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Schweinfurt: Netzwerk soll helfen, die Bürger der Region Main-Rhön an der Energiewende teilhaben zu lassen

Schweinfurt

Netzwerk soll helfen, die Bürger der Region Main-Rhön an der Energiewende teilhaben zu lassen

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    Die Energieversorgung soll in Bürgerhand kommen. Das sagt Klimamanager Stefan Richter aus Münnerstadt, der auf Einladung des Vereins Bürgeraktion Müll und Umwelt in Schweinfurt Tipps für die regionale Energiewende gab. Im Bild der Windpark bei Schwanfeld. 
    Die Energieversorgung soll in Bürgerhand kommen. Das sagt Klimamanager Stefan Richter aus Münnerstadt, der auf Einladung des Vereins Bürgeraktion Müll und Umwelt in Schweinfurt Tipps für die regionale Energiewende gab. Im Bild der Windpark bei Schwanfeld.  Foto: Alfred Schott

    Es soll was Großes werden, etwas Nachhaltiges, etwas Einzigartiges. Etwas, "was es in Deutschland noch nicht gibt", sagt Stefan Richter. Der Klimamanager aus Münnerstadt ist gerade dabei, ein Kommunales Klimaschutz-Netzwerk für die gesamte Region Main-Rhön zu installieren, um bei der anstehenden Energiewende die größtmögliche lokale Wertschöpfung erzielen zu können. Die Idee dahinter: Die Gründung eines Kommunalunternehmens, das erneuerbaren Strom regional vor Ort produziert und seinen Bürgern sicher, nachhaltig und bezahlbar anbietet.

    Der Schweinfurter Verein Bürgeraktion Müll und Umwelt hatte den Münnerstädter Klimamanager in den Saal der Disharmonie eingeladen, um mit ihm einen "Blick in die Energiezukunft" der Region zu werfen. Richter kam 2021 aus Bochum in das unterfränkische Münnerstadt und ist mittlerweile durch seine Ideen für eine "regionale, bürgernahe und kommunale Energiewende" Landkreis übergreifend bekannt.

    Und er ist erfolgreich: Bis jetzt sind schon 75 Kommunen, fünf Landkreise und der Bezirk Unterfranken seinem Kommunalen Klimaschutz-Netzwerk beigetreten. Auch die Stadt Schweinfurt ist dabei. Anfang 2023 soll es losgehen. Noch können Interessierte auf den Zug aufspringen.    

    Eigentlich sollte das Netzwerk schon nach den Sommerferien starten. Doch es liegt noch keine Förderzusage vor. Die bayerische Staatsregierung unterstützt solche Projekte mit einem Zuschuss von 70 Prozent. Die Förderung soll dazu beitragen, Bayern bis spätestens 2050 zum ersten klimaneutralen Bundesland in Deutschland zu machen.

    Energieversorgung in Bürgerhand

    Für was braucht es überhaupt ein solches Klimaschutz-Netzwerk? Richter nennt drei Gründe: Erstens, weil Kommunen auf sich alleine gestellt mit der Umsetzung der Energiewende überfordert sind. Zweitens, weil man als vernetzte Region für mehr Aufmerksamkeit bei der Politik sorgt. Und drittens, weil die Kommunen im Netzwerk auf fachliche Expertise zurückgreifen können. Kurzum: Das Netzwerk dient als Steigbügelhalter für "etwas noch Größeres". Nämlich die Energieversorgung komplett in Bürgerhand zu bekommen.

    Richters Vision: Die Gründung eines Kommunal-Unternehmens, in dessen Hand alle Energie-Erzeugungsanlagen, alle Netze und der komplette Vertrieb liegen. Das gehe nicht von heute auf morgen, "aber wir müssen jetzt anfangen", sagt Richter. Die Goldgräberstimmung sei schon ausgebrochen, landauf und landab seien bereits Projektierer unterwegs, um die alternative Energiegewinnung zu übernehmen. "Wenn Gemeinden jetzt nicht handeln, wird später mit ihnen gehandelt." Und die Wertschöpfung bleibt nicht in der Region. An die Kommunalpolitiker appelliert Richter deshalb, ihren Einfluss bei den Grundstücksbesitzern vor Ort geltend zu machen, damit sie nicht voreilig Pachtverträge unterschreiben.

