Wegbrechende Besucherzahlen, eine hohe Inflation und die steigende Konkurrenz durch den Onlineversandhandel: Die Liste an Problemen im stationären Einzelhandel ist lange. Meldungen wie die über die jüngst angekündigte Schließung der Galeria-Kaufhof-Filiale in Schweinfurt offenbaren, wie ernst es aktuell um viele Geschäfte, Kaufhäuser und den örtlichen Handel in Innenstädten dem Anschein nach stehen muss.
Die Insolvenz der angeschlagenen Warenhauskette facht dabei erneut die Debatte über die Entwicklung des Einkaufstandorts Schweinfurt an. Wie wirkt sich das drohende Aus der Kaufhof-Filiale auf die örtliche Einkaufswelt aus? Und haben große Kaufhäuser und Shopping-Malls in Zeiten von Amazon, Zalando und Co. überhaupt noch eine Chance auf dem Markt?
Mit einer Verkaufsfläche von 22.500 Quadratmetern zählt die Stadtgalerie neben Galeria und dem Rückert-Centrum zu einer der größten Verkaufsflächen in Schweinfurt. Bei einem aktuellen Rundgang durch das Gebäude fällt jedoch auf: auch Monate nach der Corona-Pandemie stehen noch immer viele Mietflächen leer. Wo früher noch Modegeschäfte, Cafés und Bars standen, verdecken heute bunte Plakate und bebilderten Trennwände die Leerstände auf beiden Stockwerken der Einkaufspassage.
Ein Drittel der Ladenstellen steht leer
Genaugenommen sind derzeit 27 der insgesamt 100 Ladenstellen verwaist und befinden sich laut Centermanager Christoph Feige derzeit in der "Nachvermietung". Die Hamburger ECE Group betreibt neben der Stadtgalerie europaweit rund 200 weitere Shopping-Center. In allen ECE-Centern zusammen erwirtschaften demnach etwa 20.000 Geschäfte einen Jahresumsatz von rund 22,7 Milliarden Euro. Gleichzeitig zeichnet sich in Schweinfurt seit Jahren jedoch eine Tendenz ab: Ende 2021 standen laut Recherchen dieser Redaktion nur 20 Verkaufsstellen in dem Gebäude leer. Der Leerstand nimmt zu.

Eine Gefährdung der Shopping-Mall will der Centermanager daraus allerdings nicht ableiten. "Wir sind von der Zukunft des stationären Handels insgesamt und von der Zukunftsfähigkeit der Shopping-Center im Besonderen überzeugt", beteuert Feige. Das lasse sich aus Sicht des Managements unter anderem auch an der Anzahl der Besucherinnen und Besucher ablesen. Diese haben sich laut Feige gegenüber dem Corona-Jahr 2020 deutlich erholt: "Aktuell besuchen wieder täglich mehr als 10.000 Menschen aus Schweinfurt und der Region die Stadtgalerie – an starken Tagen auch über 20.000."
Seiner Einschätzung nach ist es in Einkaufszentren wie der Stadtgalerie "völlig normal und gewünscht", dass Verkaufsflächen frei werden und Geschäfte wechseln. Umso wichtiger sei es, den Handel anhand der Trends und Marktentwicklungen weiterzuentwickeln. Um den Leerstand auf Flächen wie dem ehemaligen Tegut zu bekämpfen, wolle man den Standort deshalb mit zusätzlichen Angeboten zum Einzelhandel ergänzen.
"Dabei denken wir aktuell an eine weitere Profilierung im Bereich der Gastronomie, der Dienstleistung und vor allem auch im Gesundheitsbereich", sagt Feige. Gespräche mit der Stadt bezüglich der Realisierungsmöglichkeiten dazu liefen bereits. "Es steht aber noch nichts fest", sagt Feige. Der Anteil an Gastronomie innerhalb der Einkaufspassage liege aktuell bei rund zehn Prozent.
Welche Auswirkungen hat das Galeria-Aus?
Mit direkten Auswirkungen der Galeria-Schließung auf die Stadtgalerie rechnet Feige nicht. Da es sich bei Einkaufshallen wie der Stadtgalerie um "besonders flexible Immobilien" handle, ließen sich diese leichter an die ständigen Veränderungen im Handel anpassen. Daran ändert aus Sicht des Managers auch die angekündigte Schließung der Galerie-Filiale nichts, die seither immer als Verbindungsachse zwischen der Einkaufspassage und dem Einzelhandel in der Innenstadt galt. Damit der Einzelhandelsstandort Schweinfurt insgesamt nicht leide, hoffe er dennoch, dass rasch ein alternatives Konzept für das Galeria-Haus gefunden werde.
Axel Schöll: "Für die Einkaufsstadt Schweinfurt ein Riesenverlust"
Mit weitaus deutlicheren Auswirkungen der Galeria-Insolvenz auf den Einzelhandel in der Innenstadt rechnet hingegen Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbandes Bayern. "Für die Einkaufsstadt Schweinfurt ein Riesenverlust", fasst er im Gespräch mit der Redaktion zusammen. Die Galeria sei immer ein Anker und Anlaufpunkt für viele Kunden aus Stadt und Umland gewesen. Dennoch sei die drohende Schließung, rückblickend auf Historie, strategische Fehler und den aktuellen Trend, aus seiner Sicht absehbar gewesen, meint er.
"Die Zeit der reinen Einkauf-Malls ist vorbei."
Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbandes Bayern
"Die Zeit der reinen Einkaufs-Malls ist vorbei", sagt Schöll. Die aktuellen Entwicklungen offenbarten, dass das Geschäftsmodell großer Warenhäuser aus der Zeit gefallen sei und sich auf dem absteigenden Ast befände. Das zeige sich auch an der aktuellen Situation in der Stadtgalerie. Dort ließe sich anhand der vielen Schließungen innerhalb des Gebäudes erkennen, dass das Konzept nicht funktioniere. "Der Einzugsbereich ist nicht groß genug für so viel Einkaufsfläche", sagt Schöll. 2008 habe es rund dreieinhalb Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner in Schweinfurt gegeben. "Mit der Eröffnung der Stadtgalerie hatten wir über vier, und die hat sich nicht verringert."

Von der aktuellen Idee, das Einkaufscenter mithilfe von Arztpraxen und Gesundheitsversorgern umzugestalten, halte er jedoch ebenfalls nicht viel "weil dann wieder Ärzte oder sonstige Betriebe, die vielleicht noch in der Innenstadt ansässig sind, herausgezogen werden", so Schöll. "Wir haben die Stadtgalerie vor 13 Jahren nicht gebraucht, wir brauchen sie auch nach wie vor nicht."