Gebückt stehen die Männer auf dem Spargelacker. Wenn sie nicht gerade Spargel stechen, jäten sie Unkraut, pflücken Erdbeeren oder arbeiten im Weinberg. Neun Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. "Wir haben Spaß bei der Arbeit", sagt Toma Danescu Procoian. Er sei fit und an die körperliche Arbeit gewöhnt. Lediglich schlechtes Wetter mache ihm zu schaffen, der Chef plane an solchen Tagen aber andere Aufgaben. Bei Hitze würden sie eine lange Mittagspause machen und sehr früh mit der Arbeit beginnen.
Die Arbeit der Männer könnte keine Maschine übernehmen. Im Bioanbau muss Unkraut per Hand entfernt werden, Maschinen schaffen nur das Grobe, und selbst neue Technologien können die Arbeiter nicht ersetzen, sagt Hofbesitzer Armin Braun. Die Männer seien auch auf die Arbeit angewiesen, sie hätten Angst, ersetzt zu werden, sagt Braun.

Petru Dragomir (39) und Toma Danescu Procoian (50) haben in Rumänien eine Ausbildung zum Monteur bzw. Metallbauer gemacht, in diesem Beruf aber keine Arbeit gefunden. Obwohl nach dem Zusammenbruch des Ostblocks die Wirtschaftsleistung stetig gestiegen sei, gebe es weiterhin wenig gutbezahlte Arbeitsplätze, so die beiden. Der Mindestlohn in Rumänien sei in jüngster Zeit stark gestiegen, auf umgerechnet 814 Euro brutto pro Monat.

Bevor Procoian in Deutschland arbeitete, war er in Rumänien als Tankwart angestellt. Er habe selbst noch ein kleines Landstück, die Bewirtschaftung rentiere sich aber nicht. Mit Saisonarbeit versorgt er seine Familie. Seine Frau verdiene jetzt zwar relativ gut, sagt er, doch so könnten sie sich auch mal einen Urlaub leisten. Seinen studierenden Sohn mahnt Procoian: Er solle lernen, um es einmal besser zu haben als er.
Petru Dragomir ist ledig und kinderlos. Eine Tür für das Haus seiner Familie habe er von seinem letzten Lohn gekauft, sagt er. Jüngere Arbeiter reize hier "schnelles Geld" für Partys oder ein Auto, meint sein Chef, Armin Braun.

Die Arbeit am Hof der Brauns haben die beiden über Bekannte gefunden, so laufe das in der Branche meistens ab. Silvia Braun bringt regelmäßig privat organisierte Spenden nach Rumänien und knüpft dabei Kontakte.
So gut wie möglich in das Leben in Deutschland integrieren
Je nach Arbeitsvertrag arbeiten sie immer ein paar Monate in Deutschland, dann verbringen sie ihre "Freizeit" in der Heimat, wie Dragomir sagt. Freundschaften hätten sie vor allem in der Heimat. In Deutschland können sie an ihrem freien Tag mit dem Auto des Hofs Unternehmungen machen, sie besuchen Flohmärkte, grillen oder gehen schwimmen. Ab und an begleitet Silvia Braun sie da auch. Ihr ist wichtig, die Arbeiter so gut wie möglich in das Leben in Deutschland zu integrieren. Die Arbeiter sprechen nur wenig deutsch. Brauns rumänische Sprachkenntnisse ermöglichen die Kommunikation – auf Augenhöhe, wie es scheint.

