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SCHWEINFURT: Museum Otto Schäfer: 600 Jahre Geschichten und Geschichte

SCHWEINFURT

Museum Otto Schäfer: 600 Jahre Geschichten und Geschichte

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    Am alten Standort: Die Reichsstädtische Bibliothek im Alten Rathaus, heute kleiner Sitzungssaal. 1962 zog sie in den Rückertbau um, seit 2000 ist sie im Museum Otto Schäfer untergebracht.
    Am alten Standort: Die Reichsstädtische Bibliothek im Alten Rathaus, heute kleiner Sitzungssaal. 1962 zog sie in den Rückertbau um, seit 2000 ist sie im Museum Otto Schäfer untergebracht.

    Eine kleine Auswahl, ein Konzentrat sozusagen aus dem 8000-bändigen historischen Buchbestand der Stadt Schweinfurt zeigt das Museum Otto Schäfer erstmals in einem neu gestalteten Raum. Wie immer verbergen sich auf und hinter den angegrauten Seiten jede Menge Geschichte und Geschichten. Und wer die Geduld aufbringt, sich in die Begleittexte zu vertiefen, dem öffnen sich spannende Blicke nicht nur in die Vergangenheit von Stadt und Land, sondern vor allem auch in die Entstehung unseres Weltbilds – schließlich ist Schweinfurt Gründerstadt der Akademie der Naturforscher Leopoldina.

    Das älteste Exponat ist eine Pergamenthandschrift des Sachsenspiegels (1412), das jüngste die Darstellung der Reichskleinodien von Johann Adam Delsenbach, eine Serie von kolorierten Radierungen, publiziert 1790. Die erste Vitrine illustriert den Werdegang der Bibliothek selbst, etwa mit einem Band aus der Stiftung des Bamberger Domkapitulars Wolfgang Schopper aus dem Jahr 1558. Schopper hinterließ der – evangelischen – Reichsstadt ein Konvolut von 43 Bänden, unter anderem mit Werken der – katholischen – Kirchenväter, in der Hoffnung, Schweinfurt möge zum rechten Glauben zurückfinden. Dazu wollten die Schweinfurter sich dann doch nicht verpflichten, sondern versprachen lediglich, die Bände all denen zugänglich zu machen, die sie studieren wollten.

    Allerdings: So evangelisch war Schweinfurt dann auch wieder nicht. Als sich die Reichsstadt 1543 eine eigene Kirchenordnung gab, schickte man Martin Luther höchstselbst ein Exemplar, dass er ein Vorwort schreibe und sie approbiere. Luther lehnte ab, mit der Begründung, die Kirchenordnung schmecke ihm „zu sehr nach dem Babstump“, also nach Papst. Einzige schriftliche Quelle des Vorfalls ist ein handschriftlicher Eintrag des Zeitgenossen Hieronymus Rauscher von 1544. Der war Diakon in Oberndorf und notierte den Fall in seinem Exemplar der Kirchenordnung, das in der Ausstellung zu sehen ist.

    Neben illustrierten Werken wie der Schedelschen Weltchronik (1493) oder dem medizinischen Werk des Dioscorides (1549) stehen die unentbehrlichen Satzungen und Vorschriften von 1533 bis 1720. Darin sind Vormundschaftsfragen geregelt, ebenso wie der Brandschutz oder die Ahndung von Vergehen wie Ehebruch, Nothzucht und Hurerei.

    Eine Vitrine widmet sich dem Thema Bibeln, etwa mit einem Exemplar von Luthers Septembertestament von 1523 oder der Augsburger Zainer-Bibel von 1475 – die bis dato vierte Übersetzung der Vorlage ins Neuhochdeutsche. Etliche Bücher geben Einblick in Stadien der Wissenschaftsgeschichte, etwa eine venezianische Ausgabe der Weisheiten des arabischen Arztes Avicenna (980–1037) von 1607.

    Richtig innovativ wirkt das anatomische Lehrbuch des schillernden Multitalents Leonhard Thurneisser zum Thurn von 1576, das aufklappbare Darstellungen der Körper von Mann und Frau enthält. Unter den astronomischen und mathematischen Werken sind die „Elemente“ des Euclid (1537) – das bedeutendste mathematische Werk der griechischen Antike – und vor allem das Hauptwerk des Copernicus mit der Begründung des modernen heliozentrischen Weltbildes: „De revolutionibus orbium coelestium, Libri VI“ (Erstausgabe 1543).

    Der historische Buchbestand der Stadt Schweinfurt

    Eine neue Dauerausstellung mit Werken aus dem rund 8000 Bände umfassenden historischen Buchbestand der Stadt Schweinfurt präsentieren Stadtarchiv/Stadtbibliothek und Museum Otto Schäfer in den Ausstellungsräumen des Museums in der Judithstraße 16. Die Reichsstädtische Bibliothek geht auf die Kirchenbibliothek zu St. Johannis und die Kanzlei- oder Ratsbibliothek zurück. Beide wurden nach dem Stadtverderben von 1554 wiederbegründet und immer wieder durch Stiftungen erweitert. Den eigentlichen Abschluss der reichsstädtischen Bibliotheksentwicklung bildet die Übernahme der 1833 Bände der Bausch-Bibliothek (davon rund die Hälfte medizinische Werke) im Jahre 1813.

    Die rund 40 Exponate vermitteln einen Eindruck von der Vielfalt des weitgehend an den praktischen Bedürfnissen von Verwaltung, Schule und Kirche orientierten ursprünglichen Bestands.

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