In der Lehrerschaft und bei den Schülerinnen und Schülern war die Vorfreude fast mit Händen zu greifen: Ab September ist das Lehren und Lernen im Altbau mit dem Charme der Siebziger Jahre vorbei, dem die Lernenden in einem frechen Lied auf der Bühne einen spöttischen Abschied bereiteten. Im modernen Ambiente und mit neuester Technik im Neubau, den die Architekten den Namen "Magic Cube" (Magischer Würfel) gegeben haben, geht das Büffeln dann weiter. Am Donnerstag ist das neue Gebäude des Berufsschulzentrums Alfons Goppel vor einer großen Zahl geladener Gäste offiziell eröffnet worden.
Mit 59 Millionen Euro ist der Neubau am Ende der Geschwister-Scholl-Straße in Schweinfurt die größte Einzelinvestition, die der Landkreis Schweinfurt, dem die Schule gehört, jemals gestemmt hat –mit 5,3 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant und einem Jahr Bauzeitverzögerung, die vor allem den Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial geschuldet ist.

Dennoch, das war nicht nur aus der Rede von Landrat Florian Töpper herauszuhören, ist man im Landratsamt zufrieden, mit einem "blauen Auge" bei der Kostensteigerung davongekommen zu sein, da die Hauptgewerke noch vor der jetzt herrschenden Inflation und den Preiserhöhungen im Baugewerbe vergeben worden waren. 60 Prozent der förderfähigen Kosten (voraussichtlich 19 Millionen Euro) hat der Freistaat übernommen, weswegen auch Kabinettsmitglied Judith Gerlach ans Rednerpult treten durfte. Sie übernahm für Ministerpräsident Markus Söder, der seine Teilnahme am Vortag abgesagt hatte.
Ministerin würdigt Engagement der Schule
"Da müssen wir die kommunale Ebene unterstützen", sagte die Digitalministerin zum Selbstverständnis, dass man in die Bildung investieren wolle. Für den Landkreis sei es ein Mammutprojekt gewesen, das aber den Schülerinnen und Schülern nun beste Ausbildungsmöglichkeiten garantiere. Besonders erwähnte Gerlach das Engagement der Schule außerhalb deren Kerngeschäfts: Sie will Umweltschule für Europa werden, und die Ministerin lobte die Filmgruppe, die am Ende der Feierstunde noch eine Rolle spielen sollte, für deren Hang zu filmischen Ideen "jenseits des Mainstreams".

Gerade die berufliche Bildung sei ein wichtiger Bestandteil der Schullandschaft, weil bereits jetzt 650.000 Fachkräfte fehlen, weswegen die Gleichwertigkeit mit akademischen Berufen anzustreben sei. Auch wenn der Neubau "Top-Rahmenbedingungen" biete, sei er doch nur eine bauliche Hülle: "Die Menschen machen es aus", gab Gerlach der Lehrer- und Schülerschaft mit auf den Weg.
Neubau bietet erweitertes Raumangebot
Landrat Töpper skizzierte den Werdegang des Projekts vom Beschluss für einen Neubau 2016 über die Entscheidung für den "Magischen Würfel" 2019 bis zur Fertigstellung in diesen Tagen. Die Besonderheit sei dabei nicht nur der Baukörper an sich gewesen, sondern dass er den Anforderungen der breit gefächerten Ausbildungsangebote gerecht werden musste. Schließlich lernen dort nicht nur Kinderpflegerinnen und -pfleger, es gibt unter anderem auch Werkstätten, Gruppenräume und eine Lehrbäckerei.

Töpper verwies besonders auf die Umweltstandards des Gebäudes, der in Sachen Energieeffizienz fast an ein Passivhaus heranreiche. Zudem habe man Barrierefreiheit auf allen Ebenen hergestellt, die so weit geht, dass es technische Vorrichtungen bei Audio-Veranstaltungen gibt, die den Ton auf das Hörgerät von Hörgeschädigten übertragen können.
Erleichterter Schulleiter: Nur ein Umzug statt mehrerer
Erleichtert zeigte sich Schulleiter Joachim Sagstetter, dass das Improvisieren im Altbau, das vor allem bei Gruppenarbeiten, Individualförderung und Sprachunterstützung noch notwendig sei, bald der Vergangenheit angehört. Im Blickpunkt der Schule habe vor allem die optimale Ausgestaltung der Praxisräume gelegen. Nun sei ein moderner und abwechslungsreicher Unterricht möglich mit 1000 Mbit in der Leitung und einem weitreichenden Wlan. Bei den politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern bedankte er sich für das Votum für einen Neubau. Alternativ wäre eine Interimslösung (Containerbauten) nötig gewesen. Das hätte nicht nur einen Umzug, den Sagstetters Team noch vor der Brust hat, sondern gleich mehrere zur Folge gehabt.

Auf die Herausforderungen durch das vielfältige Bildungsangebot zielte auch Bernhard Bruckner (Schwinde Architekten München) ab, die bei der Planung zu berücksichtigen gewesen seien. Nun sei das Haus prägend für den gesamten Schulcampus in der Geschwister-Scholl-Straße, dessen Zentrale die Aula bilde, die Raum für 500 Personen bietet. Rudolf Hoffmann vom Co-Bauherrn Caritas, die die Berufsfachschule für Pflege betreibt, würdigte die Synergieeffekte, die man im neuen Bau nützen könne.

Zum Abschied ein Lied und ein Film
Dass der Umzug einer Schule, dem Schulleiter Sagstetter mit einem leicht mulmigen Gefühl entgegenschaut, ein Kinderspiel sein kann, zeigten die Schulklassen in einem satirischen Kurzfilm. Pech, dass die Übertragung auf die Leinwand immer wieder heftig ruckelte. Pech auch, dass die zuständige Digitalministerin keine Abhilfe versprechen konnte. Sie war schon weg.
Hinweis: In der Erstversion des Textes befanden sich fehlerhafte Angaben, vor allem hinsichtlich der Kosten und Förderung, die inzwischen korrigiert worden sind.