Schon im Eingangsbereich der Schweinfurter Fahrschule Ulsenheimer macht ein Hinweisschild auf die Hygienemaßnahmen aufmerksam. Theorie- und Praxisunterricht, wie man ihn kennt, existiert nicht mehr. Und selbst ein tiefes Durchatmen bei der aufregenden ersten Fahrstunde ist mit Mund- und Nasenschutz nur bedingt möglich. Mit diesen und weiteren Herausforderungen haben Fahrschulen und deren Schüler in Zeiten der Corona-Pandemie zu kämpfen. Doch nach der sechswöchigen Schließung sind die strengen Auflagen wohl das geringere Übel. Exemplarisch für die gebeutelte Branche erzählt Schweinfurts älteste Fahrschule, worauf es jetzt ankommt.
"Das war schon ein Schock für meinen Mann und mich", erinnert sich Andrea Ulsenheimer an den 18. März. An den Tag, an dem ihre Fahrschule schließen musste und eine Zeit der Ungewissheit begann. "Das war furchtbar, uns hat niemand gesagt, wie es weitergeht", so die 51-Jährige. Erst nach mehreren Wochen, in denen das Familienunternehmen Kurzarbeit angemeldet und staatliche Hilfe beantragt hatte, kam die frohe Botschaft: Ab 11. Mai können die bayerischen Fahrschulen wieder aufmachen. Nun zieht Inhaber Jörg Ulsenheimer ein erstes Fazit: "In Anbetracht der Umstände lief die erste Woche echt gut, nun kommen nach und nach neue Probleme hinzu."
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10 statt 30 Schüler im Unterricht
Für Fahrschulen gelten klare Regeln. Zu den wichtigsten zählt der Mund- und Nasenschutz im Auto, die Desinfektion des Wagens nach jeder Fahrstunde und die Einhaltung des Mindestabstandes während des Theorieunterrichts. Letzteres führt zu einer deutlichen Reduzierung der Schüleranzahl pro Unterrichtsstunde. "Normalerweise können bei uns knapp 30 Schüler sitzen, jetzt sind nur noch zehn erlaubt", sagt Jörg Ulsenheimer.

Zwar biete man nun doppelt so viel Theorieunterricht an, ausreichend für die große Schülerzahl sei das aber noch immer nicht. Und so müsse man eine Reihe an ausstehenden Fahr- und Theoriestunden für etliche Schüler nach hinten verschieben. "Jeder Schüler muss sich nun für jede Stunde anmelden, da wir ja nur begrenzt Plätze zur Verfügung haben", erklärt Andrea Ulsenheimer. In einer Phase, in der viele Schüler mehr Zeit als gewöhnlich haben, sei dieses Problem oft schwer zu vermitteln. Das gelte auch für einige Eltern, die gerade jetzt auf einen schnell erledigten Führerschein ihres Kindes drängten. Ulsenheimer hat mittlerweile sogar einen weiteren Fahrlehrer eingestellt, bietet mehr Stunden an und trägt mehr Kosten. Den großen Bedarf kann die Fahrschule durch die strengen Auflagen trotzdem nicht ausreichend decken.
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Pflichtpause während der Fahrt wird zum Problem
Dass die Corona-Regeln zu einer Zeitverzögerung führen, macht sich auch in der Praxis bemerkbar. Nach jeder Fahrstunde muss der Fahrlehrer Lenkrad, Handbremse, Schaltknopf und diverse Knöpfe desinfizieren. Hinzu kommt die größere Belastung durch den Mund- und Nasenschutz. "Natürlich sind die Fahrschüler auch manchmal aufgeregt und durch die Maske kommen sie dann noch mehr in Wallung", betont Andrea Ulsenheimer. Eine entspannte Atmosphäre und ein lockerer Austausch mit dem Lehrer leide darunter.
"Natürlich sind die Fahrschüler auch manchmal aufgeregt und durch die Maske kommen sie dann noch mehr in Wallung."
Andrea Ulsenheimer, Schweinfurter Fahrschule
Um die besondere Belastung durch die Maske zu minimieren, ist eine Pause nach spätestens 60 Minuten Fahrzeit gesetzlich vorgegeben. Dann kann der Fahrschüler das Auto für einen Augenblick verlassen, die Maske abnehmen und durchatmen. Das Problem: Das Gesetz sieht für Sonderfahrten wie Überland- oder Autobahnfahrten eine Mindestdauer von 90 Minuten am Stück vor. "Wenn man also die vorgeschriebene Pause macht, dann werden unsere Schüler nicht zur Prüfung zugelassen", kritisiert Jörg Ulsenheimer. Hier beiße sich Gesundheitswesen und Ausbildungsvorschrift. Dieses Problem würde zwei Drittel aller Fahrschüler derzeit betreffen, so Ulsenheimer. Man hoffe nun auf eine Änderung der Vorschrift.
"Ich glaube, dass das noch bis zum Jahresende so weitergeht"
Grundsätzlich hat Ulsenheimer aber Verständnis für die vielen Vorsichtsmaßnahmen. Auch der große Mehraufwand, etwa durch die vielen Dokumentationspflichten, sei richtig. "Unsere größte Angst ist natürlich, dass sich irgendjemand infiziert und eine Kettenreaktion auslöst", so der 52-Jährige. Um keine erneute Schließung zu verursachen, dürfe man deshalb nichts riskieren. Dennoch, betont der Inhaber, seien nicht alle Vorschriften nachvollziehbar.
So habe er schon vor der Wiedereröffnung vorgesorgt und Spuckschutzscheiben für die Gesichter der Fahrlehrer besorgt. Diese wurden jedoch vom Gesundheitsamt nicht als Ersatz für Masken genehmigt. "Sowas ist dann einfach schade", bedauert Ulsenheimer. Ebenso wenig konnte er das Verbot von Motorrad-Fahrstunden verstehen. Diese hätte man laut Ulsenheimer auch während der Schließung problemlos anbieten können. "Wenn der Schüler auf dem Zweirad sitzt und der Lehrer im Auto, dann liegt die Ansteckungsgefahr bei Null."
Trotz der wirtschaftlichen Belastung und der großen Herausforderungen sei man nun aber froh, dass es wieder läuft. Wenn auch erschwert. Wie lange die Arbeit unter den strengen Auflagen noch andauert, weiß der Fahrlehrer nicht. Jedoch rechnet er nicht mit einer schnellen Veränderung. "Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass das noch bis zum Jahresende so weitergeht."