Während vielen Menschen bei Temperaturen um die 32 Grad in Unterfranken der Schweiß nur so runterläuft, kämpfen die Mitarbeiter des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes im Produktions- und Logistikzentrum in Wiesentheid mit ganz anderen Extremen: In der Kammer, in der das Blutplasma lagert, herrschen eisige 42 Grad minus.
Zwei dicke Stahltüren trennen die Arbeitsräume des Blutspendedienstes vom Kühllager, in dem rund 240 000 Päckchen mit gefrorenem Plasma lagern. Beim Öffnen der Türen dampft es kurz: Der Temperaturunterschied zum Rest des Blutspendezentrums ist enorm, an heißen Tagen fast 70 Grad. In der Halle selbst herrscht gespenstische Stille. Die Plasmabeutel sind nicht zu sehen, sie sind hinter grauen Metallregalen verschlossen, die von Maschinen bedient werden. Mitten im Raum: ein Schaltpult.
Dieses Gerät ist der Grund, weshalb Mitarbeiter des Blutspendedienstes ein paar Mal am Tag von ihrem etwa 25 Grad warmen Arbeitsraum in die Kältekammer gehen müssen. Denn das vollautomatische System muss hin und wieder überprüft werden. Schließlich arbeitet es bei minus 42 Grad. Da brauchen auch die besten Geräte schon einmal Unterstützung. Zumal die Wiesentheider Kühlhalle in Deutschland die einzige ihrer Art ist, die bei solch extremer Kälte betrieben wird. Für die Lagerung von Lebensmitteln reicht zum Beispiel etwa die Hälfte.
„Wir haben seit vergangener Woche ein beginnendes Sommerloch.“
Dr. Rainer Leimbach über sinkende Zahl an Blutspendern im Sommer
Der klirrenden Kälte müssen dann Alexander Ruppert und Torsten Zimmermann, zwei Mitarbeiter in der Produktion, trotzen. Wenn sie sich mal wieder um das Schaltpult kümmern müssen, ziehen sie sich einen warmen, dicken Overall und eine Fellmütze an und verschwinden für ein paar Minuten hinter den mächtigen Wänden. Viel Zeit bleibt ihnen zum Bedienen des Pults nie: trotz dicker Kleidung und Handschuhen werden die Finger schnell eisig, das Atmen strengt an.
In Gefahr begeben sich Ruppert und Zimmermann jedoch nicht. Denn an den Temperaturunterschied gewöhnt man sich schnell und die Fitness der Mitarbeiter ist stets durch gesundheitliche Tests gewährleistet, erklärt der arzneimittelrechtliche Leiter Dr. Rainer Leimbach. Außerdem müssen die Mitarbeiter nur zum Überprüfen in den eisigen Raum. Wird Plasma benötigt, brauchen Zimmermann und Ruppert im Nebenraum nur auf einen Schalter zu drücken und das automatische System liefert es ihnen in eine große Truhe.
A, B, AB oder 0 – je nachdem, welche Blutgruppe gerade benötigt wird, bringen die Maschinen in den Nebenraum. Auf den Rhesus-Faktor müssen die Angestellten nicht achten, der kommt im Plasma nicht vor. Jedoch muss gewährleistet sein, dass das Plasma mindestens vier Monate alt ist, wenn es sich auf den Weg an bayerische Institute macht, die wiederum Krankenhäuser beliefern. „Es liegt bei uns vier Monate in Quarantäne“, erklärt Dr. Rainer Leimbach. Erst wenn nach dieser Zeit mit einer zweiten Spende nachgewiesen wird, dass das Blut in Ordnung ist, kann das Plasma der Spender freigegeben werden. Der Grund: Manche Infektionen, die die Spender haben, sind nicht sofort zu erkennen.
Es sind also zuverlässige und eifrige Blutspender nötig, um genügend Plasma weitergeben zu können. Doch sie blieben aufgrund der großen Hitze zuletzt meist aus. „Wir haben seit vergangener Woche ein beginnendes Sommerloch“, sagt Leimbach. Im Schnitt bekommt er an „normalen“ Tagen 2000 bis 2800 Spenden. Zurzeit sind es nur etwa 1400. Laut dem Leiter sind die Ferien und die Hitze schuld daran. Denn wenn die Leute verreist sind, können sie nicht spenden. Zudem sei bei hohen Temperaturen das Kollapsrisiko besonders bei Frauen groß.
Für diejenigen, die trotz der hohen Temperaturen Blut spenden wollen, gilt bei extremer Hitze umso mehr: viel trinken, Ruhepausen einplanen und nicht nüchtern spenden. „Jeder muss selbst wissen, was er sich zumuten kann“, sagt Leimbach.
Woraus besteht das Blut?
Das menschliche Blut lässt sich in verschiedene Bestandteile aufteilen: die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die weißen Blutzellen (Leukozyten) sowie die Blutplättchen (Thrombozyten) und zuletzt das blassgelbe Blutplasma. Das Plasma ist zellfrei und besteht größtenteils aus Wasser. Ein kleiner Anteil sind Nährstoffe, Hormone, Mineralien und mindestens 120 verschiedene Eiweißstoffe, die zum Beispiel zur Blutgerinnung und Abwehr von Infektionen lebenswichtig sind. Das Plasma kann bei extrem kalten Temperaturen, wie sie im Lager des Blutspendedienstes in Wiesentheid herrschen, bis zu drei Jahre gelagert werden.