Der Anbau von Cannabis ist in Deutschland illegal. Mit einer Ausnahme: Landwirte dürfen seit 1996 Nutzhanf legal anbauen, allerdings nur unter Kontrolle. Aufgrund der vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten der Pflanze werden derzeit Anbau und Produkte europaweit geradezu hochgejubelt. In Schleerieth hat sich jetzt Biobauer Herbert Krückel an den Anbau von Nutzhanf für Bio-Speiseöl gewagt.
Um eines klarzustellen: Die Hanfsorte "Finola", die er von etwa 50 EU-weit zugelassenen Sorten ausgesät hat, enthält nur einen verschwindend geringen Anteil des psychoaktiven Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabinol), weniger als 0,2 Prozent. Wer damit einen Rauschzustand erreichen wollte, müsste riesige Mengen konsumieren und würde vermutlich vorher an akuter Rauchvergiftung sterben.
Anbau nur unter Auflagen erlaubt
Dennoch wird Hanf – wissenschaftlicher Name Cannabis – immer mit Drogenkonsum in Verbindung gebracht. Rein rechtlich wird in Deutschland nicht zwischen den verschiedenen Hanfarten – mit und ohne THC – unterschieden. Daher darf auch Herbert Krückel die Pflanze nur unter Auflagen anbauen. Er musste sich eine Genehmigung bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn holen, muss dorthin Mitteilung machen, wann er aussät und wann der Hanf blüht. "Und ernten darf ich erst nach einer Genehmigung, da kommt jemand vorbei und sieht sich das an." Beim Anbau von Hanf als Arzneimittel würden noch ganz andere Auflagen gelten, meint er.

Neue Früchte auf seinen Feldern probiert der Naturland-Bauer schon immer gern aus. Emmer, Einkorn, Dinkel, Hirse oder Wintererbsen wachsen hier. Eine Infoveranstaltung über Hanf in Süddeutschland weckte angesichts der hohen Nachfrage nach Bio-Hanf sein Interesse. Krückel holte zwei weitere Bio-Landwirte mit ins Boot, Alexander Bubeliny aus Eßleben und Philipp Adelmann aus Rütschenhausen. Zusammengenommen bauen sie jetzt sieben Hektar Nutzhanf an.
- Der Biolandwirt Krückel beteiligt sich auch an der Initiative gegen das Vergasen oder Schreddern von Küken.
Den Absatz haben sie über die Naturland-Marktgesellschaft gesichert: In der Allgäuer Ölmühle wird daraus Bio-Speiseöl gepresst. "Es gibt eine vermehrte Nachfrage von Ölmühlen", erklärt Liane Regner, die bei der Marktgesellschaft in Hofheim die Sonderdruschfrüchte verantwortet. "Das ist gerade so ein Hype wie bei Quinoa oder Amaranth".
Öl mit über 90 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren
Geschuldet ist das den besonderen Inhaltsstoffen von Hanfsamen: Sie enthalten Proteine, Kohlenhydrate und Fette, Vitamine und Mineralien. Als besonders nahrhaft gilt das aus der Hanfnuss – so heißt das Korn – gewonnene Öl mit über 90 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren. "Besonders Veganer und Vegetarier nutzen das", weiß Krückel. Auch bei Sportlern sind Hanfproteine gefragt.

Dass die uralte Nutzpflanze nicht nur als Lebensmittel, sondern auch wegen ihrer Fasern, etwa für Seile, geschätzt wurde, dass Textilien, Dämm- und andere Baustoffe daraus gefertigt werden, dass es Basis für Farben, Lacke oder Waschmittel ist, dass es der Papierherstellung dient und vor allem als Heilpflanze jahrhundertelang gefragt war, wissen die Teilnehmer der Feldbegehung in Schleerieth. Etliche Landwirte wollen am Acker sehen, wie der Hanf gedeiht.
Etwa 1,30 Meter hoch stehen hier die Pflanzen, ein intensiver Geruch ist beim Dran-Schnuppern wahrzunehmen. Die ausgewählte Sorte ist für die Ölherstellung kurz gezüchtet, damit das Wachstum nicht in Stängel und Blätter, sondern in die Saat geht. Hanf für die Fasererzeugung wird bis zu fünf Meter hoch, weiß Biobauer Udo Rumpel, der schon vor 20 Jahren einmal Faserhanf anbaute.
Eine getrenntgeschlechtliche Pflanze
"Die männlichen Pflanzen wurden vor kurzem ganz braun, sie sterben nach der Befruchtung ab", weist Herbert Krückel auf die vertrockneten Stängel in dem grünen Feld voller weiblicher Pflanzen. "Ich war ganz erstaunt, aber das ist normal", erklärt er zu der getrenntgeschlechtlichen Pflanze.
Hohe Ansprüche an den Boden stellt der Hanf nicht, auch mit Regen muss der ausgesprochene Tiefwurzler nicht verwöhnt werden – ideal für ein immer wärmer werdendes Klima. Und die Wurzeln lockern den Boden extrem gut auf. Allerdings lässt der Hanf entgegen der Informationen und zu Krückels Leidwesen auch die Distel wachsen.

Was die Ernte Mitte, Ende September anbelangt, ist Mit-Anbauer Alexander Bubeliny noch skeptisch. Denn beim Dreschen muss extrem aufgepasst werden, dass sich der Stängel nicht in den Mähdrescher wickelt. "Der wird zäh und kriegt Fasern", hat Krückel erfahren. Auch die Hanfnüsse müssen für die Weiterverarbeitung sofort getrocknet und gereinigt werden, sonst würden sie Geruch annehmen.
Während in Frankreich etwa 17 000 Hektar Nutzhanf angebaut werden, sind es in Deutschland nur 1600 Hektar. Bio-Landwirt Krückel will auf jeden Fall nächstes Jahr noch einmal aussäen, um Vergleiche ziehen zu können.