Christian Nowag ist nicht Arjen Robben. Der 21-jährige Sachse sieht sich als Teamplayer. Und auch wenn er derzeit im Schweinfurter Bundesleistungszentrum mit dem Hirschfelder Lokalmatadoren Simon Stock um die Teilnahme an den „Euroskills“ im belgischen Spa ringt, würde er dem Kollegen „niemals das Gas abstellen“. Gas brauchen die beiden – etwa, um heiß zu löten oder zu schweißen, denn die beiden Kollegen und Kontrahenten sind Anlagenmechaniker, formen aus Kupferrohren ganze Heizungskreisläufe.
Die „Euroskills“, also die Europameisterschaften der Handwerker, finden Anfang Oktober statt. Seit Beginn dieser Woche trainieren im bundesweit einzigen Leistungszentrum zwei Anlagenmechaniker und die beiden Spengler Christian Uetz (21, Freiburg) und Marco Pereira (23, Münster) für diesen Wettbewerb. Bis zur Abreise nach Belgien werden die Teilnehmer mit Unterbrechungen fünfeinhalb Wochen Trainingslager hinter sich haben. Gut 25 Tage also – fast der gesamte Jahresurlaub.
Tatsächlich investieren die vier „Spitzenhandwerker“, allesamt Gesellen des Jahrgangs 2011, ihre freie Zeit und Überstunden in die Vorbereitungen, „weil man ja auch den Ehrgeiz hat, es richtig gut zu machen“, sagt Christian Uetz. „Weil wir Gold holen wollen“, sagt Josef Bock. Der Geschäftsführer der hiesigen Spengler- und Sanitärinnung (mit ihren Räumen am Hainig) ist Cheftrainer und „Mutter der Kompanie“ in Personalunion. Er hat den Stützpunkt nach Schweinfurt geholt, namhafte Sponsoren „aufgerissen“ (darunter Viessmann, Buderus und Vaillant) und so die je Trainingswoche benötigten rund 5000 Euro zusammengekratzt.
Die braucht man für die Unterkunft der Hochleistungs-Handwerker (in Stettbach), für Vollverpflegung, ein buntes Abendprogramm (mit Besuchen im Kloster Kreuzberg, einer Weinprobe, aber auch entspannten Stunden in der KissSalis und im Silvana), vor allen Dingen aber für Material. Denn Kupfer ist teuer – nicht nur das für die Rohre der Anlagenmechaniker, sondern auch das für die Schindeln der Spengler. Deren diesjährige Prüfungsaufgabe besteht aus der Verkleidung eines Mansardendachs mit 50 Blechschindeln und diversen Blechbahnen.
Dass die ehrgeizigen jungen Männer heute schon – in der konzentrierten Atmosphäre eines Leistungszentrums, abseits des stressigen Arbeitsalltags – für die Meisterschaften trainieren können, ist ein Vorteil. Es gibt aber auch Länder wie Japan, die sich für die Vorbereitung ihrer Teilnehmer weitaus mehr Zeit nehmen; „bis zu zwei Jahren“, weiß Josef Bock.
Mit ihm im Trainerteam ist der Fuchsstädter Handwerksmeister Martin Hopf. Er betreut die Anlagenmechaniker und mithin auch den 24-jährigen Hirschfelder Simon Stock. Nach der Vorauswahl zwischen diesem und dem zweiten Qualifikanten, Christian Nowag, gibt es hier eine Besonderheit. In Belgien nämlich wird es für dieses Gewerk eine Gemeinschaftsaufgabe geben: „Gemeinsam mit einem Elektriker und einem Kälteanlagenbauer wird das Nationalteam gebildet“, erzählt Hopf, „das dann binnen drei Tagen die komplette Versorgungstechnik für eine Metzgerei auf die Beine stellen muss.“ Josef Bock möchte erreichen, dass die drei Teammitglieder in den letzten Wochen gemeinsam trainieren – natürlich „am liebsten in Schweinfurt“.
Eigentlich müssen sich die jungen Handwerker für den Finalwettkampf in Belgien auch frei nehmen. Dann wäre tatsächlich der gesamte Jahresurlaub futsch. Bock will das verhindern, lädt die Betriebsinhaber ins Leistungszentrum ein, damit sie sehen, wie eifrig ihre Mitarbeiter trainieren und damit sie „einen gewissen Stolz empfinden für den Ehrgeiz dieser jungen Menschen“ (Bock). Vielleicht – so sein Kalkül – stellen sie diese dann frei für die „Euro- skills“. Bis dahin aber ist es noch ein weiter, steiniger Weg.