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Luftangriff 1943: Mutter hatte keinen Schutzengel

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Luftangriff 1943: Mutter hatte keinen Schutzengel

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    Von Trümmern umgeben: Das Zeughaus. Am 17. August 1943 war der erste Luftangriff auf Schweinfurt.
    Von Trümmern umgeben: Das Zeughaus. Am 17. August 1943 war der erste Luftangriff auf Schweinfurt. Foto: Stadtarchiv

    Neulich, Treff mit der Kissinger Verwandtschaft. Irgendwie kommen wir auf die Luftangriffe auf Schweinfurt, den Krieg. Kinder waren sie damals alle, erlebten den Krieg in Kissingen nicht so hautnah wie die in Würzburg und Schweinfurt. Aber sie erinnern sich noch gut an die brennenden Christbäume, mit denen die Piloten bei Nachtangriffen ihre Ziele markierten. Und an die Luftschutzkeller, die Sirenen. Sirenengeheul, das hat immer noch etwas Bedrohliches, auch wenn das alles 70 Jahre her ist. „Ich krieg' da immer noch Angst.“

    „Unser Haus ist als einziges eingestürzt“, erinnert sich ein 80-Jähriger, der jetzt in Sennfeld lebt, an den 17. August 1943. Er hat alles noch sehr gut im Gedächtnis, hat aber darum gebeten, seinen Namen nicht zu erwähnen. Sicher, weil ihm alles noch sehr nahegeht, er mit den Tränen kämpft, aber auch, weil er Sätze sagt wie: „Alle haben sie ,Heil' gerufen, und dann wollte keiner was gewusst haben.“

    Seine Familie wohnte damals in der Mozartstraße 21. Mit seiner kleinen Schwester und der Mutter war er in Wonfurt, als der Angriff startete. Sofort versuchten sie, zurück nach Schweinfurt zu kommen: Sie machten sich Sorgen um die Schwester und die Großeltern, die daheim in der Wohnung waren. Sie hatten Glück, konnten auf einen Arbeitszug in Obertheres aufsteigen – und sahen, am Schweinfurter Stadtbahnhof angekommen, die ersten Trümmer. Großeltern und Schwester waren aus der Ruine des Hauses gerettet worden. „Aber die Schwester hat das schwer mitgenommen, sie war traumatisiert.“

    Weil die Familie ausgebombt war, bekam der Vater Urlaub von der Front. Er besorgte eine neue Wohnung in der Beethovenstraße. Die dann später auch zerbombt wurde. Erst 1946 hat der Sohn den Vater wiedergesehen, der in Gefangenschaft gewesen war. „Ich habe nie daran gezweifelt, dass er zurückkommt“. Trotzdem ist es ein besonderer Moment, als der Junge eines Tages im Jahr 1946 heimkommt und der Vater einfach so in der Behelfsunterkunft der Familie sitzt.

    In der Unterhaltung über Krieg, Bomben und Nazis spürt man aber auch die Unbefangenheit, die der 80-Jährige damals als Kind hatte, die Neugier. Nach den Angriffen ist er sofort los, hat geschaut, was zerstört worden war. Gleichzeitig aber hat ihm der Krieg die Kindheit genommen. „Wir sind schnell erwachsen geworden.“ Der Vater im Krieg, da übernahm der Junge als einziger Mann in der Familie die Verantwortung.

    Gerhard Brunner, der heute in Grünwald bei München lebt, war vier, als am 17. August 1943 die Bomben fielen. Er saß mit seinem Bruder in einem Luftschutzkeller in der Sonnenstraße. Dort schlug eine Bombe ein. Gerhard Brunner hat seine Erinnerungen an den 17. August aufgeschrieben. Nach einigen Stunden wurden er und sein Bruder aus den Trümmern befreit. „Später erfuhr ich, dass meine Mutter (32 Jahre alt) ums Leben gekommen ist – es hat ihr die Lunge zerrissen. Sie hatte im Gegensatz zu mir und meinem Bruder keinen Schutzengel.“ Sie war nach Sennfeld geradelt, um Obst und Gemüse zu kaufen.

    „Auf der Rückfahrt gab es schon Fliegeralarm; sie wurde von Sicherheitskräften an der Stadtgrenze aufgehalten. Da sie das Sicherheitspersonal anflehte, zu ihren beiden Kindern durchgelassen zu werden, ließ man sie weiterfahren. Das war ihr Schicksal, man hätte sie aufhalten sollen“, schreibt Gerhard Brunner. „Zu Hause in der Sonnenstraße angekommen, packte sie uns und brachte uns in den Luftschutzkeller. Unmittelbar danach schlug die Bombe ein.“

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