Klaus Müller ist ein alter Hase, 30 Jahre im Baugeschäft – und trotzdem ist dieser Auftrag ein besonderer: Entkernung, Abbruch, Sanierung und Neubau, mitten in der Innenstadt. Alles auf einmal. Trotzdem, es läuft, sagt der Generalunternehmer aus Rottershausen. Alle Akteure hätten bislang sehr gut zusammengearbeitet. Innerhalb von wenigen Wochen habe er alle Genehmigungen von der Stadt bekommen. Innerhalb von zwei Tagen hätten die Stadtwerke den Strom in den Häusern Keßlergasse 5 und 7 abgeklemmt. Auch mit den Nachbarn läuft es reibungslos, sagt Müller und blickt auf die Baustelle.
Die ist nach vorne, auf die Keßlergasse hin, komplett mit einem Gerüst und Netz abgesichert; zur Sicherheit der Passanten. Das zentrale Element steht allerdings hinter den Häusern, in der schmalen Stadtknechtgasse, die vom Marktplatz aus zwischen der Buchhandlung Collibri und dean & david hindurchführt. Ein 20 Meter hoher Kran mit einer Ausladung von 34 Metern wird hier das Material aus den Häusern herunter in Container heben.

Jeden Morgen, noch bevor der Betrieb in der Stadt richtig anläuft, werden sie mit einem kleinen Fahrzeug auf den Marktplatz gezogen und abtransportiert. Alles andere ist Handarbeit, erklärt Müller. Von Hand werden beide Häuser erst entkernt, dann die Nummer 7 komplett abgetragen. Damit es nicht so staubt, steht eine Sprenkleranlage bereit. Alles andere, ein Abriss mit dem Bagger zum Beispiel, wäre mitten in der Stadt nicht machbar, sagt der Generalunternehmer.
Eines der wenigen Bürgerhäuser, die nicht im Krieg zerstört worden sind
Seit 1. April laufen die Arbeiten, man liegt gut in der Zeit, brauchte aber länger, um Haus Nummer 5 auszuräumen. Ein Messie habe hier gewohnt, erklärt Müller. Eineinhalb Wochen habe man nur Schrott herausgetragen und aufgeräumt. "Das hält uns auf." Dieses Haus wird erhalten bleiben. 2008 wurde es unter Denkmalschutz gestellt; lange, nachdem der jetzige Besitzer die Immobilie gekauft hatte.
Laut Denkmalplfege stammt der dreigeschossige Satteldachbau aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sein Kern ist aus dem Spätmittelalter. Das Haus ist nach Auskunft des Bayerischen Landesamtes "ein besonders anschauliches Zeugnis der Wohnkultur des Bürgertums bzw. der wohlhabenden Handwerkerschicht aus dem 18. und 19. Jahrhundert."
Das Quartier sei früher von gut situierten Handwerkern bewohnt worden, viele ihrer Bürgerhäuser seien aber im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Besonders schützenswert: Stuckdecken, profilierte Fenster- und Türrahmen, teilweise noch aus dem 18. Jahrhundert in den oberen Geschossen. Ihnen komme "eine besondere stadtgeschichtliche Bedeutung" zu, so die Denkmalpflege.
Warum und wie das Haus Keßlergasse 5 erhalten werden soll
Außenfassade, Stuckdecken und der besondere Türrahmen bleiben erhalten; die Zwischendecke zum Erdgeschoss soll entfernt werden. Die Kundschaft, die später einmal in dem Laden steht, der sich über das Erdgeschoss beider Häuser, Alt- und Neubau, zieht, wird damit einen freien Blick auf die Schätze der Vergangenheit haben. Ansonsten werden in den beiden Obergeschossen der Häuser Wohnungen eingebaut. Der alte Anbau am Haus Keßlergasse 5 wird abgebrochen, ein neuer hochgezogen.
Das Nachbarhaus Nummer 7 wird komplett abgebrochen und neu aufgebaut. Nachhaltig, wie Müller betont. Der moderne Neubau wird in Holzständerbauweise entstehen. Geplant sind Dachgauben für beide Gebäude sowie eine Photovoltaikanlage. Geplante Bauzeit: ein Jahr, "wenn uns keiner bremst", sagt Müller.

Bis dahin ist noch einiges zu tun, bevor der Abbruch überhaupt richtig laufen kann. In beiden Häusern haben Arbeiten der vergangenen Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen. Baumaterialien aus allen Zeiten, teilweise mit – wie man heute weiß – gefährlichen Zusätzen. Was genau wie heraus gebaut und entsorgt werden muss, wird ein Gutachten zeigen.
Happy End in der Keßlergasse? Es sieht fast so aus
Jahrelang hatte das Thema die Stadt bewegt, hatte man über Denkmalschutz, Verantwortung von Immobilienbesitzern und Denkmalschutz gestritten. Auch der Stadtrat war sich uneins, stimmte einmal sogar dem Abbruch beider Häuser zu, obwohl die Stadtverwaltung gewarnt hatte, dass dies wegen des Einwands der Denkmalpflege nicht rechtmäßig sei. Später zog man diesen Beschluss nach Intervention der Regierung von Unterfranken wieder zurück. Am Ende fand sich ein Kompromiss zwischen Denkmalpflege, Verwaltung und Immobilienbesitzer.

Wie es jetzt läuft, ist für Generalunternehmer Müller ein "positives Zeichen für die Entwicklung der Innenstadt". Erst relativ spät, vor etwa sechs Wochen, hat er den Auftrag bekommen. 30 Leute hat sein Betrieb Metallbau Müller, neun davon sind Meister. Für ihn sei es ein großes Projekt, sagt Müller. Für Schweinfurt ist es vielleicht ein Happy End.