Die Überraschung und der Schock waren gleichermaßen groß bei den Mitarbeitenden, der Bevölkerung und der Kommunalpolitik, als die Kongregation der Schwestern des Erlösers bekannt gab, dass es keine Zukunft für das Josef-Krankenhaus in Schweinfurt über 2024 hinaus gibt. 800 Mitarbeitende müssen sich nun nach einem neuen Job umschauen. Derzeit jagt ein Krisengespräch das nächste.
Im Interview mit dieser Redaktion erklärt Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) wie er die Entscheidung der Erlöserschwestern einschätzt und wie er mit der teils deutlichen Kritik an seiner Rede bei der Demonstration von Mitarbeitenden im Rathausinnenhof am 26. Juli umgeht, als die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach nach Schweinfurt kam.
Am 23. Juli wurde bekannt gegeben, das Krankenhaus St. Josef zu schließen. Waren Sie von der Entscheidung überrascht?
Sebastian Remelé: Wir sind als Verwaltung und auch als Leopoldina-Krankenhaus im Grunde zweimal überrascht worden. Das erste Mal war beim Ausstieg der Kongregation aus dem gemeinsamen Prozess der Fusion. Dieser Prozess ist damals sehr erfolgreich angelaufen, sehr transparent, mit einem guten Ziel und einer klugen Aufgabenverteilung für beide Häuser. Aus diesem Prozess hat sich der Orden aus weltanschaulichen Gründen und für uns überraschend herausgelöst. Insofern war ich nicht überrascht, dass der Orden daran denken wird, das Haus zu schließen. Überrascht hat mich der frühe Schließungszeitpunkt zum Jahresende.
Können Sie die Sorgen, das Entsetzen und auch die teilweise Wut über das Verhalten der Erlöserschwestern nachvollziehen?
Remelé: Ich kann vor allem die Existenzangst der Mitarbeiter des Josefs nachvollziehen, die Gefahr laufen, am 1. Januar 2025 vor dem beruflichen Aus zu stehen. Ich will aber bewusst nicht den Orden an den Pranger stellen. Denn was sich in Schweinfurt vollzieht, spielt sich hundertfach in Deutschland ab, nämlich die Schieflage, das hohe Defizit und die mangelnde Auslastung vor allem kleiner Häuser, die keinen Träger in der Rückhand haben, der ihnen möglicherweise für einen Defizitausgleich zur Verfügung steht. Was der Orden in Schweinfurt tut, ist leider gelebte Praxis im Krankenhauswesen. Insofern muss man zwischen der persönlichen Betroffenheit der Mitarbeiter und der Not des Ordens differenzieren. Ich kann zusichern, dass es den Ordensschwestern schier das Herz bricht, hier nach über 90 Jahren die Pforten zu schließen. Es ist nichts, was leichtfertig geschah. Und es gibt dabei auch kein gutes Ende bei so einer Schließung.


Nach dem Gespräch mit Gesundheitsministerin Judith Gerlach am 26. Juli sprachen Sie zu der Gruppe der Demonstranten. Für das, was Sie da gesagt haben, werden Sie im Moment stark kritisiert. Wie haben Sie die Stimmung empfunden?
Remelé: Die Stimmung war ausgesprochen aufgeladen, wie ich sie in meiner politischen Laufbahn fast noch nicht erlebt habe. Ich habe verstanden, dass die Mitarbeiter wütend sind und vielleicht auch mit hohen Erwartungen dorthin gekommen sind. Auf der anderen Seite habe ich gehofft, dass man den Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden des Leopoldina-Krankenhauses nicht mit dem Orden in einen Topf wirft, sondern sieht, dass wir sehr bemüht waren, ein Ende des Josef-Krankenhauses abzuwenden und unter einem Dach beide Häuser weiterzuführen. Es war ein sehr schmerzhafter Moment für mich, ich kann aber die Reaktion einordnen. Mitarbeiter des Josefs haben mir signalisiert, dass es sich nicht gegen das Rathaus richtete, sondern sich der Schock und die Ohnmacht da Luft machten.
Wir lassen nichts unversucht, für das Gros der Mitarbeiter des Josefs-Krankenhauses nach Lösungen zu suchen. Idealerweise in Schweinfurt und der näheren Umgebung. Ich bin im Gespräch mit Landrat Florian Töpper, mit der Agentur für Arbeit und werde auf die Mitarbeitervertretung des Josefs zugehen. In der ersten Septemberwoche laden wir zu einem runden Tisch auch mit den Krankenhäusern in der Region, sodass wir nicht nur gewährleisten, dass die Palliativstation und die Krankenpflegeschule von uns übernommen werden, sondern dass nach Möglichkeit vielen Mitarbeitern ein adäquates Angebot zum 1. Januar gemacht werden kann.
Die Freien Wähler haben in einem offenen Brief neue Verhandlungen durch die Stadt gefordert. Wird es die geben?
Remelé: Für eine Kooperation brauchen sie einen Kooperationspartner. Der Orden hat sich da sehr klar positioniert. Das ist im Grunde auch richtig, um jetzt solide weiter planen zu können. Eine Übernahme würde mit absoluter Sicherheit die Kräfte des Leopoldina-Krankenhauses überfordern. Damit ist der Gesundheitsversorgung in der Region nicht gedient, wenn man das noch leistungsfähige Klinikum in dieser Weise wirtschaftlich gefährdet.