Viele Saisonarbeiter haben "Hausmannstatus", der sie von der Sozialversicherungspflicht befreit. Sie sind nur für die Dauer ihres Aufenthalts kranken- und unfallversichert. Arbeitsunfälle und akute Arztbesuche deckten diese ab, sonstige nicht-akute Behandlungen meist nicht. Die Brauns würden die Arbeiter bekräftigen, im Krankheitsfall zum Arzt zu gehen, Dragomir habe erst kürzlich eine Knie-Operation gehabt. Silvia Braun begleite die Arbeiter wegen Sprachbarrieren auch zu Arztterminen.
Bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten sind sie voll sozialversicherungspflichtig und zahlen in die Renten- und Arbeitslosenversicherung ein, ein Teil dafür geht von ihrem Lohn ab. Sollten sie allerdings arbeitslos werden, hätten sie ein breites Arbeitsangebot auf anderen Höfen oder würden sowieso nach Rumänien zurückkehren. Auch die Rente verbringen sie dort, wobei fraglich ist, ob sie die entsprechenden Anträge für eine Auszahlung nach Rumänien bearbeiten können und werden. Sie bräuchten mindestens fünf Beitragsjahre, um überhaupt Rente zu bekommen. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt kritisiert, dass viele Saisonarbeiter jahrelang immer nur mit "Hausmannstatus" in Deutschland arbeiten und so dann keinen Rentenanspruch haben.

Auf dem Hof der Brauns bekommen die Arbeiter den Mindestlohn, abgerechnet je Stunde. Anderswo werde auch nach Erntemenge abgerechnet. Laut Zoll und IG-BAU sei das zulässig, solange der Mindestlohn eingehalten werde. Bei rund 14 Prozent der Kontrollen durch den Zoll 2022 und 2023 wurden Verfahren wegen Mindestlohnverstößen eingeleitet. Man kontrolliere bei Saisonarbeitern unter anderem die Anmeldung bei Sozialversicherungen, Arbeits- bzw. Aufenthaltsgenehmigungen und ob sogar ausbeuterische Arbeitsbedingungen vorliegen, heißt es dort auf Nachfrage.

Auch den Hof der Brauns kontrollierte der Zoll schon mehrmals, laut Armin Braun gab es keine Beanstandungen. Procoian wurde nie zu wenig abgerechnet, sagt er.
Teils würden Saisonarbeitern bestimmte Erntemengen pro Stunde auferlegt, die bei Nichteinhaltung zu unbezahlten Zwangspausen oder Kündigungen führten, so die IG-BAU. Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden und schwere Arbeitsunfälle seien nicht selten. In vielen Betrieben würden Hygienestandards nicht eingehalten werden, Zimmer seien überfüllt. Mieten seien teils teurer als in Großstädten, was praktisch die Löhne drückt.
Am Hof der Brauns sind bis zu acht Arbeiterinnen und Arbeiter – etwa ein Viertel seien Frauen – in einer Wohnung untergebracht, verteilt auf drei Schlafzimmer. Die Unterkunft zu 120 Euro Miete findet Procoian "in Ordnung". Aktuell sei er froh, ein Einzelzimmer zu haben. Silvia Braun mache ihnen einen Haushaltsplan, um die Sauberkeit sicherzustellen.

Die Brauns hätten genügend Arbeitskräfte, andere Betriebe dagegen Schwierigkeiten, Arbeiter zu finden, sagen sie. Es sei ihnen wichtig, dass sich die Arbeiter wohlfühlen, auch damit sie wiederkommen. Procoian und Dragomir hätten schon bei verschiedenen Betrieben in Deutschland gearbeitet, oft sei der Ton rau gewesen, Ausbeutung hätten sie nicht erfahren.
Bei Brauns ist Dragomir nun schon das fünfte Jahr, Procoian das fünfzehnte. Wenn es Probleme mit dem Chef oder den Arbeitsbedingungen geben würde, würde er sich einfach einen anderen Hof suchen, sagt er. Durch die verschiedenen Arbeiten sei der Alltag nicht so monoton wie anderswo. Kritik hätten die beiden nicht vorzubringen, ihnen ginge es gut, die Brauns seien gute Chefs. Der Umgang wirkt kollegial und fair.
Rechtsbeistand bietet ausländischen Arbeitern etwa die IG-BAU mit einer Mitgliedschaft zu 215,40 Euro jährlich.