Schweinfurt lebt von der Großindustrie, seit Jahrzehnten. Doch was, wenn es den Betrieben einmal nicht gut geht? Was, wenn wie in den vergangenen Wochen verstärkt zu beobachten, der Slogan der IG Metall "SOS Industriestadt" nicht nur Mahnung, sondern Wahrheit ist. Wie kann man jetzt schon vorsorgen, neue Firmen anzuziehen und Raum für junge Erfinderinnen und Erfinder zu schaffen?
Die Stadt Schweinfurt hat dafür einen Plan, nämlich ein neues Gründer- und Technologiezentrum in der Ledward Kaserne. Seit Jahren schon wird darüber diskutiert, die frühere Wirtschaftsförderin Pia Jost hatte aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen der Technischen Hochschule, den Industrieunternehmen und dem Fraunhofer-Institut ein solches Gründerzentrum schon immer als besondere Chance für die Entwicklung der Stadt gesehen.
Im Hauptausschuss wurde nun ein entsprechendes Konzept vorgestellt, das die Mitglieder auch mit Wohlwollen begleiteten. Für Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) ist das Thema "eine Chance für Stadt und Region, auch um neue Standbeine zu schaffen, zumal wir nicht wissen, wo die Reise bei der Industrie hingeht."

Beratungsfirma: "Schweinfurt gewinnt an Ansehen in der Gründerszene"
Die Beratungsfirma Lennardt und Birner hat im Auftrag der Stadt eine ausführliche Analyse erstellt, auf welche Bereiche sich das Gründer- und Technologienzentrum konzentrieren soll und erste Kostenschätzungen erhoben, auch auf verschiedene Gebäude bezogen. Für Jörg Lennardt ist klar: "Schweinfurt gewinnt insgesamt durch dieses Gründerzentrum an Ansehen in der Gründerszene".
Eine Konkurrenz zum bestehenden Gründerzentrum GRIBS am Hainig oder anderen Zentren in der näheren Umgebung sieht er nicht, was an der neuen Ausrichtung liegt, die genau analysiert wurde. Lennardt machte auch deutlich, was das Gründer- und Technologiezentrum ausdrücklich nicht ist: nur ein Objekt, in das man sich als junges Start-up günstig einmietet. Damit es funktioniert und mittelfristig auch Geld abwirft für die Stadt, muss es intensiv gemanagt und die Unternehmen entsprechen begleitet werden. Genau das ist der Schlüssel zum Erfolg, und das ist auch der Verwaltung bewusst, wie Finanzreferentin Anna Barbara Keck auf Nachfrage von Georg Wiederer (FDP) erklärte.

Wiederer hatte sich nämlich gefragt, wer in der Verwaltung dann zuständig ist, zumal die Stelle eines neuen Wirtschaftsförderers nach dem überraschenden Weggang von Thomas Herrmann immer noch nicht ausgeschrieben ist. Nach Auskunft des OBs wird die Kandidatensuche auch erst frühestens im Herbst beginnen, wenn der Stadtrat aufgrund des am 23. Juli vorzustellenden CIMA-Gutachtens zur Ausrichtung der städtischen Wirtschaftsförderung eine Entscheidung dazu getroffen hat. Keck betonte, für das Konzept in der Ledward Kaserne "brauchen wir einen Motor, der das alles bündelt und dafür sorgt, dass wir gemeinsam als Standort Schweinfurt auftreten."

Ehemaliges Stabsgebäude wäre ein idealer Standort in der Kaserne
Bis dieser Motor startet, wird allerdings noch einiges Wasser den Main hinabfließen. Jörg Lennardt hatte mit seiner Firma zum einen sechs sogenannte Wertschöpfungsketten für Schweinfurt identifiziert. Damit gemeint sind die Schwerpunkte, die es bereits gibt und bei denen es sich lohnen würde, gerade die Gründerszene zu unterstützen.
Natürlich spielen vor allem die Bereiche Mobilität und Automotive die Hauptrolle, dazu Maschinenbau, Materialien und Werkstoffe, wissensintensive Dienstleistungen sowie Gesundheitswirtschaft und Life Science. Auf alle Bereiche bezogen, gibt es in der Region 80.226 Arbeitsplätze, ein Zuwachs von 5,6 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Am größten ist dabei der Automotive-Bereich, Unternehmen aus dieser Branche bieten alleine in der Stadt 44,5 Prozent aller Arbeitsplätze. Das größte Arbeitsplatz-Wachstum bieten Mobilität, Gesundheitswirtschaft und wissensintensive Dienstleistungen, wo es heute bis zu 22,9 Prozent mehr Arbeitsplätze als vor zehn Jahren gibt.

Jörg Lennardt empfiehlt, bei der Zusammensetzung der Firmen im Gründerzentrum zu diversifizieren. 37 Prozent der Plätze für Gründerinnen und Gründer, 30 Prozent für Forschung und Entwicklung, 33 Prozent für bestehende kleine und mittelständische Betriebe. In einem ersten Schritt spricht er auch eine Empfehlung für ein Gebäude aus: das Stabsgebäude, das für geschätzt 2,2 Millionen Euro saniert werden müsste.
Besonderen Gefallen hat Lennardt an der Panzerhalle 237 gefunden: "Die hat mich begeistert". Bei ihrer Sanierung und Umgestaltung müssten unbedingt Flächen für die Gründer vorgesehen werden, damit diese ihre Ideen auch ausprobieren können, "zum Beispiel einen kleinen Roboter aufstellen." Weitere Gebäude, die bei entsprechendem Wachstum des Gründer- und Technologiezentrums nutzbar wären, sind die Gebäude 210 und 211 in der Kaserne.