Die Geschichte des Bierbrauens in Werneck ist alt. Sie beginnt 1617. Später, 1861, gelangte der Braubetrieb in der Ortsmitte in den Besitz der Familie Wurm. Das ist heuer 150 Jahre her und soll am kommenden Sonntag mit einem Tag der offenen Tür inklusive Bilderausstellung und der Präsentation eines eigens hierfür produzierten Films über die Wernecker Bierbrauerei gebührend begangen werden.
Geführt wird das Unternehmen, in dem heute 23 Mitarbeiter einen Job haben und zahlreiche Schüler als Aushilfen ihr erstes Geld verdienen können, von Hans Jörg Lang – einem direkten Nachfahren des Erstbesitzers Johann Michael Wurm in mittlerweile fünfter Generation. Der Namenswechsel geht auf die Heirat der Urenkelin Charlotte Wurm mit Hermann Lang zurück, der später zum Geschäftsführer bestellt wurde und diesen Posten seinem Sohn Hans Jörg vermachte – einem studierten Diplom-Kaufmann. Der hat 1997 auch die auf weitere Familienzweige verstreuten Unternehmensanteile wieder vereint und ist nun alleiniger Brauereiinhaber und „Chefkaufmann“ in Personalunion.
Dass die Wernecker vom allgemeinen Brauereisterben auf dem heftig umkämpften und von Konzentrationsvorgängen betroffenen Biermarkt bisher verschont geblieben sind, führt Lang einerseits auf das hohe Traditionsbewusstsein in seinem Betrieb zurück. Andererseits habe man sich auch der Moderne gestellt, etwa mit der nun geplanten Investition in eine vollautomatische Fass-Abfüllmaschine. Vor allem aber greife man mit dem Sortiment „die Eigenheiten der Menschen in unserer Region auf“, sagt Lang. So habe man vor den meisten Mitbewerbern den Bügelverschluss an den 0,5-Liter-Flaschen wieder eingeführt und mit dem „Laurentius“ ein unfiltriertes Märzen auf den Markt gebracht. Das wurde zum Renner, steht in der hauseigenen Absatzliste hinter dem Pils auf Platz zwei, noch vor den traditionell verkaufsstärkeren Weißbieren.
„Die meisten Dinge mache ich so, wie ich sie als Biertrinker gerne hätte – und dann passt das“, erzählt der „Instinktmensch“ Lang und spricht explizit den Bügelverschluss an: „ . . . macht plopp, sieht gut aus“. Mit der basta-Biermischgetränke-Serie hat er auf dem jüngeren Markt Erfolg, das alkoholfreie Hefeweizen kommt bei den Sportlern der Midage-Generation gut an. Den „richtigen Riecher“ scheint er auch an seinen Sohn Andreas weitergegeben zu haben, der ihn unlängst mit der Idee eines eigenen Energy-Getränks überraschte, „quasi der fränkischen Antwort auf Red Bull“. Papa Hans Jörg schickte ihn zu Braumeister Stefan Reusch, ließ die beiden die Sache alleine „ausbaldowern“ und erhielt „Fränkisches Energy“ in der 0,33-l-Mehrwegflasche. „Es läuft schon ganz gut“, berichtet er von der Markteinführung.
Im Landkreis Schweinfurt sind die Wernecker inzwischen eine von nur noch zwei regionalen Brauereien, die der Konkurrenz und dem enormen Werbedruck der „Autobahnbrauereien“, wie Lang die Braukonzerne aus dem Norden und Westen Deutschlands nennt, trotzen konnten. In Hausen gibt es noch den kleinen Familienbetrieb von Ullrich Martin, allerdings erst seit 2007. Auf dem großen Friedhof der Landkreis-Brauereien liegen inzwischen so namhafte Betriebe wie die Poppenhausener Werner-Bräu (1999 übernommen durch die Würzburger Hofbräu), die Mönchstockheimer Brauerei Nastvogel, das Brauhaus Gerolzhofen oder auch die Hümmer-Bräu aus Dingolshausen. Mit einem Ausstoß von rund 20 000 Hektoliter Bier sind die Wernecker zwar etwas kleiner, als die Schweinfurter Mitbewerber Roth und Brauhaus, aber offensichtlich groß genug, um auf dem regionalen Markt bestehen zu können.
Eine Brauerei ist im Leben einer Stadt oder Marktgemeinde meist nicht nur Wirtschaftsbetrieb, sondern auch Teil der Gesellschaft. Die Wernecker sind im Ort deshalb nicht nur an Bord, wenn getrunken oder gefeiert wird, sondern seit Jahrzehnten auch quasi Betreiber der heimischen Eislaufbahn auf den Wernwiesen. Seit 1843 wird im Spätherbst auf dem Brauereigelände zwischen der Wern und dem Sportplatz das Wasser aufgestaut. Früher diente der „Wurm-See“ über den Winter zur Eisgewinnung für die Lagerkeller und im Sommer als Fischweiher. Das mit den Fischen ist lange vorbei und auch die Kellerlagerung dank moderner Edelstahltanks passé. Dafür ist der Stausee in der kalten Jahreszeit inzwischen zur beliebten Schlittschuhpiste der Marktgemeinde geworden.
In sechs Jahren kann man in Werneck auf vier Jahrhunderte Bierbrautradition zurückblicken. Dass diese dann auch noch – seit 156 Jahren – von der Familie Wurm/Lang gepflegt wird, scheint absehbar. Hans Jörgs Sohn Andreas hat nach dem Abi eine Brauerlehre in Angriff genommen, Tochter Christine – ebenfalls Abiturientin – will Handelsfachwirtin werden. Gemeinsam könnten sie den Betrieb einmal übernehmen und sowohl technisch als auch wirtschaftlich kompetent führen.