In Bayern soll es künftig wesentlich mehr staatliche Grundwasser-Messstellen geben: Statt 600 wie bisher sollen es Ende 2023 landesweit 1500 sein. Das erweiterte Netz soll mehr Aufschluss darüber geben, wie es im Grundwasserkörper aussieht. Der gilt in großen Teilen Unterfrankens als Nitrat-belastet und damit als rotes Gebiet. Im Landkreis Schweinfurt, zwischen Geldersheim und Sömmersdorf, gab Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Dienstag den Startschuss für die Bohrung einer neuen Messstelle.
Weil auf die Landwirte durch die neue, verschärfte Düngeverordnung ab 2021 stärkere Auflagen für die Bewirtschaftung der roten Gebiete zukommen – beispielsweise 20 Prozent weniger Düngung, Sperrfristen für das Ausbringen von Gülle, Pflicht zur Zwischenfrucht – , hatten sie auf eine kleinteiligere Messung gedrängt. Damit sollen die Messungen auch bundesweit vergleichbar werden.
Bislang stützten sich die Bundesländer auf unterschiedlich dichte Messnetze und handhabten damit die Ausweisung roter Gebiete auch unterschiedlich. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) reagierte und ließ eine bundesweit geltende Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) erarbeiten.
Bayern hatte bereits im Frühjahr 2019 beschlossen, das Netz auszubauen mit Messstellen durchschnittlich alle 50 Quadratkilometer. Und zur Ausweisung als rotes Gebiet solle möglichst nicht nur eine Messstelle genügen, so Glauber. Bislang seien 150 neue Messstellen bereits dazu gekommen. Das Ziel von von 1500 bis 2023 sei "sportlich".
Mit Vertretern des zuständigen Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen, der Landwirtschaft und der Politik gab der Umweltminister am Dienstag die im Landkreis Schweinfurt die neue Bohrstelle frei. Die geringen Niederschläge gerade in Franken verschärften das Problem der Trinkwassergewinnung, sagte Glauber. Es brauche in den nächsten Jahren andere Strategien zur Versorgung in der Region: Wasser müsse in die Fläche gebracht und dort gehalten werden.
Mit Niederschlägen von nur 450 Millimeter pro Jahr habe man hier den trockensten Bereich Bayerns, so Leonhard Rosentritt, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen. "Nordjordanische Verhältnisse", ergänzte Schweinfurts Landrat Florian Töpper. Die Auflagen der Düngeverordnung könnten bei manchen landwirtschaftlichen Betrieben an die Existenz gehen, so seine Befürchtung. Gleichzeitig müsse mit der "notwendigen Ernsthaftigkeit" das Problem der roten Gebiete und die Sicherung des Grundwassers angegangen werden, so Töpper.
Angesichts der geringen Sickerwassermenge in Unterfranken sei die Nitratkonzentration selbst bei geringen Stickstoff-Salden immer noch zu hoch, hielt Eugen Köhler, Bezirksgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), fest. "Wir brauchen andere Maßnahmen und Betrachtungen".
Den zeitlichen Druck durch die seit Mai geltende neue Düngeverordnung kritisierte Claus Hochrein von "Landwirtschaft verbindet Bayern", vormals "Land schafft Verbindung (LSV)". 55 mögliche neue Stützmessstellen habe der LSV gemeinsam mit BBV und Weinbauverband für Unterfranken gemeldet. Jetzt habe man aus dem Ministerium Nachricht erhalten, dass sie noch nicht eingerichtet werden könnten. "Wir müssen aber ab 2021 die Düngeverordnung umsetzen", warnt Hochrein. Unter Druck stünden die Landwirte nicht erst 2023.
Jede gemeldete Messstelle zu prüfen, das brauche Zeit, erwiderte Glauber. Und man müsse zwischen Stützmessstellen und Wasserrahmenrichtlinien-Messstellen unterscheiden. Er bemühe sich seit einem Jahr um das Thema, so der FW-Minister. Das Problem sei 15 Jahre alt - "da wurden viele Strategiefehler gemacht".
Die mangelnde Planungssicherheit für Tierhalter prangerte indes BBV-Kreisobmann Michael Reck an. Sie müssten Güllelager für bis zu 100 000 Euro bauen, um dann eventuell doch aus den rot ausgewiesenen Gebieten zu fallen. "Wir brauchen eine ehrliche Übergangsfrist, nicht nur bis zum 1. Januar 2021", so Recks Forderung.