Die ersten machen sich schon auf den Heimweg, da sitzt Rolf Sachs noch immer im Eingang der Kunsthalle an einem Tischchen und signiert die Kataloge zur Ausstellung, die der Kamerakunst seines Vaters Gunter Sachs (1932-2011) gewidmet ist. Rolf Sachs macht das mit viel Geduld, mit viel Charme und mit viel Humor. Und wer ein Foto mit ihm möchte, kein Problem. Es scheint ihn auch stolz zu machen, seinem Vater hier nahe zu sein, in der Stadt, die den Aufstieg und Erfolg der Familie ermöglicht und erlebt hat.

"Schade, dass mein Vater das nicht mehr erlebt hat. Sein Herz wäre aufgeblüht", sagt Rolf Sachs, als er dem Eröffnungspublikum seinen Vater als Künstler und Persönlichkeit vorstellt, sein persönliches Bild zeichnet. Wer so in der Öffentlichkeit stand, in den Klatschspalten ebenso zu Hause war wie im Jetset, hat viele Gesichter. Einfühlsam, scheu, vielseitig, großzügig, komplex, die Begriffe verbinde man ebenso mit dem Namen Gunter Sachs wie Erotik. "Leben und leben lassen", für Rolf Sachs kennzeichnet das seinen Vater sehr gut.

Einen sensiblen Ästheten nennt er den Vater, den die Schönheit von Frauen berührt habe: die innere wie die äußere. "Er respektierte und bewunderte Frauen." Sachs sagt das sicher auch, um zu zeigen, dass sein Vater mehr war, als das Etikett, mit dem er am meisten versehen wurde und wird: Playboy. Er sagt das sicher auch, um zu zeigen, dass die Aktaufnahmen, die Gunter Sachs gemacht oder gesammelt hat, nicht nur ein Spiegel ihrer Zeit sind. In seinen Augen sind sie wohl vor allem eine Hommage an Schönheit und Ästhetik, mehr als bloße Erotik. Die Fotos oder manche Werke ecken bei manchen an, stoßen auf Ablehnung, merkt man beim Rundgang.

Familiengeschichte trifft Industriegeschichte
Die Kamerakunst ist im ehemaligen Sachsbad zu sehen, 1933 von Rolf Sachs' Urgroßvater gebaut. Von der Leidenschaft des Vaters für Kunst spannt der Sohn einen Bogen zur Familien- und Wirtschaftsgeschichte. Hier begann der Aufstieg der Familie. "Meine Familie hat das große Glück, sich überall zu Hause zu fühlen. Ohne Schweinfurt wäre das nicht möglich gewesen." Als die Firma 1977 verkauft wurde, habe ihn das betroffen gemacht. Wirtschaftlich war das die richtige Entscheidung, sagt Sachs. "In dieser Rezession hätte sich die Familie schwer getan, das Eisen stemmen zu können".
Fotografie sei die schönste der ernsten Beschäftigungen in seinem Leben, zitiert Otto Letze vom Institut für Kulturaustausch Gunter Sachs. Auch er sieht eine schillernde Persönlichkeit und bewundert sie. Nicht nur, weil er Kunst sammeln und machen konnte. Auch weil er das Bild Deutschlands damals entspießert hat, mit seiner Weltläufigkeit und seinem Lebenshunger. Und der Ehe mit einem Filmstar und Sexsymbol. "Er hat Brigitte Bardot geheiratet. Da waren wir wieder wer! Das war ein Ding."
Sie waren ein Traumpaar: Brigitte Bardot und Gunter Sachs. Das Video zeigt einige Momente ihres gemeinsamen Lebens.
Die Kunsthalle ist proppenvoll an diesem Abend. Der Namen Sachs zieht eben immer noch. Bei der ersten Ausstellung der Sammlung von Gunter Sachs 2013 kamen 65 000 Besucher , sagt OB Sebastian Remelé. Stellenweise muss man sich regelrecht durchkämpfen, durchs Gewusel. Das ist aber auch eine nette Gelegenheit, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, die eine oder andere Sachs-Anekdote aufzuschnappen. Oder beim Quiz mitmachen: Ist das Brigitte Bardot auf dem Bild oder Claudia Schiffer? Die Ähnlichkeit der beiden Sachs-Musen ist stellenweise frappierend.
Großes Gedränge zur Eröffnung

Man kann sich aber gedrängelbedingt auch ein paar Besucher-Outfits näher anzuschauen. Es ist alles vertreten. Vom Galerieprofi mit schwarzem Anzug und weißen Turnschuhen über die fröhlich bunte Künstlerseele und die Society-Lady bis zum Rausputz-Verweigerer. Man kann aber auch gemeinsam versuchen zu rätseln, wer die Leute sind, die der Bunte-Fotograf ablichtet. Oder überlegen, ob Rolf Sachs tatsächlich wieder ein Geschirrtuch um den Hals trägt, oder ob das ein Designer-Teil ist.
An diesem Abend steht aber nicht nur die Familie Sachs im Mittelpunkt. Museumsleiterin Andrea Brandl holt ihr Team zum Schluss des offiziellen Rede-Teils in einer schönen Geste nach vorne ans Rednerpult. Die Ausstellung in zweieinhalb Wochen auf die Beine zu stellen, sei eine enorme Leistung. "Ihr seid großartig!"

"Das schau ich mir nochmal in Ruhe an." Den Satz hört man öfter an diesem Abend. Bis 16. Juni ist die Kamerakunst zu sehen. Wer sich für einen weiteren Blick auf die Person Gunter Sachs interessiert: Am Donnerstag, 4. April, um 19 Uhr spricht Main-Post Kulturredakteur Mathias Wiedemann mit dem Fotografen Werner Pawlok. Arbeiten von ihm sind in der Ausstellung zu sehen.