Als einschneidendes Erlebnis bezeichnet Zimmerermeister Jörg Stahl aus Werneck (Lkr. Schweinfurt) den Moment, als er vor gut einem Jahr vom Gelände einer Maschinenfabrik für mobile Sägewerke im oberbayrischen Rosenheim fährt. Der Besuch dort hatte den Familienvater auf eine Idee gebracht. Bauholz ist derzeit begehrt und knapp. Zudem habe es ihn geärgert, bei größeren Baustellenaufträgen das fertig geschnittene Holz über weite Strecken transportieren zu müssen, sagt der 40-Jährige. Deshalb hat er sich nun mit einem eigenen mobilen Sägewerk selbstständig gemacht.

Über 20 Jahre lang war Stahl im Zimmererhandwerk tätig. Seine Berufserfahrung und sein technisches Können hatten ihn in einer großen Zimmerei in Poppenhausen (Lkr. Schweinfurt) zu einer leitenden Position gebracht. Doch in den vergangenen Jahren habe er sich immer öfter gefragt: "Das kann doch nicht alles sein?" Er habe sich beruflich verändern wollen und sich gewünscht, auf selbstständiger Basis sein eigener Chef zu sein.

Im Betrieb habe er gemerkt, dass es immer schwieriger wurde, an geeignetes Holz zu kommen. Die Holzpreise explodierten förmlich und kleine Sägewerke verschwanden vom Markt. Mehr und mehr sei deshalb in ihm die Idee zu einem mobilen Sägewerk gewachsen, sagt Jörg Stahl. "Ich wollte dorthin kommen, wo ich direkt gebraucht werde. Mit einer Maschine, die einem Sägewerk ähnlich ist. Die alles kann." Einen riesigen, noch völlig unvorbereiteten Baumstamm könne man so zu Latten, Bohlen, Kanthölzern oder Pfosten mit den unterschiedlichsten Längen und Maßen verarbeiten.
Die Bauzeit für Jörg Stahls mobiles Sägewerk betrug ein Jahr
In ganz Unterfranken gibt es gerade mal eine Hand voll der großen Maschinen. Stahl sah darin eine echte Marktlücke. Doch die Anschaffung des mobilen Sägewerks ist alles andere als günstig: Je nach Ausstattung und Zubehör bewege man sich im unteren sechsstelligen Bereich - inklusive der Kosten für ein geeignetes Zugfahrzeug, sagt Stahl. Doch seine Hausbank habe seine Geschäftsidee als "zukunftsweisend" eingestuft. Die Finanzierung war gesichert.

Bei Rosenheim fand Stahl dann nach langem Suchen ein geeignetes Maschinenbauunternehmen, das seine Ideen umsetzen wollte. Bauzeit: ein Jahr. Seit Anfang April ist der 40-Jährige nun mit seinem überdimensionalen Gerät im weiteren Umkreis unterwegs. Zwölf Meter ist allein der Säge-Anhänger lang, der über eine ausgefeilte Technik verfügt.
Im Sägewerk steckt modernste Technik
In regelmäßigen Abständen befinden sich seitliche Metallklauen an der Maschine, die hydraulisch bewegbar sind. Damit kann der Holzstamm aufgeladen und in die richtige Position gedreht werden. Maximal darf der Stamm neun Meter lang sein und einen Durchmesser von knapp über einen Meter haben.
In dem Führungsstand am Kopfende stehen Stahl zwanzig Hebel zur Verfügung, mit denen er die Hydraulik und die Positionsgeber steuern sowie den Stamm schieben, drehen und fixieren kann. Mit einem weiteren Steuerknüppel bedient der Zimmerermeister die Säge und einem Computer, in dem die Schnittmaße millimetergenau eingegeben werden können. Auch den erforderlichen Starkstrom hat der 40-Jährige mit dabei. Diesen erzeugt ein großes Stromaggregat, das auf der Ladefläche des Zugfahrzeugs steht.

"Ich habe dazu erst mal einen Lehrgang im Werk in Rosenheim absolvieren müssen", sagt Stahl. "Und als es dann in Richtung Heimat losging, hatte ich zusammen mit dem Zugfahrzeug eine Länge von circa 17 Metern zu steuern." Bei seiner Fahrt auf der Autobahn sei er dreimal von der Polizei angehalten worden. Ein Polizist sei zuerst der Meinung gewesen, dass er "mit diesem Ungetüm" ohne Sondernutzungserlaubnis gar nicht auf der Autobahn fahren dürfe. "Stimmt aber nicht!", sagt Stahl. Er habe alle nötigen Papiere vorzeigen können. Und nicht nur bei der Polizei sorgte die riesige Maschine für Aufsehen: Bei Stopps auf Parkplätzen sei er immer wieder von Autofahrern angesprochen worden, "was das denn für ein Ding sei?".
Die große Maschine sorgt nicht nur auf den Straßen für Aufsehen
Auf dem Gelände eines ehemaligen Sägewerkes in Poppenhausen hat Jörg Stahl sein Sägewerk Anfang April dann das erste Mal aufgebaut. Dorthin hatte ein Bauherr verschiedene Stämme von einem Forstunternehmen anliefern lassen. Für ein Holzhaus wurden noch unterschiedlichste Bretter und Balken benötigt. Die Ankunft der riesigen Maschine hatte sich offenbar schnell herumgesprochen: Zahlreiche Interessierte aus dem Ort kamen, um das Sägewerk zu inspizieren.

Der nächste Auftrag führte Jörg Stahl mit seinem Gespann an einen Waldrand bei Arnstein (Lkr. Main-Spessart). Ein Waldbesitzer hatte dort etliche Bäume gefällt und wollte die Stämme direkt vor Ort bearbeiten lassen. "Ein Kernauftrag", sagt Stahl. "Das ist meine Stärke: Ich komme mit meinem Equipment direkt an die Waldabteilung und fertige Qualitätsholz. Der Kunde spart sich die Transportkosten für die Stämme."

Stahls Einsatzgebiet erstreckt sich bis in die angrenzenden Landkreise hinein. "Und das Auftragsbuch ist für die nächsten Monate voll." Zwei Großaufträge stünden schon bald im Landkreis Kitzingen an: In Gaibach und Prichsenstadt.