    Waigolshausens Bürgermeister Christian Zeißner weiß das. Und ist auch schon tätig geworden, wie er im Gespräch am Rande des Vortragsabends berichtet. Auf dem Gemeindegebiet von Waigolshausen und Bergrheinfeld liegt das Windkraft-Vorranggebiet WK 13, wo bislang noch keine Windräder stehen. Das könnte sich nach Wegfall der 10H-Regelung aber schnell ändern. Technisch möglich wäre dann der Bau von bis zu sechs großen Anlagen.

    Sind die Pachtverträge erst einmal unterschrieben, hat die Gemeinde kein Mitspracherecht mehr in Bezug auf Anzahl und Mindestabstände der Anlagen zur Wohnbebauung. Denn es müssen nur noch Immissionsgrenzwerte eingehalten werden. Waigolshausen hat deshalb gehandelt und alle Grundstückseigentümer angeschrieben, noch keine Pachtverträge zu unterschreiben. Ziel der Gemeinde ist eine Flächensicherung über ein Poolingverfahren. Die Eigentümer hätten dann den Vorteil, dass alle finanziell über ein Pachtverteilungsmodell profitieren und nicht nur die, auf deren Grundstücken die Anlagen letztlich stehen.   

    Lampentauschaktion war ein voller Erfolg

    Auch Manfred Röder, Sprecher der Lokalen Agenda-Gruppe "Klimafreundliche Mobilität und Energie" der Stadt Schweinfurt, setzt auf eine bürgernahe Energiewende. Die erst im Februar vor zwei Jahren gegründete Arbeitsgruppe hatte schon 2019 an der Europäischen Mobilitätswoche teilgenommen und den Schweinfurtern in diesem Rahmen ein Familienfest auf dem Marktplatz, Vorträge, Ausstellungen, Workshops, Filme und Diskussionen präsentiert. Seine Erfahrung: "Es funktioniert, die Bürger bei der Energiewende einzubinden."

    Jüngstes Beispiel: Die Lampentauschaktion, bei der Bürgerinnen und Bürger aus Schweinfurt ihre alten Glühbirnen, Halogenstrahler oder Energiesparleuchten für symbolische zehn Cent pro Stück gegen LED-Lampen eintauschen konnten. "Es war ein Riesenerfolg", freut sich Manfred Röder über fast 6000 getauschten Lampen. Damit werden nun 150.000 Kilowattstunden Strom eingespart. Das entspreche dem durchschnittlichen jährlichen Photovoltaik-Ertrag von 15 Einfamilienhäusern.

    Apropos Photovoltaik: Da gibt es laut Röder noch ganz viel Potenzial in der Stadt, nicht nur auf privaten Dächern, sondern auch auf öffentlichen und gewerblichen Flächen. Und zum Thema Vernetzung: Stadt und Landkreis sollten in Sachen Energiewende zusammenarbeiten, meint Manfred Röder. "Wir brauchen die grüne Energie aus dem Landkreis, um die Stadt versorgen zu können." Zumindest die Stadtwerke würden ja Interesse an dem Netzwerk zeigen. "Das finde ich gut." 

    Zukunft mitgestalten

    Wie geht es nun weiter? Wenn der Förderbescheid für das Kommunale Klimaschutz-Netzwerk vorliegt, will Klimamanager Richter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen. Mit im Boot ist bereits das Institut für Energietechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden. Es unterstützt die Akteure vor Ort bei allen energetischen Fragen und erarbeitet Potenzialanalysen, also die technische Machbarkeit, den ökologischen Nutzen sowie die Wirtschaftlichkeit möglicher Projekte.

    "Das ist eine Riesenchance, jetzt die Zukunft mitzugestalten", sagt Richter. "Ihr trefft die Entscheidungen, die die Region nachhaltig verändern werden."

    Bürgeraktion Müll und UmweltDie Bürgeraktion Müll und Umwelt e.V. Schweinfurt gehört zum Dachverband "Das bessere Müllkonzept" und arbeitet eng mit den örtlichen Umweltschutzorganisationen zusammen. Der Verein beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Themen Müllvermeidung, Kreislaufwirtschaft sowie Ausstieg aus der Atomkraft. Er unterstützt die Energiewende in der Region und betreibt ein Messnetz zur Überwachung der Radioaktivität im Landkreis Schweinfurt.Quelle: Bürgeraktion Müll und Umwelt e.V.

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