Im Jahr 1990 ist der FC 05 Schweinfurt in die Zweite Fußball-Bundesliga aufgestiegen. Auf die Finanzen des Vereins hatte auch Ralf Hofmann einen Blick gehabt. Wäre er dort nicht eingebunden gewesen, wäre seine berufliche Laufbahn vermutlich anders verlaufen. Aber seine Expertise in Sachen Finanzen war auch woanders gefragt.
Mit Dominik Brähler hatte ein absoluter Musikfan zusammen mit zwei Freunden eine Gesellschaft gegründet, die Blues Agency GbR. Auch sie war froh, in dem 23-jährigen Hofmann, damals Student der Politikwissenschaften in Bamberg, einen Mitstreiter zu finden, der sich solide und mit Sachverstand um Geld und Bilanzen kümmern konnte.
Hofmann stieg in die Blues Agency ein, bei der er mit Brähler zum Gesicht des Unternehmens wurde. Neben den Bluestagen in der Schreinerei am Obertor gab es immer mehr Veranstaltungen, deren kommerziellen Erfolg Hofmann allerdings eher bescheiden nennt. "Um zu einem Konzert zu fahren, mussten wir schauen, wer die 20 Mark Benzingeld beisteuerte." Es gab keinen Business-Plan. "Wir waren naiv, haben das gelebt, auch prekär." In diese Zeiten fielen das Clown-Festival und die Konzerte im Brauhauskeller.

Der Durchbruch gelang fernab – in Ostfriesland
Den ersten wirklichen wirtschaftlichen Erfolg hatte die Blues Agency mit einem Bikerfest im städtischen Jugendhaus: "Da waren wir erstmals wirklich erfolgreich." Es fand unter dem Titel Honky Tonk statt, der schon weniger später zu einem Markenartikel aus Schweinfurt werden sollte. Dabei steht der Begriff ursprünglich für Lokale im Süden der USA, die von Live-Musik geprägt sind. Damit erhielt ein Teil der sich heute vor 40 Jahren in Schweinfurt entwickelnden "Soziokultur" einen kommerziellen Ableger. Beim Bikerfest fragte ein Macher des Emdener Nordsee-Blues-Festivals, ob die Agency Bands vermitteln könnte. 1993 kam es zu einem ersten Festival dort mit 14 Bands in 13 Kneipen. "Da haben wir erstmals richtig Geld verdient", erinnert sich Hofmann.
In Schweinfurt selbst waren die Angebote für junge Leute eher unterwickelt. Als die Blues Agency 1993 zum ersten Honky Tonk lud, gab es 3600 Besucher. Die Werbegemeinschaft "Attraktives Schweinfurt" sah eine Perspektive für die Innenstadt und stieg finanziell ein. Auch das Brauhaus und die Winzergenossenschaft wurden zu Sponsoren.
Auch die Stadt erkannte den Wert des Festivals
Unterstützung fanden Hofmann und Brähler in Ordnungsreferent Thomas End und dem Leiter des Ordnungsamtes, Helmut Wehner. "Helmut Wehner hat uns unterstützt, geschult und beraten", erinnert sich Hofmann. "Mit diesem Gerüst konnten wir in andere Städte gehen." Die Gastronomie zog mit, es gab eine große Hilfsbereitschaft. Die Besucherzahl wuchs bis auf 16.000 an.

Dominik Brähler war bei einem Besuch in Leipzig mit der dortigen Musikszene in Kontakt gekommen und hat einen Gastronomen für die Honky-Tonk-Idee begeistert. Zum ersten Festival dort kamen 4000 Besucher. Damit wurde für Brähler und Hofmann die Geschäftsidee konkret. Das Ziel: ein Festival im Monat. "Davon können wir leben." Das Ziel wurde erreicht: Veranstaltungen in acht Bundesländern, darunter in Erfurt, Weimar, Mainz, Erlangen und Regensburg folgten. Honky Tonk überschritt die Bundesgrenze in die Schweiz nach Österreich. Den Höhepunkt erreichte es in Leipzig mit 45.000 Besuchern.
"Dabei haben wir es immer geschafft, authentisch zu bleiben", sagt Hofmann. "Wir haben uns nie verbogen." Bei den Aufs und Abs haben man nie die Schuld bei anderen gesucht.

Abs? Wenn bei einem Honky Tonk ein Henry Maske boxte, konnten 500 Besucher fehlen. Da rutschte ein Festival schon mal in die roten Zahlen. "Das ganz normale Honky Tonk hatte dünne Gewinnmarchen, das war ein Hochrisikogeschäft." Da habe man sich schon manchmal selbst ausgebeutet. Bei allem Stress habe es nie Ärger unter den Partnern gegeben. "Wir waren wie eine Familie."
Das Honky Tonk verlor an Reiz
Mit dem Riesenerfolg in Schweinfurt erreichte Honky Tonk jedoch den Zenit. Für Hofmann verlor es, wie er sagt, seinen Reiz. In der Gastronomie hatten die Wirte gewechselt, in der Region gab es andere Veranstaltungen, zum Teil bei freiem Eintritt. 2017 haben sich die Blueser geschäftlich getrennt, sind sich aber nach wie vor freundschaftlich verbunden. Brähler betreibt Honky Tonk weiter, mit 20 Festivals im Jahr, unter anderem in St. Gallen und Luzern.
Hofmanns aktuelles Projekt heißt L 19
Hofmann selbst hat die "Agentur für Livemarketing L 19" gegründet, benannt nach dem damaligen Büro in der Ludwigstraße. Jahrelang hat sie in Volkach das Mittelalterfestival organisiert, das inzwischen in Schonungen stattfindet. Auch das Schweinfurter Stadtfest findet unter der Regie von L 19 statt. Die Corona-Pandemie hat der Agentur schwer geschadet, sie ist personell verkleinert worden. "Wir wollten die Mitarbeiter nicht hinhalten, alle haben neue Jobs gefunden."
Inzwischen geht es joch wieder aufwärts. Das Jahr 2022 sei gut gelaufen, 2023 ebenso. Jetzt denkt Hofmann über eine Vergrößerung der Agentur nach.