Vor 75 Jahren entstand auf dem zwölf Hektar großen Gelände im Norden der ehemaligen Panzerkaserne Schweinfurts größte Kleingartenanlage. Das Gelände der Alten Warte war 1947 von Panzern, Sturmgeschützen und Stiefeln zusammengefahren und zusammengetreten. Unter Oberbürgermeister Dr. Ignaz Schön wurden auf dem harten Boden 424 Parzellen angelegt. Besonders im südlichen Teil galt es, Bombentrichter zu verfüllen, ehe man mit Spitzhacke und Spaten ans Werk ging.
Die Nachfrage nach einem Garten war damals enorm – und ist es seit Ausbruch von Corona wieder. Aktuell stehen 47 Namen auf der seit Monaten geschlossenen Warteliste. "Täglich", so Vorstand Harald Endres, "muss ich vertrösten und auf eine dringend benötigte weitere Kleingartenanlage der Stadt hoffen." Denn auch bei den anderen vier Schweinfurter Kleingartenvereinigungen ist in absehbarer Zeit keine der insgesamt 1000 Parzellen zu haben. Bei der Alten Warte werden pro Jahr etwa zehn Gärten neu vergeben. Wer noch auf die Liste gekommen ist, kann also in bis zu fünf Jahren auf Obst und Gemüse aus dem Eigenanbau hoffen und dann auf eigener Terrasse den Sonnenauf- oder -untergang beobachten.
Schon 1948/49 wurde die Hauptwasserleitung verlegt. Für die 2,5 Kilometer lange Rohrleitung musste jeder Kleingärtner 170 Zentimeter tief und auf einer Strecke von zwei Metern ausschachten. Zwei Jahre später sollten all diese Bemühungen umsonst gewesen sein. Die US-Armee beanspruchte das Gelände. Fast drei Jahre dauerte die Auseinandersetzung, bei der die Stadt an der Seite der Kleingärtner kämpfte.
Eine Anlagen mit eigenem Biergarten
Die ersten Gartenhäuser entstanden ab 1953. Zehn Jahre später wurde die Tierhaltung (vor allem Federvieh und Hasen) verboten und aus einem Wunschdenken wurde die Planung für das Vereinsheim. Er dauerte jedoch nochmals ein Jahrzehnt, bis der Bau finanziert war und 150 Freiwillige 15.238 Arbeitsstunden geleistet hatten. Ende 1973 konnte die Gaststätte eröffnen.
Eine stets glückliche Hand hatte der Verein bei der Auswahl der Pächter. So ist auch unter der aktuellen Wirtin Hanne Luksch die Wirtschaft samt Biergarten An der Pfanne 15 für viele Schweinfurter eine der beliebtesten Adressen in Stadt und Umland.

Die Pandemie hatte in den letzten zwei Jahren einen großen Teil des Vereinslebens lahm gelegt. Einen Terminplan gab es erst wieder für die laufende Saison. Flohmarkt und Pflanzentauschbörse (beiden erstmals) fanden bereits statt, ein "Kleines Fest zum 75. Jubiläum "ist für Samstag, 2. Juli geplant.
Viele Freiwillige unterstützen bei der Organisation und Pflege
Für Harald Endres ist die Alte Warte "ein Paradies", in dem der Vorsitzende "eigentlich einen Vollzeitjob" macht. Verstärkt unterstützen werden ihn künftig 16 Feldobmänner, die Ansprechpartner in den zugewiesenen Teilflächen sind. Toll sei die Unterstützung aber auch schon jetzt durch die vielen Freiwilligen.

Nicht zuletzt durch das Engagement von Neubürgern mit Migrationshintergrund bestehe etwa beim Heckenschnitt kein Personalmangel mehr. Erstreckte sich der Einsatz vor etlichen Jahren noch über drei bis vier Wochen, ist der Schnitt jetzt in einer Woche von bis zu 40 Helfern bewerkstelligt. Auch bei der Pflege der zwei Kinderspielplatze muss nicht lange nach Aktiven gesucht werden. Selbst an Sonntagen lässt sich ein Reinigungstrupp organisieren. "Der Müll ist ein Problem", so Endres. Ungezählte Verpackungen der Fastfood-Ketten und 90 geleerte Flaschen wurden an einem Sonntag aus den Hecken gefischt.
Die Leute bringen sich ein. Freundschaften entstehen.
Zum Thema Integration ist der an die Lebenshilfe Sennfeld vergebene Garten zu erwähnen. "Die Leute bringen sich ein. Freundschaften entstehen hier aber überall, das Miteinander und die Nachbarschaft werden gepflegt", sagt Endres. Man helfe und berate sich in den jeweils 350 Quadratmeter großen Gärten (für etwa 190 Euro im Jahr) gegenseitig. Schnittkurse organisiert der Verein, der vor allem für Ältere jeden Mittwoch auch einen Trupp für die Abfuhr von Grünschnitt einsetzt.

Unter den Pluspunkten der aktuellen Entwicklung hat Endres das wachsende Interesse am Nutzgarten bei jungen Familien und die "super" Zusammenarbeit mit der Stadt notiert. Das Städtische Gartenamt hat unlängst die Kieselsteine für die Wege gebracht und wie immer den Grünschnitt von den Sammelplätzen abgefahren. Froh ist man über die gerichtete Zufahrt von der Heeresstraße und den neuen Parkplatz am ehemaligen Panzerwaschplatz.
Bei den Gartenbegehungen ist mitunter darüber aufzuklären, dass "Mein Garten – mein Reich" in der Anlage nicht hundertprozentig zutrifft. Die Bebauung der Grundstücke darf nicht ausufern und Nutzgärten sind keine Freizeitgärten. Ohne Obst und Gemüse würde die Anlage den Bestandsschutz verlieren. Die Stadt könnte bei einer Zweckentfremdung an eine Ausweisung als Bauland denken.