Große Vorhaben brauchen große Worte: "Die Landesgartenschau 2026 wird die größte Umweltschutzmaßnahme in Schweinfurt seit dem Zweiten Weltkrieg", begann Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) seine Ausführungen zu den völlig neuen Plänen, die im Bauausschuss nur durch die Mehrheit der schwarz-grünen Koalition genehmigt wurden und im Stadtrat am 27. Oktober wohl ebenfalls durchgehen.
Es ist der endgültige Startschuss für die Planung der Großveranstaltung, die im Frühjahr und Sommer 2026 mehr als eine halbe Million Menschen nach Schweinfurt locken soll. Im Vergleich zur Diskussion im Stadtrat Ende Mai hat die Verwaltung bei den Plänen quasi eine Kehrtwende vollzogen – man hat sich vor allem den Wünschen der Grünen untergeordnet und diese fast vollständig erfüllt.
In den vergangenen Wochen hatten sich zahlreiche Kritiker nicht nur aus den Reihen des Stadtrates zu Wort gemeldet, auch in der Bürgerversammlung waren sie zu hören. Im Kern geht es ihnen darum, dass sie das finanzielle Risiko der Veranstaltung angesichts der wegen der Corona-Krise angespannten Haushaltslage der Stadt für zu groß halten. Dass die Verwaltung in die Verträge, die der Hauptausschuss am 20. Oktober nichtöffentlich berät, mehrere Ausstiegs-Szenarien geschrieben hat, beruhigte im Bauausschuss die Kritiker nicht.

Die wichtigsten Punkte der neuen Planung: Das Ausstellungsgelände wurde verkleinert, es ist jetzt nur noch rund zehn Hektar groß im Nord-Westen der alten Ledward-Kaserne mit dem Bürgerpark als Schwerpunkt. Das Kessler Field ist nicht mehr Teil der Landesgartenschau, dort soll wenn möglich bis 2026 schon ein Teil des innovativen, klimaneutralen Wohnens entstanden sein.
Als Korrespondenzprojekte und so genanntes "grünes Band" stellte Baureferent Ralf Brettin die Umgestaltung des Schelmsrasen, des Spitalseeplatzes und der Gutermann-Promenade in Aussicht. Ebenfalls völlig neu ist die Idee, den Vorplatz des Hauptbahnhofes im Zuge der Landesgartenschau neu zu gestalten. Etwas, das die SPD seit Jahren fordert.
"Die Landesgartenschau 2026 wird die größte Umweltschutzmaßnahme in Schweinfurt seit dem Zweiten Weltkrieg."
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU).
Der OB betonte, er nehme die Bedenken und Kritik ernst, sie seien durchaus berechtigt. Aus seiner Sicht aber sei die Landesgartenschau ein Hebel für einen "zentralen Entwicklungsschub für Schweinfurt in den nächsten Jahrzehnten."
Er sei sich durchaus bewusst, dass man die Finanzierung ambivalent sehen könnte angesichts der Vorgabe, im Haushalt für 2020 mindestens 20 Prozent der Kosten einzusparen. Das hatte bereits im Sozialausschuss für große Diskussionen gesorgt. Dennoch: "Die Landesgartenschau ist wichtig für die Zukunft der Stadt." Um die Risiken zu minimieren, habe man nicht nur durch die Reduzierung der Fläche Millionen gespart, sondern auch die Verträge "rechtlich so gestaltet, dass wir uns auch wieder verabschieden können."

"Wir wollen die Hotspots abkühlen und dem engen Stadtraum Frischluft geben."
Baureferent Ralf Brettin über die Landesgartenschau und die dazu gehörigen Korrespondenzprojekte.
"Ein Sommer für immer", zitierte Baureferent Brettin einen möglichen Slogan der Veranstaltung, der auch darauf hindeuten soll, worum es der Verwaltung geht: "Wir wollen die Hotspots abkühlen und dem engen Stadtraum Frischluft geben." Der Baureferent ging auch auf die Fördermöglichkeiten ein, die aufgrund der Tatsache, dass man eine Landesgartenschau veranstalte eben deutlich besser seien als ohne. Er bat darum, jetzt die Weichen zu stellen, um den Planungswettbewerb beginnen zu können. Es sei zwar sportlich, aber machbar, bis Ende 2025 mit allen Baumaßnahmen inklusive der Korrespondenzprojekte fertig zu sein.

Die Kosten zeigte der Baureferent ebenfalls auf, sie sind im Vergleich zur bisherigen Planung deutlich niedriger. Man rechnet nun für Bau der Anlagen und die Durchführung der Veranstaltung insgesamt mit 21,3 Millionen Euro. An Förderungen durch Freistaat und andere Stellen sowie Einnahmen durch Ticketverkauf und Sponsoring werden 13,6 Millionen erwartet, so dass auf die Stadt Kosten von 7,7 Millionen Euro zukommen.
Bei den Korrespondenzprojekten rechnet man mit insgesamt neun Millionen Euro. Nach Abzug der verschiedenen Förderprogramme blieben 3,3 Millionen Euro für den Stadtsäckel. Im Durchführungshaushalt kalkuliert die Stadt ein Defizit von 3,4 Millionen Euro ein. Das kann niedriger sein, wenn mehr Menschen als erwartet kommen, oder höher, wenn man wie 2018 in Würzburg deutlich hinter der Schätzung bleibt. Die Zahlen beruhen auf intensiven Gesprächen mit der bayerischen Landesgartenschau GmbH.

