Eines der markantesten Gebäude der Gerolzhöfer Altstadt, das auf eine reiche Geschichte zurückblickt, wird in wenigen Wochen wie frisch aus dem Ei gepellt dastehen. Die Rede ist vom vormaligen Gasthof "Zur Schwane" in der Rügshöfer Straße. Dessen Sanierung hat länger gedauert als gedacht. Und es hat mehr Kraft gekostet als angenommen, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sagen Frank und Mario Döpfner. Doch jetzt sind sie stolz auf das Ergebnis.
"Ob ich so etwas nochmals machen würde, weiß ich nicht", gesteht Frank Döpfner. Er führt mit seinem Bruder Mario ein mittelständisches Unternehmen. Verantwortung für einmal getroffene Entscheidungen zu übernehmen und Projekte auch gegen Widerstände durchzuboxen, das ist für das Brüderpaar nicht fremd. Doch die Sanierung eines über 400 Jahre alten Gebäudes – das war für sie beide nicht nur Neuland. Es war auch nervenaufreibend.
Ab September alle Wohnungen belegt
Nach drei Jahren Bauzeit, unterbrochen von Umplanungen, können sie die Baustelle halbwegs entspannt betreten. Das Gröbste ist geschafft. Am früheren Gasthof ist das Gerüst verschwunden und das Notariat als erster Mieter eingezogen. Im rückwärtigen Bettentrakt des einstigen Hotelbetriebs wird noch gearbeitet. Doch bis Anfang September sollen die letzten Mieter eingezogen sein.

Insgesamt 16 Wohnungen entstehen auf dem Areal, berichten die Döpfners. Im historischen Wohnhaus hinter dem Floriansbrunnen sind neben dem Notariat und einem Grafikbüro zwei Wohnungen untergebracht. Fünf kleine Wohnungen entstehen als möblierte Einzelapartments, bevorzugt für Leiharbeiter, die in ihrer Firma beschäftigt sind, sagt Mario Döpfner. Die restlichen Wohnungen werden hauptsächlich an eigene Mitarbeiter vermietet. Insgesamt 1250 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche sind das Ergebnis der Sanierung.

Die Idee zu diesem Projekt wurde vor viereinhalb Jahren während des Frühstückskaffees geboren, erinnert sich Frank Döpfner: "Da habe ich zu meinem Bruder gesagt: ,Wir müssen etwas unternehmen, um Betriebswohnungen zu bekommen.‘" So startete die Suche nach einem passenden Objekt in Gerolzhofen. Letztlich landeten die Brüder bei der "Schwane", die zum Verkauf stand.
Ideen kamen nach und nach
Ein Glücksfall? Schwer zu sagen. Teile des alten Gasthofs waren einsturzgefährdet, berichtet Frank Döpfner. Ihr Hauptaugenmerk richtete sich anfangs auf den Zwischenbau mit den dortigen kleinen Zimmern, die sich gut zu kleinen Apartments umbauen ließen, sagt Mario Döpfner. Genau das hatten sie schließlich gesucht. Ideen, was sie mit dem historischen Rest ihres Grundstückskaufs anstellen könnten, entwickelten sie mit Architekt Peter Kern.

Die Gerolzhöfer Unternehmer erkannten, dass viel mehr hinter dem Vorhaben steckt, als Betriebswohnungen zu errichten. Dies hätten sie anderswo einfacher bekommen können, mit weniger Überraschungen verbunden, wie sie beim Sanieren eines denkmalgeschützten Gebäudes aus dem 17. Jahrhundert unausweichlich sind. "Uns ging es darum, der weiteren Verödung der Innenstadt vorzubeugen", sagt Frank Döpfner. "Das Projekt hätte sonst keiner angepackt." Sie wollten Vorbild für andere sein.
Blockheizkraftwerk und Photovoltaik
Belebung der Altstadt statt Neubausiedlung, erhalten statt wegreißen. Im Dunstkreis dieser Schlagworte verorten Frank und Mario Döpfner ihre Motive. Zugleich wollten sie zeigen, dass es auch bei der Wiederbelebung von Altbauten möglich ist, zeitgemäße Energie- und Wärmestandards (KfW-Effizienzhaus "Denkmal Standard 85" und "Standard 70") zu berücksichtigen. Ein Blockheizkraftwerk versorgt das Areal in der Grundlast mit Wärme und Strom. Eine 30-Kilowatt-Photovoltaikanlage erzeugt Strom, der über einen Batteriespeicher die Mieter günstig mit Strom versorgt. Eine Pelletheizung schafft in der kalten Jahreszeit zusätzliche Wärme. Der Brennstoff stammt aus Holzspänen, die in ihrer Fensterbaufirma anfallen, erläutert Mario Döpfner.

Eine Regenwasserzisterne mit 15.000 Litern fängt Wasser auf. Dieses wird auch im Garten gebraucht, der als parkähnliche Anlage mit Grill- und Spielplatz sowie Gemüsegärten und Terrasse für die Bewohner bis Ende dieses Jahres entstehen soll.
Stark gestiegenen Materialpreise hat die Bauherren, die eigenen Angaben nach dreieinhalb Millionen Euro investiert haben, wie alle anderen getroffen. Doch immerhin hatte ihre Baustelle mit keinem Materialmangel zu kämpfen, sagt Mario Döpfner. Für ihn ist das der Verdienst der 40 Handwerker und Dienstleister, die am Bau beteiligt waren. Sie kommen fast ausschließlich aus Gerolzhofen und der Region.
Wohnraum unter alten Dachbalken
Ein Filetstück das Sanierungsprojekts ist neben den schmucken Räumen des Notariats im Erd- und Obergeschoss des alten Gasthofs die Wohnung und das Atelier, die im Dachstuhl entstanden sind. Dort, unter den sichtbaren Balken aus der Bauzeit des Hauses, wird die Historie mit Händen greifbar. Es war aber auch die Baustelle innerhalb der Baustelle, die den meisten Aufwand erfordert hat, sagen die Bauherren.
Wer sich selbst einen Eindruck von der sanierten "Schwane" machen möchte, hat dazu am Samstag, 8. Juli, die Möglichkeit. Von 10 bis 15 Uhr lädt da das Notariat zum Tag der offenen Tür ein, bei dem auch weitere Räume kostenlos im Gebäude besichtigt werden können.
Geschichte des alten GasthofsDas im Jahr 1605 errichtete Gebäude, das an einer aufgeweiteten, zentralen Stelle der einstigen Centvorstadt in Gerolzhofen liegt, hat laut denkmalpflegerischer Befunduntersuchung drei Umbauphasen erlebt. Das Gebäude war während der Zeit von Fürstbischof Julius Echter mit Schüttboden, Keller und hofseitig angebauten Scheunen errichtet worden.Bereits im Jahr 1636 wurde im Obergeschoss ein großer Saal errichtet. Dieser wurde im 19. Jahrhundert nochmals umgestaltet, als man das Anwesen zum Gasthof umbaute. Hierzu entstand im Erdgeschoss eine Gastwirtschaft, samt Küche und größerem und kleinerem Gastraum.In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgten weitere Umbauten für die Nutzung als Gasthof, den als letzte Eigentümer Familie Konrad als Hotel Garni betrieb.mim