienst am Sonntag und die feierliche Grenzöffnung zwischen Elek und der rumänischen Nachbargemeinde Grăniceri: Alle zwei Jahre wird anlässlich der Weltfreundschaftstreffen die direkt hinter Elek liegende Grenze für zwei Tage geöffnet. Viele Bürger aus Rumänien und Ungarn nutzen dann die Gelegenheit zu einem Besuch in den Nachbargemeinden, die nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegen. Da Rumänien nicht zum Schengen-Raum gehört, werden Personengrenzkontrollen durchgeführt und nicht alle Grenzstraßen sind regelmäßig geöffnet.
Bei der Eröffnung des Weltfreundschaftstreffens am Freitagnachmittag betonte Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak die Bedeutung der europäischen Partnerschaften, insbesondere "in diesen bewegten Zeiten". Wozniak sagte, dass insbesondere die Jugend unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie litt. "Und jetzt machen sich Kinder und Jugendliche Sorgen und Gedanken um den Krieg in der Ukraine, die weltweiten Fluchtbewegungen, Krisen und natürlich um den Klimawandel."
"Schüleraustausch ist wichtig"
Noch vor kurzem, so Wozniak weiter, seien Frieden in Europa die Normalität, für die jungen Menschen Reisefreiheit oder kultureller Austausch in der EU selbstverständlich gewesen. Dann kam Corona, so Wozniak weiter, dann der Krieg. Deshalb war es sehr erfreulich, sagte Bürgermeister Thorsten Wozniak, "dass wir vor wenigen Wochen wieder Schülerinnen und Schüler aus Elek in Gerolzhofen begrüßen durften. Dieser Austausch ist wichtig, um junge Menschen für unseren europäischen Gedanken zu begeistern."
Im kommenden Jahr 2023 wird voraussichtlich in beiden Städten das Partnerschaftsjubiläum gefeiert (15 Jahre). Im Jahr 2024 steht dann die 300-Jahr-Feier der Auswanderung von Gerolzhöfer nach Elek an. Dieses Jubiläum soll Elek groß gefeiert werden.
Festakt in Sanktmartin
Im Rahmen des Weltfreundschafstreffen in Elek besuchte die Gerolzhöfer Delegation dann auch Feierlichkeiten in Sanktmartin im Banat in Rumänien. Dort wurden ein Festgottesdienst gefeiert und ein großer Festakt abgehalten. Anlass war die erste Besiedelung von Sanktmartin vor 300 Jahren. Vor 298 Jahren sind auch zahlreiche Gerolzhöferinnen und Gerolzhöfer nach Sanktmartin ausgewandert und prägten in der Folge stark die weitere Entwicklung des Dorfes.

Im Rahmen des Festakts wurden auch die Sanierung der Heimatkirche, der Friedhofskapelle und des Friedhofseingangstores gefeiert. Diese Sanierungsmaßnahmen wurden durch finanzielle Mittel der Gemeinschaft "Die Samatimer", in der sich ehemalige vertriebene Bewohner von Sanktmartin und deren Nachkommen zusammengeschlossen haben, ermöglicht.
Hochrangige Gäste
An den Feierlichkeiten nahmen unter anderem auch Konsulin Regina Lechner vom deutsches Konsulat in Temeswar, Christian Knauer, Landesvorsitzender des Bunds der Vertriebenen Bayern, Abgeordnete des rumänischen Parlaments sowie Bürgermeister aus Ungarn, Rumänien und Deutschland teil. Zu den Rednern zählten unter anderem auch Eleks Bürgermeister György Szelezsán und Joschi Ament, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen.

"Der Krieg in der Ukraine, die Klima- und die Energiekrise stellen Europas Einheit auf die Probe. Es ist deshalb wichtig, Brücken zwischen den Menschen zu bauen", sagte der Gerolzhöfer Bürgermeister Thorsten Wozniak. "Zu den ersten Brückenbauer in Europa zählten die Frauen und Männer, die vor 300 Jahren in Gerolzhofen starteten und die Dörfer Elek und Sanktmartin mit aufbauten." Deshalb sei es wichtig, sich an die Wurzeln und damit an gemeinsame Kultur, Brauchtum und Tradition zu erinnern und weiterhin zur Verständigung der Menschen beizutragen, wie in diesem Fall zum Miteinander zwischen Rumänen, Ungarn und Deutschen.