Etwa 300 Meter westlich des Dorfes liegt auf einer kleinen Anhöhe der israelitische Friedhof. Ilse Vogel vermittelte bei einer Führung nicht nur religiöse Rituale der Bestattung im Judentum, sondern auch viele Kenntnisse über die fränkisch-jüdische Geschichte.
„Der Friedhof ist für Juden ein Ort der Erinnerung“, weiß Ilse Vogel. Das rechteckige Grundstück ist etwa 1200 Quadratmeter groß und mit rund 200 Gräbern belegt, deren Grabinschriften nach Osten zeigen. Anfang des 19. Jahrhunderts kaufte die israelitische Gemeinde von Oberlauringen dieses Flurstück, das älteste Grab trägt die Jahreszahl 1832. Zuvor wurden die Toten auf dem Friedhof bei Kleinbardorf bestattet. Das letzte Begräbnis fand hier 1936 statt. Allerdings sind üblicherweise nur die Sterbedaten, nicht die Geburtsdaten auf den Grabsteinen vermerkt. Auch sind die Inschriften in hebräischer Schrift geschrieben, manchmal wurde der Name zusätzlich im Grabsteinsockel festgehalten.
Da im Judentum das Individuum einen sehr hohen Stellenwert hat, wurde jedes Grab nur einmal belegt. Lediglich ein Doppelgrab aus dem Jahr 1933 ist im Oberlauringer Friedhof zu finden, was der Tradition der christlichen Kirchen entsprach.
Die profunde Kennerin der fränkisch-jüdischen Vergangenheit verweist auch auf drei abseits liegende Gräber mit ihren Grabsteinen. Hier handelt es sich Frauen im gebärfähigen Alter, die nach den rituellen Vorschriften als nicht rein galten.
Für Ilse Vogel ist es interessant, dass die Grabreihen nicht der Tradition entsprechend von rechts nach links sondern in umgekehrter Reihenfolge belegt wurden.
Ein Taharahaus, also ein Leichenhaus, ist hier nicht zu finden. Ilse Vogel weiß vom Enkel des Schreiners im Ort, der die Särge zimmerte, dass es im Schreinerhaus für die jüdischen Familien möglich war, die Rituale und Gebete für den Verstorbenen vor der Beerdigung zu vollziehen.
Keine Hetze am Karfreitag
Ilse Vogel nennt mannigfache Gründe, warum sich Juden in Deutschland gerne in protestantischen Gegenden niederließen. So gab es da keine Hetze am Karfreitag wegen der Kreuzigung Christi, keine Fronleichnamsprozessionen und keine Zwangstaufen. Da nach der protestantischen Lehre beim Wandlungsvorgang die Hostie Brot bleibt, gab es nicht den Vorwurf der Hostienschändung. Aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus haben die damaligen Landesherren, die Truchsesse von Wetzhausen, in Oberlauringen gerne Juden im 18. Jahrhundert angesiedelt. Während der NS-Zeit wurde der Friedhof zwar nicht geschändet, aber die Metallplatten mit den Grabinschriften entfernt. Dadurch können manche Gräber nicht mehr Personen zugeordnet werden.
„Es waren hier in der jüdischen Gemeinde bedeutende Leute zu Hause“, versichert Ilse Vogel. Dazu zählen Hermann Hirschberger, der Onkel von Leo Trepp. Trepp (1903 bis 2010), der als Rabbiner und Wissenschaftler in Mainz lebte, verbrachte in seiner Kindheit oftmals die Ferien bei seinem Onkel in Oberlauringen. Ferner liegt hier das Grab von Elizer/Lazarus Schloss. Das schicksalhafte Leben seiner Enkelin Lilly Jahn (1900 bis 1944) hat der Spiegelredakteur Martin Doerry mit der Herausgabe einer Briefsammlung 2004 einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.