Vor mehr als zehn Jahren hatten Museumspädagoginnen die Idee zu einem Mitmachbuch für Kinder, die das Museum Georg Schäfer besuchen. Erst jetzt konnte das Projekt verwirklicht werden. Reichlich spät, aber die Veröffentlichung fand trotzdem zu einem passenden Zeitpunkt statt: zur Sonderausstellung „Geliebte Tyrannin“. Auch wenn das Büchlein durch die Ständige Sammlung des Hauses führt, gibt es doch eine Gemeinsamkeit mit der Sonderschau: die Mode.
Denn in einigen Bildern, die die Museumspädagoginnen für das „Mal- und Mitmachbuch“ ausgewählt haben, geht es explizit um Kleidung. Die vierjährige Emma beispielsweise, Tochter des Malers Julius Hübner, trägt ein reizendes blaues Kleidchen mit einer feinen weißen Schürze. Die Kinder können das Sonntagskleid nachmalen und Emma ein neues entwerfen. Und Carl Spitzweg hat sich für sein Selbstporträt in einen „Vatermörder“ gezwängt, einen jener engen Kragen, die einem schon beim Hinsehen die Luft nehmen.
Wie schön wäre es, dachten sich die Museumspädagoginnen, wenn die Kinder bei ihrem Besuch in solche altmodischen Kleider schlüpfen würden. Dann könnten sie sich viel leichter in das Leben im 19. Jahrhundert versetzen. Auch diese Idee konnte nun realisiert werden. Schülerinnen der Maria-Theresia-Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung schneiderten aus Leinen, Samt, Musselin und Satin Kleider, Hosen, Hemden und Westen, die nicht nur so aussehen wie Kleidung im 19. Jahrhundert, sondern sich auch so anfühlen und die die jungen Besucher anprobieren dürfen.
Zur Vorstellung von Buch und Kleidern waren die jungen Schneiderinnen eingeladen. Für die meisten war es wohl der erste Besuch im MGS. Dass ihre Arbeit dabei im Mittelpunkt stand und von Kuratorin Karin Rhein und den Museumspädagoginnen hoch gelobt wurde, freute die jungen Frauen sichtlich.
Das schönste Stück ist das blaue Kleidchen mit Schürze, das dem der kleinen Emma nachempfunden ist. Die jungen Besucher können aber auch wie Spitzweg in ein Hemd mit engem Kragen schlüpfen. Von dem berühmten Maler weiß man, dass er sich auf seinem Porträt ein bisschen schöner gemalt hat, als er in Wirklichkeit war. Vor allem seine große Nase gefiel ihm nicht. Die Kinder dürfen ihn im Buch auch „verschönern“. Auf der gegenüberliegenden Seite ist Platz für zwei Selbstporträts. Die Kinder können sich selbst malen, einmal ohne in den Spiegel zu schauen, einmal mit Spiegel.
Sechs Museumspädagoginnen haben am Buch mitgearbeitet, allen voran Birgit Höhl und Christine Friedrich-Weiß, die damals die Idee hatten. Christine Friedrich-Weiß hat bei ihren Führungen für Kinder immer Schaf „Schorschi“ dabei, eine kleine Handpuppe. Das Schäfchen hat es nun auch ins Buch geschafft und begleitet die Kinder. Zu jedem Bild gibt Schäfchen einen Kommentar, oft trägt es die passende Kleidung. Gezeichnet hat das Schäfchen Rebecca Münch, auch sie ist Mitarbeiterin der Museumspädagogik. Zusammen mit Designer Nico Weppert hat sie auch das Layout gestaltet.
Auf jeder Seite können die Kinder eine andere Aufgabe lösen, das Strandbild von Lovis Corinth weitermalen, der „Botenfrau“ von Ludwig Knaus einen helleren Hintergrund geben oder sich ein fantastisches Wesen wie Franz von Stuck ausdenken. Das Mal- und Mitmachbuch ist für Sechs- bis Zwölfjährige gedacht, kostet 4,50 Euro und liegt im Kunstbuchcafé im Museum aus. Kinder können sich schon zuhause damit beschäftigen und haben dann vielleicht Lust auf einen Museumsbesuch oder umgekehrt.