"Bauer Willi" ist im Internet eine feste Größe: Er hat das Talent, aktuelle Themen aus der Landwirtschaft provokativ, aber auch unterhaltsam aufzubereiten. "Bauer Willi" ist Dr. Willi Kremer-Schillings. Der Agraringenieur bewirtschaftet einen 40-Hektar-Betrieb im Rheinland. Er hatte jetzt die Idee, ein grünes Kreuz aufzustellen, mitten auf seinem Feld neben einer viel befahrenen Bundesstraße. Viele Landwirte tun es ihm nun gleich. Der Bayerische Bauernverband (BBV) in den Kreisen Schweinfurt und Haßberge
fordert seine Mitglieder zum aktiven Mittun auf.Die Bauern wollen mit den grünen Kreuzen ihre Sorgen über das Agrarumweltpaket zum Ausdruck bringen, das die Bundesregierung Anfang September auf den Weg gebracht hat. Dabei geht es unter anderem um die Verbesserung des Tierwohls und es soll zunächst 75 Prozent weniger Glyphosat eingesetzt werden, ehe es komplett verboten wird. Darüber hinaus sollen Landwirte verpflichtet werden, weitere Rückzugsflächen für Insekten zu schaffen. Viele Landwirte erleben gerade das letztgenannte Vorhaben als Vertrauensbruch: Jahrelang sei die großzügige Ausdehnung von Schutzgebieten in bestehende landwirtschaftliche Flächen hinein nur als "unverbindliche Fachplanungen" gerechtfertigt worden – verbunden mit attraktiven Förderangeboten. Die jetzt in Aussicht gestellten Auflagen seien jedoch "enteignungsgleich", heißt es aus dem Bauernverband. Der Vorsitzende des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, bezeichnet das Agrarpaket deshalb als "für die Bauern toxisch".
"Fauler politischer Deal"
Der Präsident des unterfränkischen Bauernverbands, Stefan Köhler, kritisiert das Agrarumweltpaket als einen "faulen politischen Deal". Als Beleg für sein vernichtendes Urteil führt er die Situation der Wiesenweihe im Ochsenfurter Gau an: Pflanzenschutzmittel werden dort bereits vor der Brutzeit der Wiesenweihe ausgebracht, die Bestände hätten sich aufgrund der schon getroffenen Landschaftsschutzmaßnahmen deutlich erholt. Das Agrarumweltpaket sehe trotzdem noch einen verminderten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vor. Dies führe zu verminderten Erträgen und Einkommenseinbußen für die Landwirte.
Ein weiterer Kritikpunkt von Köhler: Die zunehmende Zahl der Bio-Betriebe führe zu einem erhöhten Angebot von Bio-Produkten. Die Zahl der Verbraucher, die bereit seien, den etwas höheren Preis für Bio-Produkte zu zahlen, nehme aber nicht in dem gleichen Maß zu. Die Folge: Der Preisdruck auf Bio-Produkte werde steigen und bei den Produzenten zu finanziellen Einbußen führen.
Kritik am Ministerpräsidenten
Stefan Köhler wirft Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, dass dieser die Grünen jetzt "links überholen will". Söder folge einem "gesellschaftlichen Mainstream", der aber nur unzureichend durch wissenschaftliche Forschung belegt sei. Die Landwirtschaft werde von vielen in Verantwortung genommen für viele Probleme wie Belastung der Gewässer, Insektensterben, Reduzierung der Artenvielfalt. Gefordert sei aber eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, um diesen Problemen Herr zu werden. Dazu würden die Bauern gern ihren Anteil leisten. So könne die Grüne-Kreuz-Aktion Anlass für jeden sein, sein konkretes Verhalten in Richtung Umweltschonung zu verändern.
In der Region zwischen Steigerwald und Mainschleife stehen bereits zahlreiche grüne Kreuze auf den Feldern. In Gernach (Lkr. Schweinfurt) hat der stellvertretende BBV-Ortsobmann Roland Back ein solches Mahnzeichen aufgestellt. Denn ihm und seinen Kollegen, Frank Mauder und Alban Weilhöfer, macht das Agrarumweltpaket auch Sorgen: "Die Zukunft und der Stellenwert der Landwirtschaft wird immer schwieriger", sind sich die drei einig. Die grünen Kreuze seien gedacht als Mahnung gegen die steigende Zahl von Auflagen für Landwirte, gegen die überzogene Bürokratie, gegen Dumpingpreise für Essen, ungebremsten Flächenverbrauch und unfaire Handelspolitik.
Die drei Landwirte bringen ein konkretes Beispiel, um ihre Sorgen zu verdeutlichen: Nach den Vorgaben des geplanten Tierwohllabels sollen beispielsweise Schweine erheblich mehr Platz haben als bisher. Die baulichen Maßnahmen, die dafür erforderlich sind, verursachen Kosten, die auf den Verbraucher umgelegt werden müssen. Die Folge: Das Fleisch wird teurer. Die Konsumenten würden aber zumeist dem billigsten Erzeugnis den Vorzug geben, wie eine aktuelle Untersuchung des Bundesverbands der Verbraucherschützer belege. "Damit sind dann Importprodukte, die unter weniger strengen Bedingungen erzeugt werden, im Wettbewerbsvorteil", sagt Roland Back. Die Gewinnspanne der regional produzierenden Landwirtschaft sinke dadurch weiter und es sei zu befürchten, dass dies vor allem kleinere landwirtschaftliche Betriebe letztlich in die Knie zwingen wird.