Wenn man mit dem Pro-Atomkraft-Aktivisten Andreas Fichtner spricht, der es am Freitag schaffte, auf einem Strommast angeseilt die Sprengung der Kühltürme am Kernkraftwerk Grafenrheinfeld um eineinhalb Stunden zu verzögern, kann man seine Geschichte kaum glauben. Wäre es ein Film, man würde es als unglaubwürdig abtun. Nach seiner Darstellung versteckte er sich schlicht im Wald hinter einem Baum, kletterte gegen 17 Uhr auf einen Strommast und wurde fast eine Stunde lang nicht bemerkt.
Diese Geschichte wirft eine Vielzahl an Fragen auf, die insbesondere das Landratsamt Schweinfurt sowie die Polizei betreffen. Im Vorfeld hatten die Behörden ein ausgefeiltes Sicherheitskonzept entworfen und einen Sperrbereich rund um das eigentliche Kraftwerksgelände verfügt, auf dem die Kühltürme standen. Ab 15 Uhr durfte niemand mehr hinein, angekündigt war eine strikte Überwachung.

Den Polizeihubschrauber, der lange über das Gelände kreiste, dürften alle Zuschauerinnen und Zuschauer gesehen haben. Doch warum erkannten die Beamten den Aktivisten, der nach eigener Aussage mehrere Stunden im direkt an den Strommast angrenzenden Wald stand, auf ihrer Wärmebildkamera nicht? Und warum hatten die Streifen, die das Gelände absuchten, keinen Hund dabei?
Natürlich zählt am Ende das Ergebnis: Die Kühltürme wurden gesprengt, es ist niemand zu Schaden gekommen. Und der Aktivist wird nach Abschluss der Ermittlungen vermutlich angemessen von der Justiz bestraft. Doch genauso wichtig ist eine ehrliche und transparente Aufklärung des Polizeieinsatzes am Freitagabend.