Heinz Bösel ist zurück: Es ist schon ein paar Jahre her, dass Theaterschauspieler Alfred Mittermeier den korrupten Gastronomie-Inspektor gemimt hat, der sich fürs Wegschauen in Naturalien bestechen ließ – in der österreichischen Satire „Indien“, die als Roadmovie verfilmt worden ist. Nun steht der große Bruder von Comedian Michael Mittermeier als Kabarettist auf der Bühne der Disharmonie. Von Heinz Bösel geblieben sind das Interesse an Lebensmitteln und ein ruhiger, aber abgründiger Humor.
„Extrawurst ist aus“ nennt sich das aktuelle Programm. Extrawurst, das war die Gelbwurst, die man als Kind in der Metzgerei geschenkt bekam, auch bekannt als Hirnwurst: Eine derartige Ernährung müsste ja eigentlich europaweit für gut entwickelte Denkapparate sorgen.
Doch weit gefehlt. Das einzige, was die EU („ein Konzern mit Sitz in Brüssel und 28 Filialen“) mit Hirnwurst gemein hat ist, dass die Zutaten entweder unbekannt oder wenig appetitanregend sind: „Europa, ein Kontinent ist inkontinent“, formuliert es Mittermeier. Angesichts der von Angela kaputtgesparten Schuldenstaaten sehne man sich geradezu nach Ländern mit der Wirtschaftspolitik der DDR.
„Auch Italien braucht die Gelbwurst, genauso wie die Engländer. Die brauchen sie schon aus kulinarischen Gründen.“ In Griechenland ist nicht einmal der Tod umsonst: Selbst Charon, der Fährmann in die Unterwelt, verlangte damals seinen Obulus, als erster griechischer Reeder. Geld sparen muss man sich bis heute leisten können. Der kränkelnde Euro, der schnellschießende Dollar, das versnobte Pfund, der listige Yen und der biedere Franken, sie alle haben ihren Auftritt.
Mittermeier war schon das eine oder andere Mal in Schweinfurt, Teil 1 wirkt da ein bisschen abgehangen. Liefert dafür aber beeindruckende Antworten aus dem Publikum, a la „Merken Sie was?“ „Noch nicht“, oder: „Was ist das reichste Land der Welt?“. Besucherin: „Bayern.“ Nein, noch ist es Katar.
Fahrt aufgenommen wird in Teil 2, da gehts um aktuelle Weltgeschehen. Um FJS etwa, der, wie der „Spiegel“ jetzt herausgefunden hat, wohl korrupt war: „Strauß müsste heute in einem bayerischen Gefängnis Modellautos für die Familie Haderthauer basteln.“ In der Ukraine heißt's: „Der Russe kommt, der Russe kommt – uns entgegen“: Dank beiderseitigem Entgegenkommen stehen sich die NATO und Russland wieder waffenstarrend gegenüber. Ein Tabubruch war da der Seehofer-Besuch beim Putin: „Ein lupenreiner Demokrat holt sich einen bayerischen Monarchen ins Haus.“ Dafür unterstützt die CSU zuhause Flüchtlinge, wo sie nur kann: „Wenn sich einer nicht ausweisen kann, dann tun wir das für ihn.“
Schließlich droht jetzt überall der radikale Islam. Europas Rechte fordern schon die Todesstrafe für Selbstmordattentäter, die Linken klagen: „Doch nicht gleich beim ersten Mal“. Wie könnte ein Kompromiss bei der Integration aussehen: Burka ja, aber transparent? Stichwort Katar: Sollte man bei der korrupten Fifa die WM nicht einfach alphabetisch vergeben: Dann wäre als erstes der Islamische Staat in Afghanistan an der Reihe, mit reinem Angriffsfußball: „Nur noch Köpfen und Schießen“.
Und was darf Satire eigentlich nicht mehr, nach „Je suis Charlie“ und der Affäre um Erdogans Ziege? „Nicht zensiert werden, in die Luft gesprengt werden und den Mund halten.“ Ansonsten ist die nahrhafte Extrawurst erstmal aus, vor dem neuen Programm im Dezember gibt's als Zugabe einen Beitrag, der im BR nicht gesendet worden ist, wie es hieß aus Platzgründen: Mit bösen Worten über Neonazis. Wenigstens so was darf Satire noch, im kleineren Rahmen. Uwe Eichler