Seinen Deutschlandvertrieb am Standort Gochsheim mit 100 Beschäftigten wird er zum Jahresende schließen und komplett nach Ulm verlagern. Die Belegschaft erfuhr es am 1. April um 10 Uhr bei einer Mitarbeiterversammlung – und es war kein Aprilscherz.
Die Gründe sind einfach: Erstens wird mit diesem Schritt das Konzernprinzip „One Husqvarna“ auch in Deutschland umgesetzt: Es gibt nur einen Standort pro Land. Zweitens verliert Gochsheim damit schlicht gegen den viel größeren Standort Ulm, wo der schwedische Motorsägen-, Rasenmäher und Traktoren-Hersteller Husqvarna vor gut zwei Jahren den Gartengeräte-Hersteller Gardena gekauft hat. Dorthin wandert jetzt auch der seit 1994 in Gochsheim ansässige deutsche Husqvarna-Vertrieb für den Fachhandel. In Gochsheim sind außer dem Außendienst 100 Leute beschäftigt – in Ulm über 1000.
Geschäftsführer Volker Amm begründet gegenüber unserer Redaktion die Verlagerung mit Synergieeffekten, die man sich durch die Verlagerung schon verspreche, und der Umsetzung der Konzern-Doktrin. Er verstehe, dass die Entscheidung unangenehm für die Beschäftigten in Gochsheim sei und „auch nicht gerade schön für die Region, aber für Deutschland wird leider keine Ausnahme gemacht“. Er habe versucht, den Husqvarna-Standort Deutschland so lange wie möglich zu halten und sei auch selbst von der Entscheidung betroffen, „aber letztlich sticht der Ober den Unter“, so Amm.
Schock für die Mitarbeiter
Für die Mitarbeiter war die Nachricht am Gründonnerstagmorgen ein Schock, sagt die Betriebsratsvorsitzende Erika Samer. „Die Leute waren mucksmäuschenstill, man hätte eine Stecknadel fallen gehört.“ Als sich dann noch eine aus Russland stammende Putzfrau rührend und aufrichtig bedankte, wie gerne sie hier gearbeitet habe und wie sie alle hier vermissen werde, „da hatten alle Tränen in den Augen“.
Geahnt habe man diese Entwicklung natürlich schon länger, hieß es am Dienstag im siebenköpfigen Betriebsrat: Das „One Husqvarna“-Prinzip war außer in Deutschland in allen anderen Ländern durchgesetzt worden, zuletzt in Österreich und der Schweiz, und dass Gochsheim gegen Ulm kaum eine Chance haben würde, das schwante auch vielen. Jetzt aber wurde die Standortschließung Gewissheit – alle vernahmen sie konkret vom Geschäftsführer.
Was den Betriebsrat besonders wurmt, ist die Überheblichkeit von Martin Bertinchamp, langjähriger Gardena-Chef und nun Husqvarna-Vorstandsmitglied, der die Konzentration des Husqvarna-Geschäfts auf Ulm unter anderem damit begründete, dass es dort „viele Mitarbeiter mit globaler Verantwortung“ gebe. „Wir machen hier mit 100 Leuten genau so viel Gewinn wie Gardena in Ulm mit 1000“, sagt ein Betriebsratsmitglied. Tatsächlich wird der Standort Gochsheim in einem Firmenporträt noch im Oktober letzten Jahres als „ertragreichste Husqvarna-Vertriebsgesellschaft in Europa“ bezeichnet – und ein halbes Jahr später schon hilft das hohe Lob den Beschäftigten gar nichts mehr.
Gewerkschaft schwach vertreten
Bei Husqvarna ist auch kaum jemand gewerkschaftlich organisiert, einen Betriebsrat gibt es erst seit letzten August. „Das Betriebsklima war immer sehr familiär, alle haben hier mehr als nur gearbeitet“, sagt eine Betriebsrätin. In der familiär geführten Firma arbeiten oft ganze Familien – der Mann, die Frau, eines der Kinder. Solche Familien wird die Verlagerung heftigst treffen, wenn sie nicht nach Ulm ziehen wollen.
Am Donnerstag will der Betriebsrat die Lage mit allen Mitarbeitern bei einer außerordentlichen Betriebsversammlung beraten, schon am 16. April sollen die Verhandlungen über Interessensausgleich und Sozialplan beginnen. Vertreten wird der Betriebsrat von einem Bochumer Arbeitsrechtler. Der Betriebsrat versteht immer noch nicht so recht, warum Gochsheim geschlossen wird. Arbeitskostengründe könnten es ja kaum sein – Ulm im Schwäbischen werde den Vertrieb kaum billiger organisieren als sie hier, die Gochsheimer, die jeden Fachhändler seit langer Zeit persönlich kennen.