"Lassen Sie das Träumen, besinnen Sie sich auf die Realitäten."
Georg Wiederer (FDP) ist wegen der angespannten Haushaltslage der Stadt gegen die Landesgartenschau 2026.
Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) sowie Georg Wiederer (FDP) hatten jeweils den Antrag gestellt, die Pläne zu stoppen. Wiederer forderte dazu auf, sich "auf die Realitäten zu besinnen" statt blumiger Ankündigungen. Es sei besser, jetzt "das Träumen sein zu lassen" und auszusteigen.
Ulrike Schneider sparte nicht mit deutlichen Worten. Sie hält nach wie vor ihren Vorschlag, anstatt der Landesgartenschau einen parkähnlichen Stadtwald für einen Bruchteil der Kosten zu pflanzen, für besser. Dieser Idee erteilten allerdings die Bürger ebenso wie dem Ratsbegehren pro Landesgartenschau beim Bürgerentscheid im Januar 2019 eine klare Absage. Schneider sprach von "Augenwischerei" bezüglich der neuen Pläne. Sie als eine der größten Umweltschutzmaßnahmen der Stadtgeschichte zu bezeichnen, kommentierte sie so: "Trump lässt grüßen." Vor allem wegen der ungewissen Finanzlage der Stadt hielt sie daran fest, aus der Planung auszusteigen.

Ebenfalls gegen die Pläne von Schwarz-Grün und der Verwaltung waren Adi Schön (Freie Wähler), Johannes Petersen (SPD) und Sinan Öztürk (Linke). Petersen schlug eine Verschiebung der Landesgartenschau vor, da zu viel noch unklar sei und er den Zeitplan, bis Ende 2025 fertig zu sein, für zu ambitioniert hält. Adi Schön befürchtet angesichts der Haushaltslage, dass als erstes die Korrespondenzprojekte gekippt werden. Bürgerpark und Entsiegelung in der Kaserne könne man auch mit Hilfe der Städtebauförderung umsetzen.
Sinan Öztürk hielt an der Ausstiegs-Forderung fest. Im Sozialbereich sparen, aber die Landesgartenschau durchziehen, "das ist höchst bedenklich und kann man dem Bürger nicht klar machen."
Die Grünen stehen auf Seiten der Verwaltung und des OB
Die Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka und Reginhard von Hirschhausen lobten die neuen Pläne. "Es ist ein großer Schritt der Stadtentwicklung, bei dem die grünen Wünsche eingelöst wurden", so Laschka, der zufrieden feststellte, die Grünen hätten es im Mai geschafft "bei der Verwaltung den Hebel umzulegen." Reginhard von Hirschhausen betonte, man werde darauf achten, dass in jedem Fall die Korrespondenzprojekte umgesetzt werden: "Ansonsten stimmen wir für den Ausstieg."
Rüdiger Köhler (CSU) erklärte, seine Partei wolle die Stadt weiterentwickeln. Die Landesgartenschau sei ein "Zukunftsprojekt", bei dem nun Projektmanagement und Kostenkontrolle sowie die Ausstiegsszenarien wichtig seien. Gerade die Gutermann-Promenade sei eine wichtige Klammer, "die Landesgartenschau in die Stadt zu tragen", so Köhler.
Landesgartenschau Schweinfurt 20262014 zog die us-amerikanische Armee aus der Ledward Kaserne sowie den Wohngebieten Askren Manor sowie Yorktown/Kessler Field ab. Die so genannten Konversionsflächen, insgesamt gut 80 Hektar, kaufte die Stadt der Bundesimmobilien-Verwaltung ab. Die CSU-Fraktion ließ als erste die Idee prüfen, auf einem Teil des früheren Kasernen-Geländes entlang der Niederwerrner Straße neben dem Willy-Sachs-Stadion eine Landesgartenschau zu veranstalten. Im Jahr 2018 bewarb sich die Stadt für die LGS 2026 und erhielt im Juli 2018 den Zuschlag. Der Konzeptentwurf sieht nun nach den im Oktober 2020 verabschiedeten Plänen vor, dass im Nord-Westen der Ledward Kaserne zehn Hektar als Landesgartenschau vorgesehen sind. Dort soll ein Bürgerpark entstehen, die Panzerhalle 237 wird als Blumenhalle genutzt. Im Süden wird die Landesgartenschau von der Carus-Allee begrenzt, einem über 600 Meter langen und 37 Meter breiten grünen Band von Ost nach West durch die alte Kaserne. Im Norden grenzt sie an die Kleingartenanlage Alte Warte. Außerdem werden so genannte Trittstein-Projekte geplant, die über den Schelmsrasen, den Spitalseeplatz bis zur Gutermann-Promenade ein grünes Band von der LGS bis an den Main ergeben sollen. Außerdem soll der Platz vor dem Hauptbahnhof komplett neu gestaltet werden. Das Kessler Field ist nicht mehr Teil der Landesgartenschau, dort sollen bis 2026 aber schon erste Projekte des innovativen, klimaneutralen Wohnens zu sehen sein.Um die Pläne zur Landesgartenschau gibt es seit Jahren immer wieder Streit. Im Sommer 2018 gründete Ulrike Schneider eine Bürgerinitiative für einen parkähnlichen Stadtwald statt Landesgartenschau. Der Stadtrat konterte mit einem Ratsbegehren für einen Bürgerpark mit Landesgartenschau. Beide Vorhaben scheiterten beim Bürgerentscheid im Januar 2019 deutlich. Im Februar 2019 bestätigte der Stadtrat noch einmal die Pläne für eine LGS, dergleichen im Mai 2020 und mit großer Wahrscheinlichkeit auch Ende Oktober 2020 noch einmal. Wegen der finanziellen Einbußen durch die Corona-Pandemie steht die LGS nun wieder in der Diskussion. Es gibt neben den "Freunden der Landesgartenschau e.V." auch eine Bürgerinitiative gegen die Landesgartenschau.Quelle: Schweinfurter Tagblatt/Stadt Schweinfurt