Wie würde sich die Geschichte vom „Hans guck in die Luft“ in der heutigen Zeit abspielen? Nun, ganz einfach, befand Hans Driesel: Er würde nicht in die Luft, sondern auf sein Smartphone schauen.
Mit dieser Geschichte eröffnete Driesel seine gut 70-minütige „Schulstunde“ vor seinen „Schülern“ oder, besser gesagt, seinen Zuhörern in der Aula der Mittelschule Werneck. Es war die Abschlussveranstaltung der Erfolgsreihe „Wernecker Kulturfrühling“ und somit der letzte der 18 kulturellen Leckerbissen, angerichtet von der Gemeinde und als Programm liebevoll von Stefanie Büttner zusammengestellt.
Liebevoll war auch das Bühnenbild für Drieser und seinen musikalischen Begleiter David Reß (Klavier und Gesang) hergerichtet: ein Lehrerpult mitsamt Stuhl, Globus und der obligatorischen Landkarte Bayerns im Hintergrund, auf der Tafel stand der freche Satz „Der Lehrer ist doof“, und der gute alte Bollerofen und das Sünderbänkchen standen unmittelbar neben dem Lehrerpult – allesamt aus dem Schulmuseum entliehen. Nicht fehlen durfte auch der Rohrstock, von dem Drieser nur symbolisch Gebrauch machen musste. „Also lautet der Beschluss, dass der Mensch was lernen muss“ war das Thema der Abschlussveranstaltung, und die 70 Minuten vergingen wie im Flug.
Was allein schon an der launigen Art Driesers lag, der nicht einfach nur aus irgendwelchen Büchern vorgelesen hatte. Vor allem aus den „Lukasburger Stilblüten“, einer Buchreihe aus dem vorigen Jahrhundert und ähnlich aufgebaut wie die heutige Reihe „Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker“. Die „Stilblüten“ gingen noch viel weiter und reichten bis in die heutige Zeit, mit Sprüchen etwa vom Fußballer Lothar Matthäus („Der Rücken ist die Achillesferse des Körpers“).
In der frühen Schulzeit wurden die Lehrerinnen noch als „Fräulein“ bezeichnet, ungeachtet des Ehestandes oder der körperlichen Erscheinung. Und auch sie durften die Schüler züchtigen, wobei das eher einem Tätscheln glich. Was einen Vater nicht davon abgehalten hatte, sich gewaltig zu beschweren. „Wenn Sie meinen Sohn noch einmal schlagen, komme ich persönlich zu Ihnen, dann sind Sie die längste Zeit Fräulein gewesen“, zitierte Drieser zur allgemeinen Erheiterung seiner Zuhörer.
Wie es überhaupt witzig genug zuging, zum Beispiel bei der Feuerzangenbowle (im Grunde eine Liebeserklärung an die Schule) und der legendären Lehrerfrage „Was ist eine Dampfmaschine?“. Oder dem „ersten Sprengstoffattentat der Literaturgeschichte“, nämlich der explodierenden Pfeife vom Lehrer Lämpel, einem Streich von Max und Moritz (von wem sonst). Oder dem Fakt, dass Johann Wolfgang von Goethe und seine Schwester Cornelia niemals eine Schule von innen gesehen hatten, sondern daheim unterrichtet wurden – von einer Vielzahl an Hofmeistern.
Nicht zu vergessen Schillers Glocke, von der Goethe einst behauptet hatte, Schiller habe deswegen auf den Klöppel verzichtet, „damit die nachfolgenden Schülergenerationen nicht noch mehr von deiner Glocke auswendig lernen müssen“.
Musikalisch widmete sich David Reß am Klavier der „brennenden Schule“, fand tatsächlich auch ein Lobeslied auf die Schule und spielte „I don't like Mondays“ von den Boomtown Rats. Unterm Strich erhielten Reß und Drieser von ihren Schülern, pardon den Zuhörern, für ihren höchst lebendigen Unterricht nur Bestnoten.
Einen besseren Abschluss des höchst facettenreichen Wernecker Kulturfrühlings, der laut Bürgermeisterin Edeltraud Baumgartl von insgesamt 2300 Menschen besucht wurde, hätte es gar nicht mehr geben können.