Am fünften Verhandlungstag im Prozess um eine vermeintliche Massenschlägerei, die sich am 19. Februar 2023 nach dem Faschingsumzug in Hammelburg zugetragen haben soll, brachen zwei von drei Angeklagten ihr Schweigen. Sie legten vor der 1. Große Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt ein Teilgeständnis ab. Ein 35-Jähriger hatte bereits am vierten Verhandlungstag gestanden.
Den Männern zwischen 21 und 35 Jahren wird vorgeworfen, bei einer Faschingsveranstaltung mehrere Personen, darunter Sicherheits- und Polizeibeamte, getreten und beleidigt zu haben.
Erinnerungslücken bei zwei der drei Angeklagten vor dem Landgericht Schweinfurt
Ein 21-jähriger Angeklagter könne sich zwar nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern, er gestehe aber, sich strafbar gemacht zu haben und bereue seine Handlungen, sagt sein Anwalt. Auch sei nicht auszuschließen, dass er ausfällig gegenüber Polizisten wurde.

Auch sein Bruder hätte keine Erinnerungen an den Auslöser für die Schlägerei. Er wisse noch, so seine Anwältin, dass auch er am Boden gelegen habe, während mehrere seiner Kumpels auf ihm gelegen hätten. Er gesteht zwar die Tritte auf einen Sicherheitsbeamten, nicht aber auf einen unbekannten Passanten.
Laut seiner Anwältin hätte er sich in einer "schweren Phase" befunden. Familiäre Schicksalsschläge und fehlende Anerkennung im Umfeld, hätten dazu geführt, dass er in den Jahren 2022 und 2023 "extrem abgerutscht" und Drogen konsumiert hätte. Er sei daraufhin aggressiv geworden und sein Leben nicht mehr im Griff gehabt, dies belegten auch mehrere Vorstrafen, schildert sie.
Weitere Vorfälle nach dem Hammelburger Faschingsumzug konnten durch Zeugen verhindert werden
Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Weitere Vorfälle in Hammelburg konnten nur durch die Zeugen verhindert werden. Während ein 35-Jähriger von der "Haft nachhaltig beeindruckt" wirke, seien die Vorstrafen der Brüder "erheblich".
Trotzdem fordert der Staatsanwalt, die Vorverurteilung eines Bruders nicht einzubeziehen, denn bei beiden zeichne sich eine positive Entwicklung ab. Zudem werden die Taten in Bezug auf die erste, verletzte Person eingestellt, da die Strafe nicht erheblich ins Gewicht fiele.
Verteidigung spricht von "desolaten Ermittlungen" der Hammelburger Polizei
Für die Verteidigung ergeben die Vorfälle kein klares Bild, die Angriffe auf eine dritte Person, ein Passant, seien nicht hinreichend belegt. Die Anwälte sprechen von "desolaten Ermittlungen", "wachsweichen Zeugenbefragungen" und einem "örtlichen Sheriff", der mal aufräumen wollte. Ein Zeuge hätte zudem eine 180-Grad-Drehung vollführt.
Der 35-Jährige sei durch eine Tat, die spontan und unter Alkohol entstanden sei, "aus dem Leben gerissen" worden, sagt sein Anwalt. "Für meinen Mandanten war das Erlebnis erschütternd, das vergisst er ein Leben lang nicht." Auch für die angeklagten Brüder sei es ein "schicksalshafter Tag" gewesen, beide hätten ihr Leben geändert und befänden sich in Suchtberatung, so die Verteidigung.
Alle drei Angeklagten wurden vor dem Landgericht Schweinfurt für schuldig befunden
Die Richterin betont, dass die Urteile sich auf Aussagen mehrerer Augenzeugen stützen würden, die keinen Zweifel an der Schuld der Angeklagten gelassen hätten. Der 35-Jährige wird der Beleidigung und gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monate auf Bewährung verurteilt.

Der 21-Jährige wurde der gefährlichen Körperverletzung, mehrerer weiterer Körperverletzungen und weiterer Straftaten für schuldig befunden. Sein Bruder wurde der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen und der Beleidigung von Polizeibeamten für schuldig gefunden. Beide Angeklagte werden nach Jugendstrafrecht zu einem Jahr und acht Monaten respektive einem Jahr und sechs Monate verurteilt, ausgesetzt auf Bewährung. Dazu kommen Schmerzensgelder in Höhe von 400 Euro und ein Alkohol- und Drogenverbot.
Zwei von drei Urteilen sind rechtskräftig.